Update zum Blogartikel vom 30.01.15: Betriebsgefahr beim Motorrad - immer automatisch Teilschuld?

  • 3 Minuten Lesezeit

Aufhänger und Anlass für meinen Blogartikel war diese Frage, die mir in einer Facebook-Gruppe gestellt worden ist:

„Warum bekommt man vom Gericht 25 % Eigenbeteiligung am eigenen Schaden, wenn man 100 % unschuldig am Unfall ist? Begründung des Richters: Wenn ich aufs Motorrad steige habe ich ein „erhöhtes Betriebsrisiko“. Ist das an Gerichten überall so?“

Zur Veranschaulichung dieser Problematik hatte ich einen kleinen Beispielsfall gebildet. In meinem Beispielsfall sind die Fahrzeuge der Unfallbeteiligten ein Motorrad und ein Roller. Der Roller wollte nach links abbiegen; während des Überholvorgangs wird der Roller vom Motorrad links überholt; es kommt zur Kollision.

Nun, dieser Beispielsfall war nicht völlig fiktiv ausgedacht, sondern ich habe ihn nach einem aktuellen Fall, den ich derzeit bearbeite, gebildet.

Dieser aktuelle Fall ist dann vor Gericht gelandet und das Urteil liegt mir nun vor. Bevor ich aber zum Ergebnis komme, noch ein paar Details zum Fall:

Mein Mandant war mit einer Kawasaki Z 750 unterwegs, der Unfallgegner mit einem Mofa-Roller. Wir sprechen also von 100 PS auf der einen Seite und 5 PS auf der anderen. Wenn es nach der Einschätzung desjenigen geht, der mir diese Frage oben gestellt hat, dann wäre der Fall für meinen Mandanten ungünstig ausgegangen. Ist er aber nicht. Das Besondere an diesem Fall war, dass sowohl der Gegenanwalt als auch ich der Ansicht waren, dass der Fall mit einer 100:0-Quote zu regulieren sei; wir haben dann beide für unsere Mandanten bei der jeweiligen gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung den Schaden voll, also zu 100 %, geltend gemacht. Hier war sowohl der Unfallhergang hochstreitig als auch natürlich dann die Schuldfrage, was für die Haftungsverteilung entscheidend ist.

Da mein Mandant schwer verletzt worden ist, wollten wir zunächst noch den Heilungsverlauf abwarten, bevor wir klagen; der Unfallgegner ist uns dann mit seiner Klage, aus unserer Sicht ein sog. Passivprozess, zuvorgekommen. Er hat gegen meinen Mandanten und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung geklagt, also seinen Unfallschaden geltend gemacht. Im Prozess wurde dann vom Gericht ein unfallanalytisches Gutachten in Auftrag gegeben. Die technischen Details erspare ich Euch. Herausgekommen ist jedenfalls dann eine vollständige Klageabweisung, d.h. mein Mandant hat voll gewonnen.

Und sehr bemerkenswert ist hier dieser Satz in der Urteilsbegründung:

„Angesichts des Verschuldens des Klägers (des Fahrers des Mofa-Rollers) ist das Gericht der Auffassung, dass die Betriebsgefahr des Kraftrades (Kawa Z 750) hinter dem Verschulden des Klägers vollständig zurücktritt.“

Dieses Urteil dürft Ihr bei Bedarf gerne zitieren:

Urteil des Amtsgerichts Regensburg vom 16.06.15, Az.: 3 C 3053 / 14.

In diesem aktuellen Fall kann ich die Eingangsfrage aus der Facebook-Gruppe also ganz konkret beantworten: Nein, es ist nicht immer so. Es gibt nicht immer automatisch eine Teilschuld, nur weil ich ein PS-starkes Motorrad fahre.

Der Fall ist für meinen Mandanten übrigens noch nicht beendet. Unsere Gegenseite ist nun zu 100 % in die Regulierung eingestiegen, also was die Haftungsquote anbelangt. Wir sind uns nur bezüglich der Höhe des Schmerzensgeldes noch nicht einig. Mal schauen, ob das noch wird oder ob wir dann selbst auch noch klagen müssen ...

DLzG

RA Dominik Ruf

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