Teilzeitarbeit und Überstundenzuschläge – Was ist zu beachten?

  • 3 Minuten Lesezeit

„Ab wann muss ich einem Teilzeitarbeitnehmer Überstundenzuschläge zahlen" oder „Habe ich als Teilzeitarbeitnehmer Anspruch auf Überstundenzuschläge?"

Diese beiden Fragen tauchen in der anwaltlichen Praxis regelmäßig auf. Ebenso oft erlebe ich es, dass Unwissenheit zu negativen Folgen auf Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite führen. Der folgende Beitrag soll eine kurze Übersicht darüber bieten, was der Arbeitgeber zu beachten hat, wenn er sowohl Vollzeit- als auch Teilzeitarbeitnehmer beschäftigt.

Erbringt ein Teilzeitarbeitnehmer mehr als die vertraglich geschuldeten Arbeitsstunden, so hat er hierfür einen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung, denn der Arbeitnehmer muss für seinen Arbeitgeber grundsätzlich nicht unentgeltlich tätig werden. Etwas anderes gilt nur, wenn im Arbeitsvertrag anderweitige, wirksame Regelungen getroffen wurden.

Nicht ganz so einfach lässt sich jedoch die Frage beurteilen, ob dem Teilzeitarbeitnehmer in gleicher Höhe ein Anspruch auf Überstundenzuschläge zusteht, wie sie z. B. häufig Vollzeitbeschäftigten gewährt werden. Geht man vom Wortlaut des § 4 Abs. 1 Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) aus, so darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte bereits im Jahr 2004 (Urteil vom 16.06.2004 - 5 AZR 488/03) in diesem Zusammenhang über die Wirksamkeit einer Tarifvertragsnorm zu entscheiden, nach der ein Überstundenzuschlag von 25% nur für solche Überstunden zu zahlen sei, die über der Regelarbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten von 38,5 Stunden wöchentlich hinaus geleistet werden. Der seinerzeitige Kläger war Teilzeitarbeitnehmer und hatte zwar Überstunden erbracht, nicht aber die übliche Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden überschritten.

Das BAG befand diese Tarifnorm für wirksam und trat dem Argument des Teilzeitbeschäftigten entgegen, wonach eine Gleichbehandlung mit Vollzeitbeschäftigten nur dann gewährleistet sei, wenn bei jeder Überschreitung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit Überstundenzuschläge gezahlt werden. Das BAG orientierte sich in seiner Entscheidung wesentlich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) (15.12.1994, Rechtssache C 399/92 PA Nr. 7 zu § 611 BGB Teilzeit) und führte sinngemäß wie folgt aus:

Kein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 TzBfG

Durch die Tarifnorm wird der Teilzeitarbeitnehmer nicht schlechter gestellt als ein vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter. Eine Ungleichbehandlung nach § 4 Abs. 1 TzBfG läge erst dann vor, wenn die Vergütung des Vollzeitbeschäftigten bei gleicher Anzahl von Stunden höher wäre, als die des Teilzeitbeschäftigten. Erhält der Teilzeitbeschäftigte bei gleicher Anzahl von Arbeitsstunden die gleiche Vergütung wie ein Vollzeitbeschäftigter, liegt eine Ungleichbehandlung hingegen nicht vor.

Kein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG

Das BAG sah in der Tarifnorm auch keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Vorrangiges Ziel von Überstundenzuschlägen sei es, die Einhaltung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit, gemessen an einem Vollzeitbeschäftigten, sicher zu stellen. Dies jedenfalls stelle einen sachlichen Grund dar und rechtfertige somit eine unterschiedliche Behandlung von Vollzeit- und Teilzeitarbeitnehmern.

Das BAG geht bei der Beurteilung eines Anspruchs auf Überstundenzuschläge folgerichtig von der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden aus. Hiernach erhalten Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte bis zum Erreichen der üblichen Wochenarbeitszeit die gleiche Vergütung und für jede darüber hinaus erbrachte Arbeitszeit die gleichen Überstundenzuschläge.

Ginge man hingegen allein von Zahl der geleisteten Überstunden aus, so wäre dies zwar für den Teilzeitarbeitnehmer attraktiver, würde jedoch den Vollzeitarbeitnehmer erheblich schlechter stellen und damit benachteiligen. Ein Beispiel soll dies veranschaulichen:

Der Teilzeitarbeitnehmer schuldet vertraglich 20 Arbeitsstunden wöchentlich, der Vollzeitarbeitnehmer 40 Arbeitsstunden. Beide erhalten jeweils einen Stundenlohn von 10,00 EUR. In Kalenderwoche 3 des Jahres 2013 arbeiten beide jeweils 40 Stunden. Während der Vollzeitarbeitnehmer keine Überstunden erbringt und eine Vergütung in Höhe von 400,00 EUR erhält, leistet der Teilzeitarbeitnehmer 20 Überstunden. Er erhält folglich 500,00 EUR (400,00 EUR für die geleisteten Stunden zuzüglich 100,00 EUR Zuschlag für die 20 Überstunden). Bei gleicher Arbeitszeit, wäre der Vollzeitarbeitnehmer hier benachteiligt.

Außer Diskussion steht, dass dem Teilzeitarbeitnehmer, bei Überschreitung der Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers, die gleichen Zuschläge zu zahlen sind, wie dem Vollzeitarbeitnehmer. Hier greift. Wie bereits zu Beginn des Beitrages erwähnt, das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 TzBfG.

Fazit

Zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitarbeitnehmern sollten Arbeitgeber im Rahmen der Teilzeitarbeitsverträge von den durch das BAG anerkannten Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch machen, wonach Überstundenzuschläge nur für solche Arbeitsstunden zu zahlen sind, die über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer hinausgehen.

Rechtsanwalt Stefan Weste (M.B.L.) ist Gründungspartner der Kanzlei WK LEGAL und vertritt sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber gerichtlich und außergerichtlich in sämtlichen arbeitsrechtlichen Fragestellungen. Wenn sie mehr erfahren wollen oder Fragen zu Arbeitsverträgen haben, besuchen Sie uns unter http://www.wklegal.de/arbeitsrecht/ oder schreiben Sie eine E-Mail an weste@wklegal.de


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Guido Kluck

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten