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Teilzeitarbeit: Tendenz weiter steigend

  • 6 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Seit Anfang der neunziger Jahre steigt die Zahl der Teilzeitbeschäftigten in der Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren kontinuierlich an. Die Ursachen für diese Entwicklung sind unterschiedliche, ebenso die damit verbundenen Vor- und Nachteile. Einerseits macht es Teilzeitarbeit möglich, die Erwerbstätigkeit mit familiären Verpflichtungen in Einklang zu bringen und hierbei flexible berufliche Arbeitszeitmodelle zu haben. Zum anderen besteht aber auch die Gefahr, dass aufgrund der verminderten Einkommen und der geringeren Einbindungen in die sozialen Sicherungssysteme erhebliche Nachteile entstehen. Anlässlich der am 28. April 2009 vom Statistischen Bundesamt vorgestellten Zahlen zur Teilzeitarbeit beschäftigt sich das Redaktionsteam von anwalt.de in dem vorliegenden Artikel mit diesem Thema und zeigt dabei die juristischen Grundsätze zur Teilzeitarbeit auf.

[image]Entwicklung der Teilzeitarbeit

Die Zahl der Personen, die in Teilzeit beschäftigt sind, hat in den vergangenen 10 Jahren stets zugenommen. Im Jahr 2008 gingen 4,9 Millionen Personen einer Teilzeitbeschäftigung mit weniger als 20 Stunden Wochenarbeitszeit als Haupttätigkeit nach. Damit hat die Zahl der in Teilzeit arbeitenden Bevölkerung seit 1998 von damals 3,5 Millionen um 39 % zugenommen. Genau genommen, konnte bei den Untersuchungen zur Teilzeitbeschäftigung festgestellt werden, dass seit den 90er Jahren die Zahl der Teilzeitbeschäftigten stetig zunahm. Erst um das Jahr 2006 herum stagnierte dieses Wachstum bei einem Anteil von 16 % aller Erwerbstätigen.

Hintergrund für den Anstieg ist u.a. der im Jahr 2001 durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) eingeführte Rechtsanspruch von Arbeitnehmern auf Teilzeitarbeit. Ferner trugen allgemeine Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie eine Vielzahl verschiedener, gesetzlicher Änderungen bezüglich geringfügiger Beschäftigungen zu dieser Entwicklung bei.

Gesetzliche Normierung der Teilzeitbeschäftigungen

Die juristische Grundlage zum Thema Teilzeitarbeit bildet das Gesetz über die Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (sog. Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG) vom 21. Dezember 2000. Das TzBfG löste das Beschäftigungsförderungsgesetz von 1996 zum 1. Januar 2001 ab.

Es setzt zugleich sowohl die EG-Richtlinie über Teilzeitarbeit sowie die EG-Richtlinie über befristete Arbeitsverträge um.

Hintergrund für die Gesetzesnovellierung war zum einen die bereits zu dieser Zeit immer mehr wachsende Bedeutung von befristeten Arbeitsverträgen und Teilzeitarbeit. Ziel dieses Gesetzes ist es unter anderem, die Teilzeitarbeit zu fördern und die Diskriminierung von teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern zu verhindern.

Juristisch gesehen ist die Sache mit der Teilzeitarbeit ganz einfach: Nach einer sechsmonatigen Beschäftigung besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Teilzeitarbeit. Der Arbeitnehmer kann demnach verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird. Voraussetzung für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit ist allerdings, dass der Arbeitgeber, unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsausbildung, regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt hat. So lautet die Regelung nach § 8 des Teilzeitbefristungsgesetzes. Dem Arbeitnehmer soll damit ein gewünschter Wechsel von Vollzeit- auf Teilzeitarbeit erleichtert werden - anders als zuvor, ist  aufgrund des Anspruchs auf Verringerung der Arbeitszeit nun die Möglichkeit gegeben, diesen auch einzuklagen.

In der Praxis sieht es leider meist noch anders und komplizierter aus.

Hier kann der Arbeitgeber der Forderung nach Teilzeit betriebliche Gründe entgegen halten. Diese Gründe können unter Umständen dazu ausreichen, den Anspruch auf Teilzeitarbeit zu beseitigen. Welche Gründe dies sind, ist vom Einzelfall abhängig und oftmals Auslegungssache und streitig. Und auf einen Streit lassen es die wenigsten Arbeitnehmer ankommen. In der Praxis wird das Recht auf Teilzeit in der Regel extrem selten eingeklagt.

Möchte der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit verringern, so hat er bei seinem Arbeitgeber spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn der Teilzeit einen Antrag diesbezüglich zu stellen. In diesem Antrag soll er zugleich die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben. Zwar ist nirgends vorgeschrieben, dass der Antrag schriftlich zu stellen ist, dennoch ist dies zu empfehlen.

