Verdachtskündigung - Recht des Arbeitnehmers auf Rechtsbeistand bei der Anhörung

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Das Arbeitsgericht Berlin  hat in einer neuen Entscheidung (Urteil v. 13.Februar 2009, 28 Ca 19212/08) die Auffassung vertreten, dass eine Verdachtskündigung unzulässig ist, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Hinzuziehung seines Rechtsbeistandes bei der Anhörung verweigert. Auch wenn diese Frage bislang nicht höchstrichterlich entschieden ist, folgt das Arbeitsgericht Berlin Tendenzen des Bundesarbeitsgerichts, dies ebenso zu sehen. 

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes kann der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis kündigen, wenn er den dringenden Verdacht einer Pflichtverletzung hat. In der Praxis handelt es sich zumeist um den Verdacht von Vermögensstraftaten wie Unterschlagung und Untreue.

An eine solche Verdachtskündigung sind strenge Anforderungen zu stellen. So muss der Verdacht so dringend sein, dass er mit es als nahezu sicher gelten kann, dass der Arbeitnehmer die Tat tatsächlich begangen hat (BAG, Urteil v. 13.03. 2008,  2 AZR 961/06; ähnlich zuletzt Hess. LAG, Urteil v. 17. Juni 2008, 4/12 Sa 523/07).

Darüber hinaus sind aber auch formale Wirksamkeitsvoraussetzungen zu beachten:

So hat der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts zu unternehmen. Hierzu gehört auf jeden Fall, dass dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist (BAG, Urteil v. 13.03. 2008,  2 AZR 961/06). Die sogenannte Anhörung des Arbeitnehmers ist nicht nur wichtigstes Instrument der Aufklärung, sondern absolutes Wirksamkeitskriterium der Verdachtskündigung. Eine ohne umfassende Anhörung des Arbeitnehmers durchgeführte Anhörung führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.  Eine ordnungsgemäße Anhörung muss sich auf einen greifbaren Sachverhalt beziehen, wobei dem  Arbeitnehmer die Gelegenheit gegeben werden muss, konkret vorgetragene Tatsachen zu bestreiten oder den Verdacht zu entkräften. Zudem darf der Kündigungsentschluss zum Zeitpunkt der Anhörung noch nicht endgültig gefasst sein.

In dem hier entschiedenen Fall hat ein Einzelhandelsunternehmen die betroffene Arbeitnehmerin der Unterschlagung verdächtigt. Vor Ausspruch der Kündigung wurde die Arbeitnehmerin zu einer Anhörung eingeladen, zu der sie ihren Anwalt hinzuziehen wollte. Dem Rechtsanwalt wurde die Teilnahme an dem Gespräch durch den Arbeitgeber verweigert. Schon diese Weigerung des Arbeitgebers kann die Anhörung unwirksam machen. Denn nur bei der Anhörung kann sich der Arbeitnehmer gegen die Vorwürfe wehren und Tatsachen zu seiner Entlastung vorbringen. Somit ist dem Arbeitnehmer die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes bei der Anhörung zuzugestehen.  

Für die Arbeitsrechtspraxis folgt für Arbeitnehmer, dass sie gut beraten sind, grundsätzlich nur mit Rechtsbeistand die Anhörung zu bestreiten, da hierdurch weitere formale Kriterien geschaffen werden. Für die Arbeitgeberpraxis führt dieses Urteil zu einer Steigerung der formalen Anforderungen und zu der Pflicht, den Arbeitnehmerbeistand zuzulassen. Damit geht zwangsläufig einher, dass die Anhörung auch inhaltlich weit besser vorbereitet werden muss, als dies bis dato oft üblich war.

 


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