(Tier-)Schutzverträge auf dem Prüfstand

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Eine sehr weit verbreitete Art ein Haustier an einen Erwerber zu übergeben dürfte immer noch die Übergabe unter gleichzeitiger Unterzeichnung eines so genannten Schutzvertrages sein.

Dieser Vertrag wird auch Abgabe- oder Vermittlungs- oder Überlassungsvertrag genannt und räumt dem Veräußerer des Tieres formularmäßig umfangreiche Rechte ein. So wird der Erwerber häufig neben der Zahlung einer so genannten Vermittlungsgebühr (meist in Höhe eines marktüblichen Verkaufspreises) auch verpflichtet, das Tier nicht an Dritte weiterzugeben, es kastrieren zu lassen, dem Veräußerer den Aufenthaltsort des Tieres mitzuteilen und zur Überprüfung der Einhaltung dieser Vereinbarungen auch dem Veräußerer jederzeit den Zutritt zu seinen Privaträumen zu gestatten. Gleichzeitig verspricht der Erwerber eine saftige Vertragsstrafe für den Fall, dass er seine Vertragsversprechen nicht einhält. Auch wird in diesen Verträgen klauselmäßig statuiert, dass der Eigentumsübergang des Tieres erst zu einem späteren Zeitpunkt, als dem der Übergabe und Schutzgebührzahlung, stattfindet. Auch umfangreiche Haftungs- und Gewährleistungsausschlussklauseln des Veräußerers sind die Regel.

Gerichtliche Entscheidungen, die näher darüber Aufschluss gaben, wie solche Verträge in der Praxis zu bewerten sind, gab es bisher kaum.

In Rechtsprechung und Literatur tauchte der Vertrag in der Vergangenheit als sogenannter atypischer Verwahrungsvertrag auf. Zuletzt war das Landgericht Krefeld der Ansicht, dass die Parteien dieses Vertrages keinen Kaufvertrag geschlossen hätten (LG Krefeld vom 13.4.2007, Az.: 1 S 79/06,). Die Annahme eines Kaufvertrages scheitere daran, dass die kaufvertraglichen Gewährleistungsvorschriften keine Anwendung fänden und der Schwerpunkt des Vertrages nicht in der für den Kaufvertrag prägenden entgeltlichen Übergabe und Eigentumsverschaffung des Tieres, sondern in der Übergabe des Tieres zur Haltung und Pflege durch den Übernehmer liege.

Vor dem Hintergrund, dass sich täglich tausende von Haustiererwerbern keine Gedanken darüber machen, dass sie das erworbene Tier eventuell „atypisch verwahren", ist die Rechtsprechung des LG Krefeld wohl lebensfremd. Auch bei der Übernahme eines Tieres aus einem Tierheim wird ein Betrag an das Tierheim in Höhe eines vergleichbaren Kaufpreises gezahlt und das Tier anschließend übergeben. Es kann vom Erwerber nicht verlangt werden, dass er Vertragsklauseln nachvollzieht, nach welchen er lediglich Verwahrer des Tieres sein soll und die geleistete Zahlung eine Spende oder sogenanntes „Futtergeld" darstellen. Das Prozedere bei einer Tierübernahme aus einem Tierheim steht äußerlich jedenfalls einem Kauf aus einer Tierhandlung gleich. Die Klauseln der Tierschutz-/Übergabeverträge sind, soweit sie eine Eigentumsübertragung negieren und umfangreiche Besuchs- und Auskunftsrechte gewähren, überraschend und somit gem. § 305c BGB unwirksam. Auch eine Vertragsstrafe, die den Erwerbspreis überschreitet, dürfte in aller Regel unwirksam sein.

Das Ergebnis für den vom LG Krefeld zu entscheidenden konkreten Fall mag schon überzeugen. Es wurden dort nämlich nach einem Tiererwerb bei einem Tierschutzverein nach Krankheit des Tieres umfangreiche Sachmängelgewährleistungsansprüche geltend gemacht und die Kosten für eine Hüftoperation eingeklagt. Eine Gewährleistung für Tiermängel kann ein gemeinnütziger Tierschutzverein wohl nicht bieten. Eine solche Verpflichtung triebe die Tierheime in den Ruin.

Auf der anderen Seite können sich jedoch die Tierheime nach der Zahlung der vereinbarten Gegenleistung für das Tier nicht das Eigentum daran vorbehalten oder sich umfangreiche Auskunfts- und Kontrollrechte vorbehalten, die deutlich in die Persönlichkeitsrechte der Erwerber eingreifen.

Der Tierschutzverein Reutlingen fühlte sich jedoch jüngst befleißigt, seine mutmaßlichen Rechte aus einem Tierschutzvertrag gegenüber der Tiererwerberin geltend zu machen. Nachdem die Erwerberin das Tier zeitweise einer Freundin überlassen hatte, erschienen Mitarbeiter des Vereins bei dieser Freundin und nahmen das Tier (den Hund) einfach mit.

Das Amtsgericht Reutlingen entschied hierauf zu Recht in einem einstweiligen Verfahren durch Beschluss (AG Reutlingen, Az.: 14 C 437/08), dass der Hund an die Erwerberin herauszugeben sei. Es wurde herbei deutlich gemacht, dass der Verein das Tier im Wege der verbotenen Eigenmacht an sich genommen hatte.

Nachdem der Verein es bezüglich des gleichen Hundes genau wissen wollte, verlangte er in der Folgezeit klageweise die Herausgabe des Hundes, die Zahlung einer Vertragsstrafe sowie Auskunft darüber, wo der Hund verblieben sei. Das Amtsgericht Hamburg wies die Klage ab, wobei das Landgericht Hamburg in der Berufungsinstanz (LG Hamburg, Az.: 309 S 149/09) deutlich machte, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des klagenden Vereins wohl gegen Treu und Glauben verstoßen und die Erwerberin unangemessen benachteiligenIn der Folge wurde die Berufung zurückgenommen und es blieb bei der Klageabweisung durch das AG Hamburg (vom 4.9.2009, Az.: 15A C 71/09). Das Amtsgericht und auch das Landgericht gingen hierbei eindeutig und unmissverständlich davon aus, dass es sich bei dem Übergabevertrag um einen Kaufvertrag handelt. Deshalb unterliegen die Vertragsbedingungen auch der Klauselkontrolle.

Die vorgenannten Urteile und Beschlüsse dürften in Zukunft alle Tierschutzvereine zur Vorsicht mahnen, die aufgrund von Tierschutzverträgen sogenannte „Tierschutzaußendienstgruppen" in nicht unerheblicher Personalstärke unterhalten und mit diesen Gruppen vor fremden Grundstücken Einlass verlangen, um anschließend dann das eine oder andere Tier an sich zu nehmen. Die Vereine müssen einsehen, dass für die Überwachung des Tierschutzes die Behörden zuständig sind und man die Vereinsgelder sinnvoller in die Pflege- und Hege der Tiere investiert.

Ich weise darauf hin, dass Auskünfte zu den vorstehenden Rechtsfragen nur kostenpflichtig erteilt werden können.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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