Sparkasse kündigt Prämiensparvertrag S-flexibel -Was Anleger jetzt tun können

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Welche Möglichkeiten haben Privatanleger?

Einige Sparkassen und Volksbanken sprechen derzeit viele Kündigungen von Prämienspar- / Bonussparverträgen aus, die Privatanleger vor ca. 20 Jahren abgeschlossen haben.  Zahlreiche Privatanleger sind verunsichert, ob die Kündigung rechtswirksam ist.


1. Ist die Kündigung wirksam?

aa) Laufzeitvereinbarung

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 14.05.2019, Az.: XI ZR 345/18, entschieden, dass Kreditinstituten ein ordentliches Kündigungsrecht zusteht, wenn im Prämiensparvertrag keine feste Laufzeit vereinbart worden ist und die höchste Prämienstufe bereits erreicht wurde. 

Wurde aber eine feste Laufzeit vereinbart, wie etwa 99 Jahre oder 1180 Monate, dann müssen sich Sparkassen hieran halten und dürfen die Verträge nicht ordentlich kündigen.

Die Sparkasse Trier und andere Sparkassen haben in ihren Verträgen folgende Laufzeiten vereinbart:

"Max. 25 Jahre"       oder     "flexibel gestaltbar bis maximal 25 Jahre".

Anleger fragen sich, wie sich die Rechtslage bei dieser Formulierung verhält. 

In NRW haben einige Gerichte bereits über diese Formulierung entschieden und erkannt, dass es sich bei dieser Laufzeit nur um eine Höchstfrist handelt, die auch früher gekündigt werden könne.

So führt etwa das Landgericht Duisburg als Berufungsinstanz, Az.: 7 S 54/21, aus:

"Als Vertragsdauer ist die Dauer eines Vertragsverhältnisses, mithin die Zeitspanne zwischen Beginn und Beendigung des Vertrags zu verstehen.

Während der Vertragsbeginn am xxx eindeutig definiert ist, lässt sich den Verträgen ein verbindlich vereinbartes Vertragsende nicht entnehmen. Hinsichtlich der Dauer heißt es vielmehr nur: „flexibel gestaltbar bis maximal 25 Jahre“. Bereits aus dem Wortlaut dieser Formulierung ergibt sich, dass damit
lediglich eine Höchstfrist festgelegt wird, nicht aber ein fester Endzeitpunkt. Schon durch die Verwendung des Wortes „maximal“ wird gekennzeichnet, dass der Vertrag auch weniger als 25 Jahre laufen kann. Dies beinhaltet insbesondere den Fall der Kündigung einer Partei. Die konkrete Vertragslaufzeit sollte damit ersichtlich von der Disposition der Parteien abhängen, wofür auch die Formulierung „flexibel gestaltbar“ spricht. Aus Sicht der Kammer ist danach unzweifelhaft und eindeutig, dass die Parteien eine bestimmte Laufzeit nicht vereinbart haben."

Auch das Landgericht Krefeld entschied als Berufungsinstanz, Az.: 1 S 54/20, ähnlich:

"Ein umfassender Verzicht auf das Recht zur ordentlichen Kündigung des Prämiensparvertrages
lässt sich den Vertragsunterlagen nicht entnehmen. Vielmehr ist nach dem Wortlaut
des Vertrages nur eine Höchstfrist vorgesehen, denn als Dauer der Vereinbarung sind
"max. 25 Jahre" angegeben. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist damit keine Mindestvertragslaufzeit von 25 Jahren vereinbart worden. Bereits dem Wortlaut "max. 25 Jahre" lässt sich eine solche Vereinbarung nicht entnehmen. Auch die Vereinbarung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zu Beginn des Vertragstexts, die Bezeichnung "SPrämiensparen -flexibel-" sowie die Regelungen zur Kündigung unter Ziffer 3.1 sprechen gegen eine konkrete Laufzeitvereinbarung. Eine feste Vertragslaufzeit bzw. Mindestvertragsdauer war hier gerade nicht vereinbart. Die Angabe "max. 25 Jahre" bestimmt lediglich die maximale Vertragsdauer, ohne eine feste, für die Beklagte bindende Vertragslaufzeit festzulegen (vgl. AG Mülheim an der Ruhr, Urteil vom 08.06.2020 - 19 C 185/20, Juris, Rn. 28; für die Formulierung "Keine Mindestvertragsdauer. Bis zu 25 Jahre Laufzeit." vgl. OLG Dresden, Urteil vom 18.04.2019 - 8 U 52/19, BKR 2019, 605, 607, Rn. 24)."


