(Teil-)Legalisierung des Umgangs mit Cannabis - Ein kurzer Leitfaden

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(Teil-)Legalisierung des Umgangs mit Cannabis – Ein kurzer Leitfaden


In der Sitzung vom 22. März 2024 hat der Bundesrat die Anrufung des Vermittlungsausschusses in Bezug auf das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis (CanG) abgelehnt. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. April 2024 ist der Besitz und Anbau von Cannabis zum Eigenkonsum damit gemäß §§ 1 ff. Konsumcannabisgesetz (KCanG) weitgehend legal. Was bedeutet das und kann man alte Verurteilungen "loswerden"?


Das Wichtigste in Kürze (FAQ):

  • Darf ich jetzt endlich legal kiffen?

Ja, das war aber noch nie verboten! Der Konsum von Cannabis in jeglicher Form war, ist und bleibt legal.

  • Was ändert sich dann?

In bestimmten Grenzen wurde der private Besitz und Anbau von Cannabis entkriminalisiert.

  • Was heißt das jetzt für mich?

Erwachsene dürfen seit 1. April 2024 in Deutschland legal zu Hause einen Vorrat von bis zu 50 g Cannabis haben und bis zu drei Cannabispflanzen zum Eigenkonsum anbauen. Unterwegs dürfen maximal 25 g Cannabis besessen werden.


  • Darf ich Cannabis auch kaufen?

Nein. Erwerb und Handel sind grundsätzlich noch immer strafbar. Allerdings folgt aus § 34 Abs. 1 Nr. 12 KCanG, dass nicht bestraft wird, wer 25 g oder weniger pro Tag beziehungsweise 50 g oder weniger pro Kalendermonat erwirbt oder entgegennimmt. Der Verkäufer macht sich aber immer strafbar.


  • Aber meinem Kumpel darf ich etwas abgeben?!

Leider auch nicht. Ab- und Weitergabe bleiben auch dann verboten, wenn keine Gegenleistung erwartet wird. Ausnahmen gelten für Anbauvereinigungen.


  • Dann rauche ich mein Zeug eben alleine.

Bitte! Aber immer darauf achten: Fußgängerzonen sind zwischen 7 und 20 Uhr tabu, ein Umkreis von 100 m um Schulen, Kindergärten, Spielplätze etc. ebenso. Als Orientierung kann die Bubatzkarte helfen. Und Achtung: THC im Blut kann im Straßenverkehr zu echten Problemen führen.



Für die Interessierten etwas ausführlicher:

Besitz    Grundsätzlich bleibt der Umgang mit Cannabis verboten! Das betrifft insbesondere Besitz, Anbau, Handel, Abgabe und Erwerb. Eine Ausnahme von diesem Verbot gilt aber für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Diesen ist der private Besitz und Anbau von Cannabis zum Eigenkonsum (§§ 3, 9 KCanG) und in Anbauvereinigungen (§§ 11 ff. KCanG) erlaubt.

Wichtig: Keine Ausnahme gilt für die Abgabe selbst von Kleinstmengen aus eigenem Anbau, § 9 Abs. 2 CanG! Diese bleibt verboten und kann bestraft werden.

Erwachsenen ist der Besitz zum Eigenkonsum in Grenzen erlaubt. Gemäß § 3 CanG dürfen erwachsene Personen jederzeit bis zu 25 g Cannabis zum Eigenkonsum besitzen. Außerdem ist Erwachsenen an ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort der Besitz von bis zu 50 g Cannabis und bis zu drei lebenden Cannabispflanzen erlaubt.

Wichtig: Die Besitzmenge im Sinne von § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 CanG darf insgesamt 50 g nicht überschreiten, dh:

  • zu Hause darf ein Vorrat von insgesamt 50 g Cannabis vorgehalten werden,
  • außerhalb der Wohnung dürfen davon maximal 25 g Cannabis mitgeführt werden.

Bei Marihuana beziehen sich die Gewichtsangaben auf das Gewicht nach dem Trocknen.

Der Besitz von größeren Mengen ist nur im Kontext von Anbauvereinigungen erlaubt, § 3 Abs. 3 KCanG.


