Vereinbarte Sondertilgungen reduzieren die Vorfälligkeitsentschädigung

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Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass bei der Berechnung von Vorfälligkeitsentschädigungen vertragliche Sondertilgungen zu berücksichtigen sind (Urteil vom 19.1.2016, Az.: XI ZR 103/15).

Der Fall

Der Familienvater hat vor sechs Jahren eine Immobilie für 600.000 Euro gekauft und musste dafür 480.000 von der Bank als Darlehen aufnehmen. Der vereinbarte Zins beträgt 3,25 % und wurde fest bis 2020 vereinbart. Getilgt wird das Darlehen mit 1% jährlich. Die monatliche Belastung für Zins und Tilgung beträgt 1700 Euro und der Familienvater kann jährlich bis zu 5 % der Darlehenssumme zusätzlich tilgen. Nach einer Erbschaft 2014 hat der Familienvater einmalig 10.000 Euro extra getilgt. Nachdem die familiären Bande nicht gehalten haben sieht sich der Familienvater Unterhaltszahlungen der Frau und Kinder ausgesetzt und muss die Immobilie verkaufen. Der mit der Bank vereinbarte Kredit beläuft sich auf ca. 446.000 Euro und muss abgelöst werden. Die Bank verlangt dafür 76.000 Euro.

Das Problem

Die Bank vertritt die Ansicht, dass vertraglich mögliche, aber tatsächlich nicht geleistete Sondertilgungen bis zum Vertragende in 2020 bei der Berechnung der Ablösesumme nicht zu berücksichtigen sein. Der Familienvater meint, dass das Tilgungsrecht bei der Entschädigungsberechnung zu berücksichtigen ist.

Die Lösung

Der Bundesgerichtshof würde dem Familienvater Recht geben. Denn die Bank hätte sich die vereinbarte Sondertilgungsmöglichkeit bereits mit einem höheren Zins bezahlen lassen. Eine nochmalige Bezahlung durch den Familienvater in Form einer erhöhten Ablöseberechnung führe zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Bank. Die Bank muss deshalb für die verbleibenden 5 Jahre bis 2020 fünf Sondertilgungen von jeweils 24.000 Euro berücksichtigen. Das reduziert die Restschuld auf 326.000 Euro und damit auch die Ablösesumme.

Fazit

Schon bei Abschluss des Darlehensvertrages sollte eine erhöhte Sondertilgung vereinbart werden, auch wenn diese auf den ersten Blick nicht zu leisten ist. Denn dadurch reduziert sich die Ablösesumme. Allerdings sollten die Mehrkosten für die erhöhte Sondertilgung (0,1 – 0,2 Prozentpunkte) im Blick behalten werden. Für bereits abgeschlossene Fälle besteht die Möglichkeit, zu viel bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückzuverlangen.

von Rechtsanwalt Thomas Stein, Jucknischke & Stein, Jena


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