Anders verhält es sich hingegen bei folgender Formulierung:

"Vertragsdauer: 300 Monate"

In diesem Fall wurde eine feste Vertragslaufzeit vereinbart, welche gerade nicht gekündigt werden kann.

Die Sparkasse Bitburg-Prüm spricht gleichwohl Kündigungen aus. Mit Unterstützung eines Fachanwalts im Bankrecht können Sie die Kündigung erfolgreich abwehren.


Etwas anderes ergibt sich auch bei folgender Konstellation:

Enthält der Vertrag überhaupt keine Vertragslaufzeit, aber eine Prämienstaffel, z.B. bis zum 20 Jahr, dann muss der Vertrag ausgelegt werden. 

Das OLG Nürnberg hat die in der Prämienstaffel ausgewiesene Laufzeit als konkludente Vereinbarung einer Vertragslaufzeit ausgelegt, weshalb die Sparkasse vor Ablauf dieser Laufzeit nicht ordentlich kündigen kann. 

Der Vertrag warin diesem Fall demnach fortzusetzen.

Viele Sparkassen kündigen aber Verträge ohne feste Laufzeiten. Mit einem Fachanwalt im Bankrecht können Sie sich hiergegen erfolgreich zur Wehr setzen.

 

bb) Kündigungsgrund

Die Sparkassen stützen ihre Kündigung auf § 26 ihrer AGB. Dies setzt aber voraus, dass die AGB wirksam in den Vertrag einbezogen wurden, so etwa, wenn der Vertrag einen eindeutigen Hinweis enthält.

Wie verhält sich die Rechtslage aber, wenn ein solcher Hinweis in dem Vertrag fehlt?

Das Landgericht Duisburg (a.a.O.) hatte auch hierüber zu entscheiden.

"Es kann dahinstehen, ob – was der Kammer angesichts des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 27.04.2021 (XI ZR 26/20) zweifelhaft erscheint – die Beklagte berechtigt war, ihre Kündigung vom 23.03.2020 auf Nr. 26 ihrer AGB zu stützen. Jedenfalls würde sich – unterstellt Nr. 26 AGB wäre nicht wirksam einbezogen worden – das Kündigungsrecht der Beklagten mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarung aus § 696 BGB ergeben. Wenn – wie im vorliegenden Fall – der Prämiensparvertrag als unselbständiger Verwahrungsvertrag zu qualifizieren ist, richtet sich das Kündigungsrecht des Verwahrers in erster Linie nach den getroffenen Vereinbarungen, im Übrigen nach § 700 Abs. 1 S. 3 BGB i.V.m. § 696 BGB (BGH, Urt. v. 14.05.2019 - XI ZR 345/18; OLG Dresden, Urt. v. 21.11.2019 - 8 U 1770/18; Henssler in MünchKomm-BGB, 8. Aufl. 2020, § 700, Rn. 13; Gehrlein in BeckOK-BGB, 58. Ed. Stand 05/2021, § 700, Rn. 5). Dem steht auch nicht entgegen, dass die Kündigungserklärung der Beklagten vom 23.06.2021 auf Nr. 26 AGB gestützt wurde, ohne §§ 700 Abs. 1 S. 3; 696 BGB zu erwähnen. Denn wie jede Willenserklärung ist die Kündigungserklärung gem. §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste (Palandt/Ellenberger, BGB, Kommentar, 80. Aufl. 2021, § 133, Rn. 9). Dies zugrunde gelegt lässt die Erklärung der Beklagten eindeutig erkennen, dass diese sich an den zwischen den Parteien geschlossenen Prämiensparvertrag nicht festhalten lassen will. Dies unabhängig davon, ob die Kündigung sich – wovon beide Parteien seinerzeit ausgingen – auf Nr. 26 der AGB der Bank oder aber auf Gesetz stützen ließ. Dies umso mehr, als beide unter den gleichen Voraussetzungen möglich waren und die gleichen Rechtsfolgen nach sich zogen. Für die Wirksamkeit der Kündigung als solcher kommt es nicht darauf an, dass der Erklärende den Rechtsgrund seines Kündigungsrechts zutreffend bezeichnet, sondern nur auf seinen erkennbaren und unzweifelhaft geäußerten Willen, das Vertragsverhältnis für die Zukunft zu beenden. Demnach war die Beklagte zu einem jederzeitigen Rücknahmeverlangen berechtigt, sofern eine Zeit für die Aufbewahrung nicht bestimmt ist. Entgegen der Auffassung des Klägers liegt eine anderweitige Bestimmung nicht vor."

