Und was ist mit dem Führerschein? Führerscheinrechtliche Folgen einer Verkehrsstraftat

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In der strafrechtlichen Praxis haben Verkehrsstrafsachen eine erhebliche Bedeutung, statistisch liegt der Anteil von Verurteilungen wegen Straßenverkehrsdelikten bei über 20 %. Ein erheblicher Teil dieser Verfahren steht im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol oder Drogen. Erfolgt eine Verurteilung wegen einer Verkehrsstraftat, droht neben der Verurteilung zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe die Verhängung eines Fahrverbots oder die Entziehung der Fahrerlaubnis. Dies sind für die Betroffenen weitere erhebliche und einschneidende Konsequenzen, die sich jedoch durch frühzeitige Information und sachgerechte Aktivität in dem anhängigen Strafverfahren oftmals abwenden lassen.

Verkehrsstraftaten sind insbesondere:

  • Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, § 142 StGB
  • Fahren unter Einfluss von Alkohol, Drogen und Medikamenten, § 316 StGB
  • Vollrausch, § 323a StGB
  • Gefährdung des Straßenverkehrs, § 315c StGB
  • Fahren ohne Fahrerlaubnis, § 21 StVG

Das Fahrverbot gem. § 44 StGB ist eine Nebenstrafe, durch die dem Verurteilten für die Dauer von 1 Monat bis zu maximal 3 Monaten das Führen von Kraftfahrzeugen untersagt wird. Zur Vollstreckung des Fahrverbotes wird die Fahrerlaubnis bei der zuständigen Behörde, dies ist bei einem Fahrverbot gem. § 44 StGB die Staatsanwaltschaft, abgegeben. Dabei bleibt die Fahrerlaubnis bestehen und der Führerschein wird dem Betroffenen nach Ablauf des Fahrverbotes wieder ausgehändigt. Die „Abgabe“ des Führerscheins berührt also nicht den Bestand des Führerscheins selbst, vielmehr dient die Hinterlegung der Fahrerlaubnis als Nachweis für den Beginn des Fahrverbotes. Gleichzeitig wird dem Betroffenen durch die Hinterlegung bewusst gemacht, dass er vorübergehend kein Fahrzeug führen darf.

Wird in der Zeit des Fahrverbotes dennoch ein Kraftfahrzeug geführt, so macht sich der Betroffene gem. § 21 StVG wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis strafbar. Auch dem Halter des ohne Fahrerlaubnis geführten Kraftfahrzeugs drohen strafrechtliche Konsequenzen, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig unter Missachtung des Fahrverbotes ein Führen seines Fahrzeuges zulässt.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 69 StGB ist dagegen eine Maßregel, durch deren Ausspruch die Fahrerlaubnis erlischt. Mit Ausspruch der Entziehung der Fahrerlaubnis wird durch das verurteilende Gericht regelmäßig eine Sperrfrist angeordnet, vor deren Ablauf die Führerscheinstelle als Verwaltungsbehörde keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf. Der Urteilsspruch mit einer solchen Anordnung lautet dann beispielsweise: „Dem Angeklagten wird die Fahrerlaubnis entzogen. Sein Führerschein wird eingezogen. Vor Ablauf von 8 Monaten darf die Verwaltungsbehörde keine neue Fahrerlaubnis erteilen.“ Die durch die Entziehung erloschene Fahrerlaubnis muss daher bei der Straßenverkehrsbehörde erneut beantragt werden. Für das Verfahren zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis müssen regelmäßig nicht die theoretischen und praktischen Fahrschulkenntnisse, sondern die persönliche charakterliche Fahreignung nachgewiesen werden.

Fahreignung als zentraler Begriff des Verkehrs(straf)recht

Der Begriff der Fahreignung hat nicht nur Bedeutung für das Verkehrsstrafrecht, sondern ist insgesamt entscheidend für das Fahrerlaubnisrecht. In strafrechtlicher Hinsicht ist § 69 StGB die maßgebliche Vorschrift, die festlegt, dass im Falle der Ungeeignetheit durch das Gericht die Fahrerlaubnis zu entziehen ist. Nach § 69 II StGB ist bei einer Verurteilung wegen

  • Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315 c StGB)
  • Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB)
  • Unfallflucht (§ 142 StGB)
  • Vollrausch (§ 323a StGB) im Zusammenhang mit einer Verkehrsstraftat

der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen. Dabei bedeutet das Tatbestandsmerkmal „in der Regel“, dass mit Verwirklichung des Straftatbestandes die Ungeeignetheit gesetzlich vermutet wird und nur in besonderen Ausnahmefällen das Gericht von einer fehlenden Ungeeignetheit ausgehen kann.

