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Unfall bei nächtlicher Trunkenheitsfahrt

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Wer eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von mindestens 1,1 Promille hat, ist absolut fahruntüchtig. Wird man dennoch hinter dem Steuer eines Fahrzeugs erwischt, hat das schwerwiegende Folgen, denn der Autofahrer hat sich zumindest wegen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB (Strafgesetzbuch) strafbar gemacht. Baut der Betrunkene dabei z. B. einen Unfall, kommt des Weiteren eine Strafbarkeit wegen Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB hinzu. Aber auch zivilrechtlich spielt die Trunkenheit für die Fragen nach Unfallursache und Schadenersatzhöhe eine wichtige Rolle.

Betrunkene fährt parkendes Auto an

Eine Frau war nachts mit einem Pkw auf einer Straße unterwegs, als sie ungebremst auf ein anderes Fahrzeug auffuhr, das in entgegengesetzter Fahrtrichtung am rechten Straßenrand stand. Darüber hinaus parkte das Kfz im absoluten Halteverbot – nämlich zur Hälfte auf einem Gehweg und zur anderen Hälfte auf einem Radweg. Der befand sich auch auf der Straße, war aber durch eine unterbrochene Leitlinie deutlich von der Fahrbahn abgegrenzt.

Die Unfallfahrerin gab zu, das stehende Kfz nicht gesehen zu haben – vielmehr hätten dessen ausgeschaltete Scheinwerfer das Abblendlicht ihres Autos reflektiert und sie irritiert. Die später bei ihr festgestellte BAK von 1,33 Promille hielten sie und der Eigentümer des von ihr genutzten Kfz nicht für die Unfallursache. Schuld sei vielmehr ihre Unfallgegnerin gewesen, die gegen mehrere Verkehrsregeln verstoßen habe. Die wies das Verlangen des Fahrzeugeigentümers nach Schadenersatz jedoch zurück. Der Streit endete daraufhin vor Gericht.

Keine Haftung des Unfallgegners

Das Amtsgericht (AG) Köln war der Ansicht, dass allein die Autofahrerin den Unfall verschuldet hat, und lehnte daher einen Schadenersatzanspruch des Fahrzeugeigentümers ab.

Zwar hat sich die Unfallgegnerin tatsächlich verkehrswidrig verhalten. So dürfen Autos nach § 12 IV StVO (Straßenverkehrsordnung) nur in Fahrtrichtung – also jeweils am rechten Fahrbahnrand – abgestellt werden. Vorliegend hat die Frau aber auf dem von ihrer Sicht aus linken Fahrbahnrand geparkt. Außerdem stand sie nicht nur im absoluten Halteverbot, sie blockierte dort auch noch den Gehweg sowie den Radweg. Gemäß Anlage 3, Abschnitt 8, laufende Nummer 22, lit. 3 zu § 42 II StVO dürfen Autofahrer aber nicht auf den Schutzstreifen für Radler parken.

Diesen Verkehrsverstößen stand aber das erhebliche Verschulden der Autofahrerin entgegen: Schwer wog zunächst einmal, dass die Frau ein Kfz geführt hat, obwohl sie mit einer BAK von 1,33 Promille absolut fahruntauglich war. Hier spricht ein sog. Anscheinsbeweis dafür, dass die Fahruntüchtigkeit für den Unfall ursächlich gewesen ist – sofern ein nüchterner Fahrer in derselben Situation den Unfall hätte vermeiden können. Im nüchternen Zustand hätte die Frau vorliegend das parkende Fahrzeug problemlos erkennen können. Sie hatte immerhin ihr Abblendlicht an und musste innerorts mit am Straßenrand geparkten Fahrzeugen rechnen. Die Scheinwerfer des parkenden Kfz waren dagegen ausgeschaltet und konnten die Autofahrerin somit auch nicht blenden. Die von der Fahrerin behauptete irritierende Lichtreflektion hätte sie bei Nüchternheit ebenfalls nicht gestört. Ihre Alkoholisierung war somit ursächlich für den Unfall.

Hinzu kam, dass der parkende Wagen nicht auf die von Autos genutzte Fahrbahn hineinragte, sondern daneben auf dem Gehweg und dem Schutzstreifen stand, der den Radweg und die Fahrbahn trennte. Diese unterbrochene Leitlinie hätte die Frau als rechte Fahrbahnbegrenzung ansehen müssen – ein Überfahren der Linie ist nämlich nur bei Bedarf erlaubt. Ein solcher war vorliegend aber nicht ersichtlich. Überdies hätte die Betrunkene den Zusammenstoß mit dem parkenden Pkw verhindern können, wenn sie auf „ihrer“ Fahrspur geblieben wäre.

Dass der Wagen am Straßenrand in entgegengesetzter Fahrtrichtung abgestellt war, sah das Gericht übrigens nicht als unfallursächlich an. Die Betrunkene wäre wohl auch dagegen gefahren, wenn es in derselben Fahrtrichtung gestanden hätte. Letztendlich hielt das AG die Aussagen der Unfallfahrerin ohnehin für widersprüchlich: Einerseits will sie das parkende Fahrzeug am Straßenrand nicht gesehen haben – andererseits hätten die Scheinwerfer genau dieses Fahrzeugs ihr eigenes Abblendlicht reflektiert und sie geblendet.

(AG Köln, Urteil v. 20.05.2014, Az.: 272 C 20/14)

(VOI)

Foto(s): ©Fotolia.com

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