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Unternehmenskrise und Strafbarkeitsrisiken

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Strafrechtliche Risiken in der Unternehmenskrise

Täglich kann man es in der Zeitung lesen: Eine Flutwelle von Insolvenzen (Konkursen, Bankrott) schwappt über das Land. Die wirtschaftliche Situation wird für alle immer schlechter. Deshalb gehen auch zahlreiche Firmen und Unternehmen pleite.

Im Umfeld der Unternehmenskrise und des Unternehmenszusammenbruchs kommt es sehr häufig auch zu strafrechtlich relevanten Verhalten der Firmenverantwortlichen. Bei ca. 80 % aller Firmenpleiten wird auch ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt. Aus den unterschiedlichsten Motiven versuchen diese Personen, das meist unausweichliche Ende ihres Geschäfts hinauszuzögern. 

Die Interessen der Gläubiger sowie der Allgemeinheit bleiben unbeachtet, weil die Unternehmer um fast jeden Preis und mit allen Mitteln den Erhalt ihres Betriebes sichern wollen. Entsprechend lassen sich in einer Krisensituation häufig typische Begleitdelikte ausmachen:

Bei diesen Verfahren stellen die Insolvenzverschleppung (Konkursverschleppung), Bankrott, Buchführungs- und Bilanzdelikte, Beitragshinterziehung (Sozialversicherungsabgaben) und Betrug/Untreue nur ein Teilbereich dar. Anlass vieler Strafverfahren sind oft Anzeigen/Mitteilungen von Lieferanten und anderen Gläubigern, der Krankenversicherungen und des Insolvenzverwalters.

Derartige Strafverfahren sind meist langwierig und kostspielig, sodass durch diesen Schaden wieder erhebliche finanzielle Einbußen für die Firmenverantwortlichen eintreten. Hierbei ist es in den meisten Fällen egal, ob es sich bei der Firma um ein Einzelunternehmen oder eine Gesellschaft handelt.

Meine Erfahrung hat gezeigt, dass das eine oder andere Strafverfahren im Vorfeld durch geeignete Maßnahmen vermeidbar gewesen wäre.

I. Unterlassene oder verspätete Zahlung von Sozialversicherungsabgaben

Der Arbeitgeber, welcher die Sozialversicherungsabgaben, insbesondere die Arbeitnehmeranteile gar nicht oder nicht rechtzeitig zahlt, macht sich grundsätzlich strafbar. Die Zahlung ist zum drittletzten Bankarbeitstag eines laufenden Monats fällig.

Der Arbeitgeber, der also für den im Februar arbeitenden Arbeitnehmer nicht bis spätestens zum 26. Februar 2020 an die Sozialversicherung die notwendigen Abgaben zahlt, kann bestraft werden.

Manchmal wird keine Strafanzeige der Sozialversicherung erstattet. Sofern aber ein Insolvenzverfahren geführt wird, wird auch bei den Sozialversicherungen nachgefragt, ob alle Beiträge fristgerecht gezahlt wurden. Unter Umständen wird dann die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

Deshalb ist es wichtig diese Abgaben immer zu zahlen, auch wenn an den Arbeitgeber kein Lohn für diesen Monat gezahlt wurde. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass das Gericht von einer Bestrafung absieht, wenn der Arbeitgeber spätestens zum Fälligkeitsdatum der Sozialversicherung mitteilt, dass Abgaben geschuldet werden sowie deren Höhe. 

Weiterhin muss mitgeteilt werden, warum nicht gezahlt wird, obwohl der Arbeitgeber sich redlich bemüht hat. Mithin helfen Stundungs- oder Ratenvereinbarungen weiter. Diese sollten Sie sich aber schriftlich geben lassen, um im späteren Prozess die Zahlungsvereinbarung beweisen zu können.

II. Insolvenzverschleppung

Die Verantwortlichen einer insolventen GmbH, welche nicht innerhalb von 3 Wochen nach dem Eintritt der Überschuldung bzw. der Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen, machen sich strafbar. 

Die Verantwortlichen der GmbH sind der oder die (alle) Geschäftsführer. Geschäftsführer ist derjenige, welcher entweder formell als Geschäftsführer bestellt ist oder faktisch die Geschäfte führt. Eine typische Konstellation der faktischen Geschäftsführung ist der Strohmannfall. 

Beispielsweise wird die Ehefrau zur Geschäftsführerin bestellt und der Ehemann leitet und führt die Geschäfte mit einer Generalvollmacht. Die Ehefrau hingegen wird nur formell zur Unterschriftenleistung tätig.

Die Voraussetzungen der Zahlungsunfähigkeit sind jedenfalls dann gegeben, wenn ein wesentlicher Teil der Rechnungen nicht mehr bezahlt werden kann oder sogar die Zahlungen eingestellt werden. Die Überschuldung liegt dann vor, wenn das Vermögen der Firma die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt.

Also rechtzeitig den Insolvenzantrag stellen.

III. Bankrottdelikte

Strafbar macht sich auch derjenige, wer bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Geld oder Vermögen beiseite schafft („in Sicherheit bringen“) oder sonst in einer Weise handelt, welche den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung widersprechen (Risikogeschäfte, Verspielen, Verkauf von Waren unter Wert- Schleudergeschäfte) oder auch nur den Zugriff auf Vermögen durch Verschleierung der Verhältnisse erschwert.

Ebenso macht sich dann strafbar, wer seine Handelsbücher und Handelsbilanzen nicht ordnungsgemäß geführt hat bzw. die Handelsbilanz nicht bis zum Stichtag (beispielsweise zum 30. Juni des Folgejahres) ordnungsgemäß erstellt hat. 

Hiervon ist die Steuerbilanz zu unterscheiden. Zahlreich werden Firmen längere Fristen zur Abgabe der Steuerbilanz eingeräumt. Dieses Entgegenkommen der Finanzämter befreit jedoch nicht von der rechtzeitigen Abgabe der Handelsbilanz zum 30. Juni des Folgejahres.

Häufig wird in solchen Fällen argumentiert, dass kein Geld mehr für die Bezahlung des Steuerberaters/Wirtschaftsprüfers vorhanden war und deshalb der Pflicht nicht nachgekommen werden konnte. Diese Erklärung hilft jedoch meistens nicht weiter, meistens doch Geld vorhanden war, jedoch für andere Zwecke eingesetzt wurde.

Also rechtzeitig Geld aufheben, um diesen Pflichten nachkommen zu können. 

IV. Betrug

Im Rahmen der Insolvenz gibt es zahlreiche Ansatzpunkte für die Begehung eines Betruges.

Häufig wird Ware bestellt, obwohl klar ist, dass die Lieferung nicht bezahlt werden kann. Hier kann es helfen den Lieferanten alle wesentlichen Punkte der Zahlungsfähigkeit offen zu legen, denn dann wurde der Lieferant nicht getäuscht.

V. Steuerhinterziehung

Natürlich werden im Rahmen von Insolvenzen auch Steuerhinterziehungen begangen. Entweder werden Einnahmen nicht angegeben, um noch etwas Geld aus der Firma zu ziehen oder er werden gar keine Steuererklärungen abgegeben und mithin auch keine Steuern entrichtet. Hier kann nachträglich noch Straffreiheit erreicht werden, wenn rechtzeitig eine Selbstanzeige unter Erstattung der hinterzogenen Steuern pp. vorgenommen wird.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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