Anbau   Zum Eigenkonsum ist Erwachsenen der Anbau von Cannabis erlaubt. Volljährige Personen dürfen an ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt maximal drei Cannabispflanzen gleichzeitig anbauen, § 9 Abs. 1 CanG. Die Abgabe des zum Eigenkonsum gezogenen Cannabis bleibt jedoch verboten, § 9 Abs. 2 CanG.

Wichtig: Der Zugriff auf Cannabis und Vermehrungsmaterial durch Dritte, insbesondere Kinder und Jugendliche, muss wirksam verhindert werden, § 10 CanG. Dazu ist es wohl notwendig, Grow-Boxen und sonstige Gewächshäuser oder Anbauflächen mit mechanischen oder elektronischen Schlössern zu sichern und geerntetes und verarbeitetes Cannabis und nicht benutzte Samen und Stecklinge in kindersicheren Behältnissen oder in gegen Zutritt beziehungsweise Zugriff geschützten Räumen oder Schränken zu verwahren. Verstöße können mit einem Bußgeld belegt werden.

Der Umgang mit Cannabissamen und Stecklingen ist erlaubt, sofern diese nicht zum unerlaubten Anbau dienen. Mit anderen Worten: Insbesondere Besitz, Erwerb, Ab- und Weitergabe von Cannabissamen und Stecklingen sind unabhängig von Gewicht und Men­ge erlaubt.


Konsum Der Konsum von Cannabis ist und war immer legal. Neu ist, dass gemäß § 5 Abs. 1 CanG der Konsum von Cannabis - auch in der eigenen Wohnung! - in unmittelbarer Gegenwart von minderjährigen Personen verboten ist. Für den Konsum von Cannabis in der Öffentlichkeit gelten Einschränkungen gemäß § 5 Abs. 2 CanG. Praktisch besonders relevant dürfte das Konsumverbot in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr sein. Zum Jungendschutz gilt um Schulen, Kinderspielplätzen, öffentlichen Sportstätten etc. eine Bannmeile von 100 Metern. Verstöße stellen eine Ordnungswid­rigkeit dar und können mit einem Bußgeld belegt werden, § 36 Abs. 1 Nr. 4 CanG.


Cannabis und Straßenverkehr Für die Teilnahme am Straßenverkehr ändert sich nichts. Auch in Zukunft kann mit einem Bußgeld belegt werden, wer unter der Wir­kung von Cannabis ein Kraftfahrzeug führt, § 24a StVG. Kommen Ausfallerscheinungen hinzu, ist eine Bestrafung gemäß § 316 StGB denkbar.

Wichtig: Kraftfahrzeuge sind nicht nur Autos und Lkws, sondern unter gewissen Umständen auch E-Scooter, E-Bikes und Pedelecs!

Unter der Wirkung von Cannabis steht man, wenn im Blut eine THC-Konzentration von 1 ng/ml nachgewiesen wird. Aktuell wird dieser Grenzwert allerdings diskutiert, da eine tatsächliche psychotrope Wirkung bei dieser Konzentration empirisch nicht nachgewiesen ist. In Zukunft wird wohl ein THC-Wert von 3,5 ng/ml Blut gelten. Bisher ist dies aber noch nicht gesetzlich verankert, so dass bis auf Weiteres die 1 ng/ml-Grenze zu beachten ist.

THC ist in relativ lange nachweisbar, im Blut bis zu drei Tage. Wer also nach dem Konsum von Cannabis am Straßenverkehr teilnehmen möchte, sollte sicherheitshalber ein paar Tage warten.



Straf- und Bußgeldvorschriften, §§ 34, 35 KCanG


Besitz und Anbau Wer die in §§ 3 und 9 KCanG genannten Mengen überschreitet, kann bestraft oder mit einem Bußgeld belegt werden. Ob eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, bestimmt sich wie folgt:

Ordnungswidrigkeit:

  • Besitz von mehr als 50 bis einschließlich 60 Gramm Cannabis in der Wohnung
  • Besitz von mehr als 25 bis einschließlich 30 Gramm Cannabis außerhalb

Straftat:

  • jeder Besitz von Cannabis darüber hinaus
  • Besitz von mehr als drei Pflanzen
  • Anbau von mehr als drei Pflanzen oder nicht zum Eigenkonsum

Straftaten können mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden, Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern von fünf bis 1.000 Euro.