Möglichkeit zur Wiederlegung der Vermutung der Ungeeignetheit im Strafverfahren

Üblicherweise dauert ein Strafverfahren mehrere Monate und dies ist eine Zeitspanne, die zur Wiederlegung der gesetzlichen Vermutung genutzt werden kann. Bei einer Verkehrsstraftat, die im Zusammenhang mit dem Konsum von berauschenden Substanzen steht, ist unter anderem der Nachweis einer längerfristigen Abstinenz eine geeignete Maßnahme. Durch die Teilnahme an zertifizierten Suchtmittelkontrollprogrammen bei denen in unregelmäßigen Abständen unangekündigt die Aufforderung zur Abgabe einer Urinkontrolle erfolgt, lässt sich bereits für das Strafverfahren belegen, dass eine Ungeeignetheit jedenfalls zum Urteilszeitpunkt nicht mehr besteht.

So konnte beispielsweise das AG Tiergarten in einem Verfahren wegen Trunkenheit im Verkehr nach einer Alkoholfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,67 ‰ die nach dem Gesetz in einem solchen Fall grundsätzlich vermutete Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr feststellen, nachdem der Angeklagte durch nachweisbar dokumentierte Bemühungen diese Vermutung wiederlegen konnte: „Angesichts der zahlreichen Bemühungen, die der Angeklagte nach der Tat bereits unternommen hat, nämlich namentlich einer Verkehrstherapie, bestehend aus zehn Einzelsitzungen à 50 Minuten sowie sechs Alkoholseminaren à 90 Minuten, und dem vollständigen Alkoholverzicht, nachgewiesen durch Abstinenzkontrollen, war zum Urteilszeitpunkt von der zur Tatzeit noch vorliegenden charakterlichen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr auszugehen, so dass eine Maßregel nicht (mehr) in Betracht kam. Daher hat das Gericht lediglich auf ein Fahrverbot von drei Monaten erkannt, welches durch die Zeit der vorläufigen Einbehaltung des Führerscheins bereits verbüßt war“ (AG Tiergarten, Urt. v. 03.11.2016 – 308 Cs-3023 Js 3339/16-155/16).

Nachweis der Fahreignung beim Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis

Wurde durch das Strafgericht mit dem Urteil die Fahrerlaubnis entzogen, muss bei der Straßenverkehrsbehörde die Erteilung der Fahrerlaubnis erneut beantragt werden. Das Verfahren zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ist ein verwaltungsrechtliches Verfahren in dem durch die Fahrerlaubnisbehörde geprüft wird, ob beim Antragsteller Fahreignung besteht. Hierzu ist in § 2 IV StVG geregelt, dass „geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat“. Durch die zu der Entziehung der Fahrerlaubnis führende strafgerichtliche Verurteilung ist der der Verwaltungsbehörde ein Eignungsmangel bekannt geworden. Mit dem Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis muss der oder die Betroffene die bei der Fahrerlaubnisbehörde durch die Verurteilung begründeten Zweifel an der Fahreignung ausräumen. Hierzu kann die Behörde je nach Ausgangssachverhalt unterschiedliche Maßnahmen anordnen, insbesondere:

  • Fachärztliches Gutachten zum Alkohol oder Drogenkonsum (Drogenscreening)
  • Teilnahme an einem Nachschulungskurs gem. § 70 FeV
  • Medizinisch-Psychologische-Untersuchung (MPU)
  • Teilnahme an Drogenkontrollprogramm oder sonstiger Abstinenznachweis

Ein möglicherweise drohendes verwaltungsrechtliches Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Verfahren zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis sollte keinesfalls auf die leichte Schulter genommen werden. Vor allem die umgangssprachliche Bezeichnung der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) als „Idiotentest“ wirkt hier immer wieder irreleitend: Keiner sieht sich selber als Idiot und wenn man kein Idiot ist, dann wird man doch auch locker diesen „Idiotentest“ schaffen. Allerdings zeigt die statistische Auswertung der Ergebnisse der MPU, dass lediglich 59 % der Begutachteten als Geeignet und insgesamt 35 % als Ungeeignet sowie 6 % als Nachschulungsfähig angesehen werden. Auch wenn die Gründe für diese hohe „Durchfallquote“ vielfältig sind, so ist eine Ursache sicherlich, dass die der Anordnung zugrundeliegende verkehrsrechtliche Problematik nicht ausreichend ernst genommen wurde und im Vorfeld der Begutachtung keine ausreichende Information und Vorbereitung stattgefunden hat.

Insgesamt ist daher frühzeitige Beratung und eine nachweisbar dokumentierte Auseinandersetzung mit der verkehrsrechtlichen Problematik der effektivste Weg zur Vermeidung negativer Konsequenzen für den Führerschein.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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