(Tier-)Schutzvertrag - Dritte als Erfüllungsgehilfen des Übernehmers

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In der Familie der Klägerin lebte viele Jahre eine Hündin, die seinerzeit vom Beklagten übernommen worden war. Nachdem diese Hündin gestorben war, entschied sich die Klägerin dafür, erneut eine Hündin vom Beklagten zu übernehmen. Auch über diese Hündin wurde ein (Tier-)Schutzvertrag geschlossen, was u.a. bedeutete, dass der Beklagte Eigentümer der Hündin blieb und die Klägerin Besitzerin und Halterin wurde. (AG Wiesbaden, Az. 91 C 4359/09 (82))

Der Beklagte verlangte die Hündin einige Zeit später mit der Begründung, „ein Dritter" habe gegen den Schutzvertrag verstoßen, von der Klägerin heraus. Sodann suchte die Klägerin rechtlichen Beistand. Es wurde zunächst Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Herausgabe des Hundes (AG Wiesbaden, Az  91 C 3984/09 (82)) gestellt. Da die zuständige Richterin in dem Fall keine Eilbedürftigkeit sah zog die Klägerin ihren Antrag zurück.

Es wurde dann Klage auf Herausgabe der Hündin eingereicht (AG Wiesbaden, Az. 91 C 4359/09 (82). In diesem Klageverfahren war dieselbe Richterin zuständig wie bereits im vorherigen einstweiligen Verfügungsverfahren. Während des noch laufenden Verfahrens versuchte der Beklagte die Hündin an Dritte abzugeben, was weitere gerichtliche Schritte im Rahmen eines Eilverfahrens notwendig machte, um dies erfolgreich zu verhindern. (AG Wiesbaden, Az.: 93 C 6184/09 (29)). Gegen diese einstweilige Verfügung legte der Beklagte Widerspruch ein. Auf Anraten des Gerichts stimmte der Beklagte zu, mit der Weitergabe der Hündin an Dritte bis zur Entscheidung in der Klage zu warten und bis dahin über den Widerspruch nicht entscheiden zu lassen.

Die Klage auf Herausgabe der Hündin wurde abgewiesen. Zwar war unstreitig, dass die Klägerin und alleinige Übernehmerin der Hündin selbst nicht gegen den (Tier-)Schutzvertrag verstoßen hatte. Der Verstoß wurde jedoch ihrem Mann, also einer dritten Person, die nicht Vertragspartner des (Tier-)Schutzvertrags war, vorgeworfen. Laut AG Wiesbaden sei aber die Klägerin und Übernehmerin der Hündin für eine dritte Person voll verantwortlich und habe stets dafür Sorge zu tragen, dass der Übernahmevertrag umfassend eingehalten werde.

Indem die Klägerin es ihrem Mann überließ, den Hund eine kurze Strecke bzw. auf dem Hundeplatz zu führen und es in diesen Momenten angeblich zum Verstoß gegen den (Tier-)Schutzvertrag kam, sei ein „eigenes Verschulden gegeben, das zur Vertragsverletzung führe."

Es liegt auf der Hand, dass die Konstruktion eines „Erfüllungsgehilfen", der sobald er den Hund eines anderen an die Leine nimmt, dessen (Tier-)Schutzvertrag mit dem Beklagten erfüllen soll, völlig lebensfremd ist.

Wäre dies der Fall, so müsste derjenige, der einen (Tier-)Schutzvertrag abgeschlossen hat, zunächst jedem, dem der Hund überlassen wird, diesen (Tier-)Schutzvertrag vorlegen. Dem nicht genug: Das Verhalten des „Erfüllungsgehilfen" würde dem Übernehmer - so die Richterin am AG Wiesbaden - vollumfänglich zugerechnet, er würde dafür also voll und ganz einstehen.

Verstößt dann dieser „Erfüllungsgehilfe" bewusst oder unbewusst gegen eine Klausel des Vertrags, hätte der Vertragspartner sofort das Recht, das Tier vom Übernehmer heraus zu verlangen.

Denkt man sich die Auffassung des Amtsgerichts Wiesbaden zu Ende, so würde dies dazu führen, dass der Übernehmer eines Tieres im Rahmen eines (Tier-)Schutzvertrages das Tier ein ganzes Tierleben lang durchgängig selbst beaufsichtigen und betreuen müsse und die Inanspruchnahme einer Tierpension, eines Tiersitters oder nur ein Tierarztbesuch bereits die Gefahr in sich bergen würde, das Tier herausverlangt zu bekommen.

Wäre dies wirklich die Intention eines (Tier-)Schutzvertrags, so könnte niemand mehr bedenkenlos einen Hund oder ein anderes Heimtier auf einer solchen Basis übernehmen. Und derjenige, der ein Tier für dessen Übernehmer beaufsichtigt, dieses medizinisch behandelt oder ausbildet möchte dem Übernehmer einen Gefallen tun, oder er geht seinem Beruf nach. Sicherlich hat er jedoch nicht im Sinn, für den Übernehmer des Tieres dessen (Tier-)Schutzvertrag als „Erfüllungsgehilfen" nachzukommen.

Vermeiden kann man eine solche Situation als Übernehmer eines Tieres, indem man sich mit seinem Vertragspartner dahingehend einigt, dass man mit Übernahme des Tieres auch dessen Eigentümer wird. Denn dann entfällt bereits ein eventueller Herausgabeanspruch aus dem Eigentum, so dass es auf die Frage, ob die Situation eines Erfüllungsgehilfen gegeben war nicht ankommt.

Rechtsanwältin

Nicole Koch, LL.M.

www.anwaeltin-mainz.de


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