Strafverfahren - Polizeibeamte beim Einsatz gefilmt und Äußerungen aufgenommen? Anwalt hilft schnell!

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Gibt es eigentlich heute noch Polizeieinsätze, die nicht durch Passanten oder Betroffene mit dem Handy aufgenommen werden? Manche filmen aus Sensationslust. Andere wollen ihrer Ansicht nach  oder tatsächlich rechtswidriges Handeln und Polizeigewalt zu Beweiszwecken in Ton und Bild sichern. Wenn jedenfalls die Polizisten gefilmt oder ihre Äußerungen aufgezeichnet werden, drohen Strafverfahren, warnt Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus Coesfeld (bei Billerbeck, Nottuln, Gescher, Vreden, Velen). Denn die Zulässigkeit oder Strafbarkeit solcher Handyvideos gegen oder ohne den Willen der Beamten ist umstritten.     

Ist die dienstliche Äußerung ein nichtöffentliches Wort? 

Das Abfilmen der Beamten und ihrer Einsatzhandlungen könnte gegen § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des nichtöffentlich gesprochenen Wortes) verstoßen. Dies ist aber streitig und es gibt unterschiedliche Ansichten verschiedener Gerichte – zu unterschiedlichen Umständen des Einzelfalls. Streitpunkt ist, ob das vom Polizisten gesprochene Wort „öffentlich“ ist oder nicht. 

Das Landgericht München vertritt z.B. Auffassung, daß von einer Nichtöffentlichkeit des gesprochenen Wortes bereits dann ausgegangen werden kann, wenn die von den Polizeibeamten gesprochenen Worte ausschließlich an eine einzelne Person gerichtet gewesen sind und nicht wie z.B. bei polizeilichen Durchsagen an die Allgemeinheit (LG München I, Urteil vom 11.02.2019, Az. 25 Ns 116 Js 165870/1). Nach dieser Auffassung ist es egal, wieviel andere Personen um den Einsatz herum (die „faktische Öffentlichkeit“) die Worte ebenfalls hören können.

Demgegenüber vertritt das Landgericht Kassel die Ansicht, daß die bei einer Unterredung im Rahmen einer polizeilichen Personenkontrolle gesprochenen Worte zwar grundsätzlich nicht an die Allgemeinheit gerichtet sind. Daß also diese nicht für einen über einen durch persönliche und sachliche Beziehungen abgegrenzten Personenkreis hinausgehenden Hörerkreis bestimmt sind, was der gängigen Definition des nichtöffentlich gesprochenen Wortes im Sinne des § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB entspricht; weshalb polizeiliche Personenkontrollen grundsätzlich dem Schutzbereich des § 201 StGB unterfielen. Allerdings könne das Vorhandensein einer „faktischen Öffentlichkeit“ der Nichtöffentlichkeit des gesprochenen Wortes entgegenstehen; dies sei namentlich dann der Fall, wenn die Äußerung unter Umständen erfolge, nach denen mit einer Kenntnisnahme durch Dritte gerechnet werden müsse. Denn entscheidend seien die Abgeschlossenheit des Zuhörerkreises und die Kontrollmöglichkeit über die Reichweite der Äußerung. Abzustellen sei dabei auf solche Umstände, die für diejenigen Personen, deren Kommunikation betroffen sei, auch offen zu erkennen seien (vgl. LG Kassel, Beschluß vom 23.09.2019, Az. 2 Qs 111/19).

So sieht es auch das Landgericht Aachen. Es kommt insoweit nicht maßgeblich darauf an, ob das gesprochene Wort des Polizisten durch andere unbeteiligte Personen tatsächlich mitgehört worden ist. Es genügt vielmehr, wenn der Beamte nach den objektiv gegebenen Umständen ersichtlich nicht sicherstellen kann, dass seine Äußerung nicht durch umstehende Teilnehmer oder Passanten wahrgenommen wird und für ihn daher ohne Weiteres erkennbar ist, dass er sich in einem solchen Rahmen nicht völlig unbefangen und vertraulich äußern kann (LG Aachen, Beschluß vom 19.08.2020, Az. 60 Qs 34/20). Für diese faktische Öffentlichkeit, welche den Schutzbereich des Strafrechts entfallen läßt, komme es jedoch nicht auf die körperliche Anwesenheit Dritter beim Polizeieinsatz an, sondern darauf daß diese dritten Personen in Hörweite der polizeilichen Äußerungen seien.

Andere Strafrechtler gehen davon aus, daß dienstliche Verlautbarungen von Polizeibeamten beliebiger Art mit Außenwirkung für sich genommen schon nicht vom Schutzbereich des § 201 StGB erfasst sind. Darüber hinaus führe die gesetzgeberische Zuschreibung, dass es sich bei öffentlich zugänglichen Orten im Falle der Anwesenheit von Polizeibeamten um offen abhörbare Räume handele und daher das Tragen einer Body-Cam mit Pre-Recording-Funktion zulässig sei, zu einer Bestätigung der Annahme, dass es sich bei dienstlich gesprochenen Worten von Polizeibeamten aus Anlass eines beliebig begründeten Kontakts mit einem Bürger niemals um nichtöffentlich gesprochene Worte handeln könne. Hiernach würde sich ein Bürger beim Aufzeichnen von Polizeibeamten niemals gemäß § 201 StGB strafbar machen.

Notwehr oder rechtfertigender Notstand?

Ob das Fotografieren oder Filmen eines Polizeieinsatzes als Notwehr (§ 32 StGB) oder rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB) straflos bleibt, ist noch komplizierter. Denn sind die Diensthandlungen der Polizei rechtmäßig, fehlt es an einem rechtswidrigen Angriff, gegen den man sich wehren darf. Ein Irrtum des Bürgers darüber dürfte nach herrschender Rechtsprechung nur selten zur Straflosigkeit führen. Ist hingegen die Diensthandlung rechtswidrig, fragen Juristen gemäß ihres Prüfungsschemas, ob denn ein Handyvideo überhaupt geeignet sein kann, den rechtswidrigen Einsatz zu beenden. Ist es das nicht, bleibt es grundsätzlich bei der Strafbarkeit.

Bei Straftaten zulasten von Polizisten unbedingt Strafverteidiger beauftragen

Wo die Gerichte sich nicht einig sind, sollte der Beschuldigte erst recht nicht auf professionelle Hilfe verzichten. Insbesondere Straftaten zulasten von Polizistinnen und Polizisten werden nachweislich strenger verfolgt und härter bestraft, als sonstige Straftaten. Das gilt auch bei Beamtenbeleidigung (§ 185 StGB) Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) oder tätlicher Angriff auf Polizisten (§ 114 StGB). Sie brauchen dann unbedingt einen Anwalt, der schnell und konsequent nur Ihre Interessen vertritt und vor Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht keine Angst hat. Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus Coesfeld (bei Borken, Rheine, Stadtlohn, Emsdetten) weiß als Fachanwalt für Strafrecht, wie Sie am besten verteidigt werden. Nehmen Sie als Beschuldigter Kontakt per e-mail oder Telefon auf, bevor Sie irgendwelche Angaben machen.   

Foto(s): Heiko Urbanzyk / Privat

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