Das bedeutet, dass, selbst wenn die AGB nicht wirksam in den Vertrag einbezogen wurden, so ergibt sich das Kündigungsrecht nach den allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, hier nach §§ 700, 696 BGB. Denn ein Prämiensparvertrag wurde vom BGH bereits als unregelmäßiger Verwahrungsvertrag eingeordnet. Eine ordentliche Kündigung ist demnach möglich.


>>Neue BGH- Entscheidung zu Laufzeit bis "max. 25 Jahre"<<


Der Bundesgerichtshof hat die oben genannte Entscheidung des Landgerichts Krefeld nunmehr mit Hinweisbeschluss vom 18.01.2022, Az. XI ZR 104/21, bestätigt. 

Der BGH bestätigt sowohl den Umstand, dass es sich bereits dem Wortlaut nach nicht um die Vereinbarung einer festen Vertragslaufzeit handelt, als auch, dass nicht eine sog. Mindestvertragslaufzeit angenommen werden kann.

Mit der Angabe „max. 25 Jahre“ würde vielmehr nur die maximale Vertragslaufzeit und damit nur eine Höchstfrist bestimmt.


2. Sind die Zinsen richtig berechnet worden?

Die meisten Verträge S-flexibel enthalten allerdings eine unwirksame Zinsanpassungsklausel, welche sinngemäß wie folgt lautet: 

"Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, zur Zeit xxx%, am Ende eines Kalender-/Sparjahres eine verzinsliche S-Prämie gemäß der nachfolgenden Prämienstaffel ……“

Sowohl der Bundesgerichtshof als auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) halten diese Klausel allerdings für unwirksam. Seit einigen Jahren wird hierüber bundesweit sowohl in Musterfeststellungsklagen der Verbraucherzentralen als auch im Wege zahlreicher Einzelklagen von Privatanlegern vor Gerichten gestritten.

Höchstrichterliche Eintscheidungen sind zwar hinsichtlich einiger Parameter bereits ergangen. Die Rechenmethoden werden von den Kreditinstituten unterschiedlich behandelt, weshalb es zu unterschiedlichen Berechnungen kommt.

Es ist also davon auszugehen, dass die Zinsen von den Sparkassen nicht richtig berechnet wurden, sodass Ihnen ein Nachzahlungsanspruch zustehen dürfte.


3. Wie kann ich meine Zinsberechnung nachprüfen lassen?

Um eine solche Nachberechnung der Zinsen vornehmen zu können, ist eine finanzmathematische Berechnung erforderlich. Der Kreditsachveständige Hink (vormals Hink&Fischer) hat für zahlreiche Verbraucherzentralen solche Nachberechnungen vorgenommen. Diese wurden auch von einigen Gerichten bereits bestätigt. 

Die Preise für die Zinsnachberechnung finden Sie auf der Website der Sachverständigen hier:  

https://www.hink-fischer.de/pr%C3%A4miensparvertr%C3%A4ge-1/zinsnachberechnung 

 


Bei komplexen Rechtsstreitigkeiten ist es ratsam, sich an einen Spezialisten zu wenden, um fachkundige Unterstützung zu erhalten. Frau Rechtsanwältin Kes ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und vertritt die Interessen von Privatanlegern bundesweit.

Sie können uns unverbindlich kontaktieren und ihre Vertragsunterlagen zusenden. Sofern Sie rechtsschutzversichert sind, erstellen wir kostenlos eine Deckungsanfrage.

Für eine Vertragsprüfung erheben wir eine kleine Kostenpauschale, die wir Ihnen vorab mitteilen.


Rechtsanwaltskanzlei Handan Kes

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Foto(s): pexels/Maithree Rimthong


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