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Schulrecht: Mobbing in der Schule

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Was versteht man unter Mobbing in der Schule?

Unter Mobbing versteht man Konstellationen, bei denen ein „Mobbingopfer“ von den „Mobbern“ gezielt und dauerhaft herabgesetzt, verächtlich gemacht und ausgegrenzt wird.

Wie entsteht Mobbing in der Schule – Ablauf eines typischen Mobbingfalls

Erste Stufe – Ignorieren

In einer ersten Stufe wird das Mobbingopfer von Mitschülern ignoriert.

In diesem Grenzbereich heißt es oft, man könne niemanden dazu zwingen, mit jedem Mitschüler zu spielen etc.

Zweite Stufe – Bildung einer Mobbinggruppe

In der nächsten Stufe bildet sich eine Mobbinggruppe heraus, die über das Mobbingopfer lästert, was dessen Aussehen, Kleidung, Verhalten anbelangt.

Auch dies wird meist als normales Kinderverhalten abgetan, indem man sich vergleicht. 

Dritte Stufe – offener Konflikt mit dem Mobbingopfer

In der nächsten Stufe wird das Mobbingopfer direkt von der Mobbinggruppe angegangen. Neue technische Möglichkeiten (WhatsApp, Instagram, Snapchat) eröffnen neue Möglichkeiten, da nicht einmal mehr ein direkter Kontakt erforderlich ist.

Die Abgrenzung zu „normalen“ Verhaltensweisen ist in diesem Stadium meist schon sehr eindeutig.

Vierte Stufe – Eingriff in den Freundeskreis des Mobbingopfers

In der nächsten Stufe wird in den privaten Bereich des Mobbingopfers eingegriffen, indem gezielt Mitschüler angegangen werden, die bisher noch mit dem Mobbingopfer zu tun hatten.

Dies geschieht häufig, indem Gerüchte über das Mobbingopfer gestreut werden, dass das Mobbingopfer beispielsweise schlecht über seine Freunde rede, diese nur ausnutze.

Fünfte Stufe – Keine Grenzen mehr

Neue technische Möglichkeiten erlauben immer tiefer in den Privatbereich des Opfers einzudringen. Die Mobber können über Smartphones rund um die Uhr mit dem Mobbingopfer in Kontakt treten oder es über soziale Medien verächtlich machen. Das Mobbingopfer kann sich dem quasi gar nicht mehr entziehen.

Wer kann Mobbingopfer werden?

Denkt man an „typische Mobbingopfer“, so sind dies meist Schüler mit wenig Selbstbewusstsein, oder Schüler, die wegen ihres Aussehens, sozialer oder kultureller Herkunft ausgegrenzt werden.

Heutzutage tragen alle Schüler erhebliche Risiken in sich, Mobbingopfer zu werden. Dies hängt mit Statuskämpfen zusammen, die nicht nur in Brennpunktschulen, sondern auch in der gesellschaftlichen Mitte ausgetragen werden. In diesem Falle werden selbst Schüler zu Mobbingopfern, die selbstbewusst sind, sich aber den Mobbinggruppen entziehen. 

Wie erkenne ich Mobbing in der Schule bei meinem Kind?

Typische Warnsignale für Mobbing in der Schule sind:

  • Mobbing führt zu Frust beim Mobbingopfer, der sich oft zu Hause entlädt. Schlechte Laune oder aggressives Verhalten sind demnach typische Indizien.
  • Auch ein Leistungsabfall in der Schule mag ein Indiz für Mobbing in der Schule sein.
  • Auch Schlafprobleme oder unklare Krankheiten, womit der Schulbesuch vermieden wird, sind deutliche Indizien.

Wenn man solche Warnsignale wahrnimmt, sollte man die Kinder deshalb darauf ansprechen.

Was macht die Schule? Ein typischer Mobbingfall

Auch hier zeigt sich ein typisches Stufenschema:

Erste Stufe – Verständnis und Versprechen

Die erste Reaktion ist meist sogar Verständnis, denn niemand findet Mobbing gut.