Umgekehrt muss aber der Arbeitgeber seine Entscheidung über die Verringerung der Arbeitszeit schriftlich mitteilen - und zwar spätestens einen Monat vor deren gewünschten Beginn. Versäumt der Arbeitgeber diese Frist und beabsichtigt er, den Antrag auf Arbeitszeitverringerung abzulehnen, so verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang automatisch. Gleiches gilt für die festgelegte bzw. gewünschte Verteilung der Arbeitszeit. 

Der Arbeitnehmer kann frühestens nach zwei Jahren den erneuten Wunsch der Arbeitszeitverringerung äußern - unabhängig davon, ob dem ersten Gesuch stattgegeben oder abgelehnt wurde.

Gründe für eine Teilzeitbeschäftigung

Die tatsächlichen Gründe, weshalb immer mehr Menschen einer Erwerbstätigkeit in Teilzeit nachgehen, sind unterschiedlich - insbesondere im Hinblick auf die neuen und alten Bundesländer.

Gerade in den neuen Bundesländern steckt hinter der Teilzeitbeschäftigung oftmals eine Notlösung, um überhaupt einen Arbeitsplatz zu bekommen. Viele Arbeitssuchende werden in Teilzeit gedrängt, weil sie keine Vollzeitbeschäftigung finden.

Laut der Studie des Statistischen Bundesamts gelte dies in ganz Deutschland mittlerweile für rund 23 % aller Teilzeitbeschäftigten, in den neuen Ländern einschließlich Berlin treffe dies auf rund 65 % der Teilzeitbeschäftigten zu, in den alten Bundesländern hingegen auf 17 %.  

Im Gegensatz dazu ist in Westdeutschland häufig die Erfüllung familiärer Verpflichtungen bzw. die Möglichkeit, Familie und Beruf „miteinander unter einen Hut zu bekommen", ein Grund für viele, eine Teilzeitbeschäftigung auszuüben. 

Experten warnen vor einer derartigen immer stetiger werdenden Entwicklung vor allem auch im Hinblick auf die Niedriglöhne und die daraus später resultierende Altersarmut.

Es lässt sich aber festhalten, dass 50 % der Teilzeitbeschäftigten weder geringfügig noch befristet beschäftigt sind, so dass diese Gruppe vollständig in die Sozialsicherungssysteme integriert sind. Nicht beseitigt ist damit das Problem, dass diesen Personen durch das geringere Einkommen z.B. Nachteile hinsichtlich der Altersversorgung entstehen können.

Teilzeitarbeit ist meist immer noch Frauenarbeit

Viele Frauen haben zwar eine gute bis sehr gute Ausbildung - die Mehrzahl der Universitätsabschlüsse wird heutzutage von Frauen und nicht mehr von Männern absolviert - sind aber letztlich auch heute noch für die Erziehung der Kinder und die Führung des Haushalts verantwortlich. 31 % der Frauen arbeitet in Teilzeit - das ist vier Mal so viel wie bei den Männern.

Aus diesem Frauenüberhang in Teilzeitbeschäftigungen resultiert letztendlich auch u.a. die Tatsache, dass Frauen durchschnittlich deutlich weniger als Männer verdienen. So beträgt der Aussage des EU-Sozialkommissars Vladimir Spidal nach die Differenz des Stundenlohns von Frauen und Männer im Jahr 2008 23 %; im Jahr 2007 waren es „nur" 22 %.

Diese Ungleichbehandlung mag heutzutage um so mehr erstaunen, als bereits lange vor unserer Zeit auch schon etwas anderes praktiziert wurde.

So ließ König Darius I. um 550 vor Christus unter seiner Herrschaft ein modernes Staatswesen entstehen, in dem Männer und Frauen den gleichen Lohn erhielten. Im Jahr 467 vor Christus waren dort ca. 1348 Kunsthandwerker beschäftigt - unter der Leitung einer Frau. Die Frau bekam den höchsten Lohn. Zudem war jeder am Hof des Königs in ein soziales Netz eingebunden, angefangen beim Soldaten bis zum kleinsten Kind.

Damit entspricht die derzeit gängige Praxis häufig noch nicht der zu Zeiten des König Darius I. und auch zum Teil noch nicht dem Gesetz.

In § 4 des TzBfG ist unter der Überschrift „Verbot der Diskriminierung" exakt dieser Punkt aufgenommen worden. Entsprechend dieser Vorschrift ist es untersagt, einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit schlechter zu behandeln als einen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, ohne dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Insbesondere ist aber auch einem Teilzeitarbeitnehmer ein Arbeitsentgelt in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.

Ebenso kam eine weitere Untersuchung zu dem Ergebnis, dass das Bildungsniveau von Teilzeitbeschäftigten durchschnittlich etwas niedriger sei als bei der Gesamtheit der abhängig Beschäftigten. Dabei ruft auch in diesem Zusammenhang der EU Kommissar Spidal die Arbeitgeber dazu auf, qualifizierten teilzeitbeschäftigten Frauen den Zugang zu Führungspositionen zu ermöglichen. Auch das Gesetz selbst fordert in seinem § 6 die Förderung von Teilzeitarbeit in leitenden Positionen.
Foto(s): ©iStockphoto.com

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