Erwerb Wer mehr als 25 Gramm Cannabis pro Tag oder mehr als 50 Gramm Cannabis pro Monat erwirbt oder entgegennimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Damit sind Erwerb und Entgegennahme von Mengen, die unter diesen Grenzen liegen, straffrei, nicht jedoch der Verkauf!


Umgang im Übrigen Der sonstige Umgang mit Cannabis ist nach wie vor verboten. Das betrifft insbesondere Einfuhr, Ab- und Weitergabe außerhalb von Anbauvereinigungen, Gebrauchsüberlassung und insbesondere Handel, also den gewinnbringenden Verkauf. Verstöße stellen eine Straftat dar, die mit Freiheitsstrafe bis drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird. In besonders schweren Fällen beträgt der Strafrahmen drei Monate bis fünf Jahre, § 34 Abs. 3 S. 1 KCanG. Das ist insbesondere der Fall bei

  • Gewerbsmäßigkeit,
  • Gefährdung der Gesundheit mehrerer Menschen,
  • Abgabe, Weitergabe, Gebrauchsüberlassung oder Verabreichen eines über 21-jährigen an ein Kind oder einen Jugendlichen, sowie die Bestimmung eines Kinds oder Ju­gendlichen zur Abgabe, Weitergabe, Gebrauchsüberlassung oder Verabreichung an ein Kind oder einen Jugendlichen
  • Vorliegen einer nicht geringen Menge.


Ein Strafrahmen von zwei bis 15 Jahren gilt gemäß § 34 Abs. 4 KCanG bei

  • Gewerbsmäßiger Abgabe, Weitergabe, Gebrauchsüberlassung oder Verabreichung einer über 21jährigen Person an Kinder oder Jugendliche
  • Handel, Einfuhr oder Abgabe als über 21jähige Person durch einen Minderjährigen
  • Bandenmäßigkeit + nicht geringe Menge bei "Handel im weiteren Sinne"
  • Schusswaffe oder sonstige gefährliche Gegenstände + "Handel im weiteren Sinne" mit einer nicht geringen Menge.

Unter "Handel im weiteren Sinne“ fällt der gewinnbringende Verkauf, Ein- und Ausfuhr sowie wenn man sich Cannabis verschafft, also anders als durch Anbau oder Erwerb beschafft.

In minder schweren Fällen des § 34 Abs. 4 KCanG beträgt die Strafe drei Monate bis fünf Jahre, § 34 Abs. 4 S. 1, 2. Alt KCanG.



Amnestie und Straferlass

Sollten Sie in der Vergangenheit wegen des Umgangs mit Cannabis bestraft worden sein, lohnt sich eine Überprüfung dieser Verurteilung. Sollte die Ihnen damals vorgeworfene Tat nämlich nach neuer Rechtslage nicht mehr strafbar sein, so können Sie

  • die Eintragung einer Vorstrafe im Bundeszentralregister tilgen und
  • noch nicht erledigte Strafen für erledigt erklären lassen.


Wie funktioniert das? Für die Tilgung aus dem Bundeszentralregister ist ein Antrag bei der Staatsanwaltschaft notwendig, § 41 Abs. 1 KCanG. Zuständig ist die Staatsanwaltschaft, in dessen Bezirk das Urteil gesprochen wurde. Der Antrag kann jedoch bei jeder Staatsanwaltschaft gestellt werden. Im Antrag ist glaubhaft zu machen, dass die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen, dh zumindest der Sachverhalt, der zur Verurteilung geführt hat, muss der Staatsanwaltschaft zur Beurteilung nach neuer Rechtslage mitgeteilt werden. Es empfiehlt sich, Urteilsabschriften o. ä. dem Antrag beizulegen.

Ist eine Strafe noch nicht vollständig erledigt, ist von der (weiteren) Vollstreckung abzusehen. Dies hat von Amts wegen zu geschehen, ein eigener Antrag ist nicht notwendig. Allerdings empfiehlt sich ein solcher gerade in Fällen, in denen in Kürze mit einer Ladung zum Strafantritt oder der Aufforderung zur Zahlung einer Geldstrafe gerechnet wird, trotzdem, um mögliche Zwangsmaßnahmen zu vermeiden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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