Die Eltern sind dann erst einmal erleichtert einen vermeintlich verständnisvollen Ansprechpartner gefunden zu haben, die Lehrer versprechen, es „zu klären“ und damit scheint das Thema auch erst einmal vom Tisch.

Zweite Stufe – Erkenntnis, dass man die Dinge nicht in den Griff bekommt

Spricht der Lehrer mit den Mobbern, werden sie die Schuld dem Mobbingopfer zuschieben, das sich blöd verhalte, provoziere etc. Statt die Glaubwürdigkeit zu hinterfragen, wird dann gerne abgezählt und alles Mögliche geglaubt. Oder zumindest bleibt etwas an dem Mobbingopfer hängen.

Noch gefährlicher sind die Fälle, bei denen ein Lehrer den Gesamtvorgang vor der gesamten Klasse bespricht, da dies völlig unkontrollierbare Entwicklungen beinhaltet:

  • Dem Mobbingopfer wird dies regelmäßig unangenehm sein und es steht von Beginn an in der Defensive.
  • Wenn sich dann noch ständig jemand meldet, der die Dinge verdreht und das Mobbingopfer keine öffentlichen Fürsprecher hat, wird die Situation noch problematischer.
  • Und was als „Ergebnis“ stehen bleibt, ist dann schon beinahe in Stein gemeißelt.

Dritte Stufe – Leugnen des Mobbings durch die Schule

Wenn man also ermittelt, aber nichts gefunden hat, dann wird Mobbing als Nächstes geleugnet. Aber man „beobachte“ das Ganze natürlich weiterhin, die Eltern sollen „Vertrauen“ haben.

Aus dem Miteinander wird damit rasch ein Gegeneinander.

Vierte Stufe – der gemobbte Schüler ist das eigentliche Problem

Ist man erst einmal Gegner, kommt es meist noch schlimmer, denn der gemobbte Schüler soll plötzlich das eigentliche Problem sein.

Die in Bedrängnis geratene Schule vermeidet hierdurch Vorwürfen ausgesetzt zu sein, dass Mobbing vorliege und die Mobber „liefern“ die Vorwürfe.

Fünfte Stufe – die Reihen werden geschlossen

Dies führt dann in letzter Konsequenz dazu, dass das Mobbingopfer im besten Fall gehen soll, damit man wieder Ruhe in der Schule hat.

Oftmals sind Familien dann derart zermürbt, dass sie tatsächlich „freiwillig“ gehen – wenn dies überhaupt noch möglich ist, denn oftmals eilt der Ruf dem Mobbingopfer schon voraus und keine andere Schule möchte das Mobbingopfer aufnehmen, weil es ja angeblich selbst problematisch ist. Selbst ein „freiwilliger“ Schulwechsel muss dann oftmals erstritten werden, solche Fälle habe ich ständig!

Geschieht dies nicht, wird oftmals mit Ordnungsmaßnahmen (bis zur Entlassung) gegen das Mobbingopfer vorgegangen.

Was tun bei Mobbing in der Schule

Warnsignale erkennen und rasch handeln

Die vorstehend beschriebenen Warnsignale sollte man im Auge behalten, um schnellstmöglich handeln können. Der typische Mobbingablauf zeigt nämlich, dass solche Indizien leider meist nicht rechtzeitig ernst genommen werden, sodass sich eine Eigendynamik entfaltet und dann wird es immer schwerer.

Nie den Blick für die anderen verlieren

Wer glaubt, dass er als Mobbingopfer ein moralisches Recht darauf hat, dass ihm geholfen wird und die Mobbingtäter bestraft werden, der wird in der Praxis leider meist eines Besseren belehrt:

  • Mobbingtäter möchten nicht bestraft werden,
  • Mitschüler möchten keinen Stress
  • und Schulen wollen Mobbingfälle leider häufig nicht aufklären.

Wer einen Mobbingfall lösen möchte, sollte demnach nicht nur sich selbst, sondern die Gesamtkonstellation im Auge behalten. Es ist demnach sinnvoller, Lehrer, neutrale Mitschüler oder Mitläufer für sich zu gewinnen, als mit Vorwürfen in die Tür zu fallen, bei denen vermutlich abgeblockt wird.

Das Mobbingtagebuch

Ein Mobbingtagebuch ist immens wichtig, da man ansonsten nur noch pauschale Vorwürfe hat.

Der Beweiswert ist allerdings meist gering: Es ist ja nur die Darstellung des Mobbingopfers, rein juristisch also nicht einmal ein Zeugenbeweis. Und selbst wenn man mögliche Zeugen notiert, dann stellt sich die Frage, ob sich der Zeuge dann noch erinnert oder erinnern will.

Eins-zu-Eins-Situationen nutzen/herbeiführen?

Eins-zu-Eins-Situationen sind umstritten:

  • Zunächst braucht man her schon gehörigen Mut,
  • dann muss man auch wissen, ob man sich in der 1-zu-1-Situation überhaupt behaupten kann
  • und schließlich muss man den Anführer der Mobbinggruppe erst einmal allein erwischen.

Und selbst wenn man den Mut aufbringt und den Mobber allein erwischt, darf man keine sachliche Diskussion erwarten. Der Mobber wird sehr plump mit Sprüchen „argumentieren“ wie „Du hast keine Freunde“. Am ehesten kann man den Mobber noch bei dessen „Ehre“ packen, dass er sich nicht hinter seiner Gruppe versteckt, sondern Dinge direkt mit dem Mobbingopfer klären soll.

Direkt an Eltern herantreten?

Sehr umstritten ist auch die Methode die Eltern des Mobbers anzugehen, da dies nach hinten losgehen kann.

Meist zeigt sich nämlich, dass die Eltern ihr eigenes Kind protegieren. Andere Eltern mögen Verständnis haben, zeigen sich aber in der Erziehung überfordert.

Selbst Eltern von Mitläufern mögen erst einmal erschrocken sein. Die eigenen Kinder werden es aber anders darstellen und damit mag das Verständnis für das Mobbingopfer auch rasch erlöschen.

Man kann es also bei Eltern versuchen, aber auch hier gilt es eher, diese zu gewinnen. Bei Konfrontation kommt rasch die Gegenkonfrontation.

Mobbing in der Schule melden

Die Meldung beim Lehrer endet oftmals im typischen Mobbingschema:

  • Der Lehrer verspricht dagegen anzugehen.
  • Der Lehrer bemerkt, dass er gegen die Mobber selbst nicht ankommt und er umgekehrt Erwartungen bei den Eltern geweckt hat, die er nicht erfüllen kann.
  • Der Lehrer entscheidet sich, dass es für ihn das Beste ist, nichts zu sehen bzw. das Mobbingopfer selbst zu beschuldigen.

Die Meldung beim Lehrer bringt demnach nur etwas, wenn man ihm Sozialcourage zutraut, dass er auch wirklich was macht. Und selbst dann birgt dies Gefahren, wenn der Lehrer den Mobbingfall vor der Klasse besprechen will. Da die Mobbingtäter in der Überzahl und meist auch viel abgebrühter sind, geht so etwas meist nach hinten los.

Und die Schulleiter hören es sich meist an, sind aber zu weit weg, als dass Eltern dort wirklich etwas erwarten können.

Erfolgreiche Mobbingbekämpfung in der Schule ist meist nur dann wirklich denkbar, wenn ein professioneller mobbingbeauftragter Lehrer sich der Sache annimmt, den gemobbten Schüler beruhigt, die Mobber sich allein zur Brust nimmt und dann in einer Abschlussrunde die Sache zugunsten des Mobbingopfers abschließt.

Anwaltliche für Mobbing in der Schule

Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, die ich allerdings natürlich nicht offen darlegen kann, sonst verlieren diese jedwede Effizienz.

Wichtig ist: Jeder Fall ist ein Individualfall und für mich steht im Vordergrund, was gut für das Kind ist, was es in der Situation selbst beitragen und aushalten kann. Hiernach ist die konkrete Taktik auszurichten.

Weitergehende Ausführungen finden Sie auf meiner Themenseite www.mobbing-in-der-schule.tips

Rechtsanwalt Andreas Zoller

Anwalt für Schulrecht


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