Schlamperei des Gesetzgebers: Fahrverbote nach StVO-Novelle höchstwahrscheinlich rechtswidrig!

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Ein Beitrag von Michael Böhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht, Konstanz

Die Novelle der StVO weist verschiedene handwerkliche Fehler des Gesetzgebers auf, welche zugunsten von Betroffenen im Bußgeldverfahren zur Verteidigung genutzt werden können.

Mit "heißer Nadel gestrickt": Widersprüche im Gesetz

In § 4 Abs. 2 S. 2 der Bußgeldkatalog-Verordnung heißt es bis heute:

„Ein Fahrverbot kommt in der Regel in Betracht, wenn gegen den Führer eines Kraftfahrzeugs wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h bereits eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist und er innerhalb eines Jahres seit Rechtskraft der Entscheidung eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h begeht.“

Dies steht im Widerspruch dazu, dass ein Fahrverbot seit dem 28.04.2020 bereits bei einer erstmaligen Geschwindigkeitsübertretung von 26 km/h außerorts verhängt werden soll.

Verstoß gegen das Zitiergebot: Fahrverbote verfassungswidrig und damit null und nichtig!

Noch schwerer wiegt jedoch, dass es bei der Änderung des Gesetzes unterlassen worden ist, die vollständige Ermächtigungsgrundlage zu benennen. Die Verwarnungen und Geldbußen in § 26a Nr. 1 und Nr. 2 StVG wurden zwar aufgeführt, allerdings fehlt § 26a Abs. 1 Nr. 3 StVG, wonach Fahrverbote angeordnet werden dürfen.

Somit liegt ein Verstoß gegen das sog. Zitiergebot und damit sogar die Verfassung vor, denn Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes sieht vor:

„Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben.“

Die nicht vollständige Nennung der Rechtsgrundlage hat bei vergleichbaren Fehlern in der Vergangenheit stets zur Nichtigkeit der Verordnung geführt, etwa im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 06.07.1999, Az. 2 BvF 3/90.

Wehren Sie sich gegen das Fahrverbot!

Somit ist die Wahrscheinlichkeit dafür überragend hoch, dass auf Basis der StVO-Novelle (ab 21-30 km/h innerorts, ab 26-40 km/h außerorts, Verstöße durch Befahren oder nicht gebildete Rettungsgasse) verhängte Regelfahrverbote abgewendet werden können!

Im Hinblick auf das Fahrverbot ist somit das „alte“ Recht anzuwenden. Wem also zu Unrecht ein Fahrverbot droht, sollte unbedingt vermeiden, dass die fehlerhafte Rechtslage angewendet wird.

Sobald Sie einen Anhörungsbogen erhalten, sollte darauf gedrungen werden, dass die Behörde das Fahrverbot überprüft. Gegen einen fehlerhaften Bußgeldbescheid sollte unbedingt innerhalb der 14-tägigen Frist Einspruch eingelegt werden.

Übrigens: Auch für die „alte Rechtslage“ existieren verschiedene Ansätze für eine erfolgreiche Verteidigung gegen das Fahrverbot, weshalb dessen Anordnung nicht ohne Überprüfung hingenommen werden sollte.

Als erfahrener Verteidiger in Bußgeldsachen unterstütze ich Sie gerne!


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