Schadensersatz für enttäuschte Kapitalanleger: Haftung des Anlageberaters bei fehlender Plausibilitätsprüfung

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Anleihen, Immobilienfonds, Nachrangdarlehen, Zertifikate - unerfahrene Verbraucher lassen sich häufig von Anlageberatern zu möglichen Kapitalanlagen beraten. Nicht immer entwickelt sich die auf Empfehlung des Anlageberaters gewählte Anlage so, wie der Anleger es erwartet oder erhofft hatte. Die versprochene Rendite bleibt aus. In manchen Fällen droht sogar ein Totalverlust der Anlage. Einen Zweitmarkt gibt es nicht für alle Produkte. Und selbst wenn, kann die Anlage dann meist nur mit hohem Verlust verkauft werden. Immer wieder wenden sich enttäuschte Anleger in dieser Situation an uns mit der Frage: Hat mich mein Anlageberater falsch beraten? Kann ich den Anlageberater auf Schadensersatz in die Haftung nehmen? Der einfachste Weg zum Schadensersatz führt über die Haftung wegen fehlerhafter oder unterlassener Plausibilitätsprüfung. Darum geht es im nachfolgenden Rechtstipp.

Anlageberater sind zur Plausibilitätsprüfung verpflichtet

Berater, die ihren Kunden eine Kapitalanlage verkaufen, müssen den Anleger über alle wesentlichen Aspekte des Anlageprodukts zutreffend und vollständig aufklären. Meistens erfolgt diese Aufklärung durch Übergabe eines umfangreichen Verkaufsprospekts. Nicht selten enthalten die Verkaufsprospekte aber Fehler oder Ungenauigkeiten, die für die Anlageentscheidung des Kunden von Bedeutung sind. Der Anlageberater ist verpflichtet, das angebotene und empfohlene Anlageprodukt selbst auf Plausibilität zu prüfen. Was bedeutet das konkret? Er muss die vorhandenen Informationen kritisch überprüfen und vor allem hinterfragen, ob die verfügbaren Informationen, die es zu der Anlage gibt, ergeben, dass die Kapitalanlage auch tatsächlich wirtschaftlich funktionieren kann. 

Unterlässt der Anlageberater diese Plausibilitätsprüfung und stellt sich heraus, dass das Anlageprodukt nicht plausibel ist, haftet er dem Anleger in der Regel auf Schadensersatz. Dasselbe gilt, wenn er das Produkt zwar geprüft hat, dabei aber nicht gesehen hat, dass die Anlage wirtschaftlich gar nicht funktionieren kann, jedenfalls aber die Informationen dazu nicht plausibel sind. Im Übrigen gilt die Pflicht zur Prüfung des empfohlenen Anlageprodukts auf Plausibilität auch für Anlagevermittler. 

Was die Prüfung der Anlage auf Plausibilität bedeutet

Die Plausibilitätsprüfung umfasst sowohl die Angaben im Verkaufsprospekt, die vom Anbieter der Anlage stammen. Dazu gehören beispielsweise Darstellungen zur voraussichtlichen Wertentwicklung der Anlage oder etwaige Prognosen zur Entwicklung von Mieten bei Immobilien und zur Renditeerwartung. Prüft der Anlageberater oder Anlagevermittler die Modellrechnung im Prospekt nicht, stehen die Chancen gut, dass er dem Anleger auf Schadensersatz haftet. Gegebenenfalls muss der Anlageberater auch weitere Informationen einholen, soweit ihm dies mit zumutbarem Aufwand möglich ist. Gerichtlich entschieden wurde zum Beispiel bereits, dass auch Presseberichte vom Anlageberater im Rahmen der Plausibilitätsprüfung ausgewertet werden müssen. Was ihm im Einzelfall zumutbar war oder nicht, kann pauschal nicht gesagt werden. Das ist stets vom jeweiligen Anlageprodukt abhängig.

Haftung aufgrund fehlerhafter oder unterlassener Plausibilitätsprüfung

Bei fehlerhafter oder unterlassener Plausibilitätsprüfung haften Anlageberater und Anlagevermittler dem Kunden auf Schadensersatz in Höhe der investierten Anlagesumme, es sei denn, der Berater oder Vermittler hat den Anleger vor der Anlageentscheidung ordnungsgemäß darauf hingewiesen, dass er die Anlage nicht auf wirtschaftliche Plausibilität geprüft hat. Nach unserer Erfahrung ist dies jedoch nur ganz selten der Fall, denn in den allermeisten Fällen hätte der Kunde sich dann gar nicht für die Anlage entschieden.

Wir sind Fachanwaltskanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht und haben uns auf die Beratung und Vertretung von geschädigten Kapitalanlegern spezialisiert. Sie haben nach einer Anlageberatung auf Empfehlung des Anlageberaters in eine Kapitalanlage investiert und sind enttäuscht, weil sich die Anlage nicht wie erwartet entwickelt? Lassen Sie sich von uns beraten. Wir prüfen gerne für Sie, ob eine Haftung des Anlageberaters auf Schadensersatz in Betracht kommt und beraten Sie zu den Hürden und Erfolgsaussichten.

Foto(s): Bild von Wilfried Pohnke auf Pixabay

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