Studiendarlehen - Bearbeitungsentgelt zulässig

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Der BGH hat mit Urteil vom 18.01.2022 (XI ZR 505/21) entschieden, dass die formularmäßige Bestimmung eines laufzeitunabhängigen „Verwaltungskosteneinbehalts“ bei einem zinslosen Studiendarlehensvertrag grundsätzlich der richterlichen Inhaltskontrolle nach § 307 III 1 BGB unterliegt.  Allerdings wird der Darlehensnehmer auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung nicht unangemessen benachteiligt gemäß § 307 I 1, II Nr. 1 BGB.

In dem Rechtsstreit hatte der Kläger den Beklagten auf Rückzahlung von Verwaltungskosten in Höhe von 450 € in Anspruch genommen. Der Kläger ist Student und damit eine natürliche Person. Bei dem Beklagten handelt es sich um einen gemeinnützig anerkannten Verein, dem die Studierendenwerke des Landes Nordrhein-Westfalen angehören. Die Parteien hatten zwei zinsfreie Darlehensverträge geschlossen, bei denen auf der Rückseite die „Bedingungen für die Darlehensvergabe“ abgedruckt waren. Nach Nummer 3 dieser Bedingungen wurde ein Verwaltungskosteneinbehalt in Höhe von 5 % der vereinbarten Darlehenssumme festgelegt. Der Kläger ist der Auffassung, dass diese Bedingung eine Preisnebenabrede darstelle und damit der Inhaltskontrolle nach § 307 III BGB unterliege. Er meint, dass ihn diese Klausel unangemessen benachteiligen würde.

Der BGH ist der Ansicht, dass es sich bei der Klausel zwar um eine der Inhaltskontrolle unterliegende Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, diese den Kläger aber nicht unangemessen benachteiligt.

Als Begründung führt er aus, dass solche Klauseln kontrollfähig sind, die von gesetzlichen Preisregelungen abweichen, sowie Bestimmungen, die kein Entgelt für eine Leistung zum Gegenstand haben, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird, sondern mittels derer der Verwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden abwälzt. Bei dem vorliegenden „Verwaltungskosteneinbehalt“ handele es sich nicht um ein laufzeitabhängiges Entgelt für die Kapitalnutzung. Vielmehr wurde ein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt vereinbart, das auch bei vorzeitiger Tilgung des Darlehens von dem Beklagten nicht zu erstatten wäre. Ebenso wenig handele es sich um ein Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung. Die Bearbeitungsgebühr bepreise lediglich den Aufwand, der bei der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung durch den Beklagten entstehe.

Der BGH sieht in der streitgegenständlichen Klausel eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, da die Bearbeitungsgebühr laufzeitunabhängig ist und durch die Gebühr Kosten auf den Kläger abgewälzt werden, die für die Erfüllung der Hauptleistungspflicht des Beklagten anfallen.

Trotzdem lehnt er im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung eine unangemessene Benachteiligung des Klägers ab und widerlegt damit die Vermutung, dass eine unangemessene Benachteiligung indiziert wird, wenn eine klauselmäßige Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung gegeben ist. Das zinslose Studiendarlehen stelle ein außerhalb des allgemeinen Wettbewerbs auf dem Kapitalmarkt vergebenes Förderdarlehen dar. Nach § 2 Nr. 1 der Satzung des Beklagten ist Zweck des Darlehens die Förderung der Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe. Im Rahmen der Interessenabwägung sei daher nicht auf die isolierte Benachteiligung durch die Bearbeitungsgebühr abzustellen, sondern es komme auf den Gesamtzusammenhang der Bedingungen des Studiendarlehens an. Im Vordergrund stehen bei solchen Darlehen nicht die Verfolgung eigenwirtschaftlicher Interessen, sondern die Gewährung besonders günstiger, hier sogar unverzinslicher Mittel zur Förderung bildungspolitischer Ziele. Der Verwaltungskosteneinbehalt diene daher lediglich der teilweisen Deckung der tatsächlich entstehenden Verwaltungskosten des Beklagten.

Der BGH stellt außerdem klar, dass sich eine unangemessene Benachteiligung auch nicht dadurch ergebe, dass sich der Verwaltungskosteneinbehalt mit steigender Darlehenssumme absolut erhöhe. Es sei daher nicht unangemessen, wenn der Kreditgeber mangels Möglichkeit, den Verwaltungsaufwand aus den Zinserträgen zu erwirtschaften, die Verwaltungskosten auf die Darlehensnehmer pauschaliert umlege. Darlehensnehmer mit einer höheren Darlehenssumme seien zwar höher belastet, aber hätten auch einen größeren Vorteil.


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