Verfahrenskostenvorschuss bei Scheidung – Scheidungskosten als Unterhalt?

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Für eine Scheidung entstehen schnell hohe Kosten (Gerichts- und Rechtsanwaltskosten), die von demjenigen Ehegatten zu tragen sind, der den Antrag auf Scheidung stellt. Zwar besteht auch im Scheidungsverfahren die Möglichkeit, Verfahrenskostenhilfe zu beantragen, wenn das Verfahren nicht aus eigenen Mitteln finanziert werden kann. Hierdurch wird sichergestellt, dass alle Bürgerinnen und Bürger einen Zugang zum Recht haben - unabhängig von Vermögen und Einkommen. Allerdings wird Verfahrenskostenhilfe nur dann gewährt, wenn der andere Ehegatte die Kosten nicht übernehmen kann – sogenannter Verfahrenskostenhilfevorschuss (VKV).

Stellt ein geringverdienender Ehegatte einen Verfahrenskostenhilfeantrag, kann das Gericht diesen mit der Begründung zurückweisen, dass der andere Ehegatte über ausreichend finanzielle Mittel verfügt und ihm gegenüber ein Anspruch auf Leistung von Verfahrenskostenvorschuss bestünde. Die Verweisung begründen Gerichte damit, dass zum einsetzbaren Vermögen im Sinne von § 115 Abs. 3 ZPO auch ein realisierbarer Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss gegen den anderen Ehegatten gem. § 1360 a Abs. 4 BGB

1. Wann steht ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss zu?

Nach der Vorschrift des § 1360 a Abs.4 BGB gehören ausdrücklich die Kosten eines Rechtsstreits, der eine persönliche Angelegenheit betrifft. Diesen Anspruch bezeichnet man als Verfahrenskostenvorschuss (VKV). Dieser Unterhaltsanspruch gilt für zusammenlebende Ehegatten ebenso wie für getrenntlebende, jedoch nicht für geschiedene Ehegatten. Hierzu führt die Vorschrift des § 1360 a Abs. 4 BGB wie folgt aus:

„Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Das Gleiche gilt für die Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das gegen einen Ehegatten gerichtet ist.“

Für einen Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss müssen diese Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Bedürftigkeit bzw. nicht ausreichende eigene finanzielle Mittel für die Finanzierung
  • Billigkeit des Verfahrens
  • Leistungsfähigkeit des anderen Ehegatten

Kein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss besteht, wenn die Ehegatten geschieden sind. Nach rechtskräftiger Scheidung ist bei nachträglichen Ansprüchen auf Zugewinnausgleich oder nachehelichen Ehegattenunterhalt die Unterhaltspflicht Ex-Ehepartners erloschen (Bundesgerichtshof Az. XII ZB 254/16).

Ein Gerichtsverfahren oder -prozess ist nur dann vorschussfähig, wenn Aussichten auf Erfolg besteht und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig ist. Das ist in der Regel in einem einfachen Scheidungsverfahren der Fall. Soll im selben Verbund aber zugleich über das alleinige Sorgerecht für ein gemeinsames Kind gestritten werden, ohne dass es dafür objektiv eine Rechtsgrundlage gibt, so kann die Unterstützung für diesen Teil des Verfahrens versagt werden.

Die Leistungsfähigkeit des anderen Ehegatten bemisst sich danach, dass sein notwendiger Selbstbehalt gewahrt bleibt. Finanzielle Verpflichtungen mit ehebedingten Charakter wie z.B. Unterhaltszahlungen für Kind(er) sind zu berücksichtigen. Auch wenn der Ehegatte den Verfahrenskostenvorschuss nur ratenweise zur Verfügung stellt, kann der bedürftige Ehepartner staatliche Verfahrenskostenhilfe ebenfalls mit einer Verpflichtung zur Ratenzahlung erhalten (BGH FamRZ 2004, 1633).

2. Wenn der Ehepartner Verfahrenskostenvorschuss als Darlehen gewährt?

Gewährt der Ehepartner den Verfahrenskostenvorschuss als rückzahlbares Darlehen, so sollte er darauf verwiesen werden, dass der Verfahrenskostenvorschuss auf der Unterhaltspflicht aus § 1360 a Abs.4 BGB beruht und gerade kein Darlehen darstellt. Ein Darlehensangebot des Ehepartners erfüllt also nicht den Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss (OLG Frankfurt MDR 2014, 230).

3. Kann Verfahrenskostenvorschuss zurückgefordert werden?

Der Verfahrenskostenvorschuss ist wie jede andere Unterhaltszahlung zunächst nicht rückzahlbar. Eine Rückforderung ist aber dann denkbar, wenn sich die Einkommenssituation des berechtigten Ehegatten erheblich verbessert hat oder die Leistungsfähigkeit des pflichtigen Ehegatten zu hoch bemessen wurde.

4. Wie ist der Anspruch auf Verfahrenskosten­vorschuss geltend zu machen?

Derjenige der bedürftig ist und Geld als Verfahrenskostenvorschusses einfordert, muss darlegen und beweisen, dass bei dem anderen Ehepartner Leistungsfähigkeit vorliegt. Dies lässt sich bestenfalls anhand von Lohn- oder Gehaltsabrechnungen nachweisen. Andernfalls muss der Ehegatte zur Auskunftserteilung über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gegebenenfalls mit gerichtlicher Hilfe verpflichtet werden.

Bestreitet der Ehepartner seine Verpflichtung, muss beim örtlich zuständigen Familiengericht geklagt werden. Hier besteht auch die Möglichkeit, den Anspruch durch einstweilige Anordnung geltend zu machen. Das Familiengericht entscheidet in einem einstweiligen Anordnungsverfahren relativ kurzfristig. Bei Bewilligung des Anspruchs auf Verfahrenskostenvorschuss durch das Gericht kann der Scheidungsantrag beim Familiengericht eingereicht werden.  

5. Unser Fall beim Familiengericht Hannover

Unsere Kanzlei hat vor dem Familiengericht Hannover erfolgreich einen Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss für unsere Mandantin durchgesetzt. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens mit gleichzeitigem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe wurde unsere Mandantin auf den möglichen Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss verwiesen. Den Ehemann haben wird sodann zunächst außergerichtlich auf Zahlung von Verfahrenskostenvorschuss aufgefordert und sodann im Wege eines einstweiligen Anordnungsverfahrens erfolgreich in Anspruch genommen. Die geltend gemachten Verfahrenskosten, d.h. Rechtsanwalts- und Gerichtskosten, hat der Ehemann unserer Mandantin zum Ausgleich gebracht und den Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss anerkannt. Das Scheidungsverfahren kann nun fortgesetzt werden.    

5. Fazit

Möchten auch Sie sich scheiden lassen und sind sich hinsichtlich der Finanzierung des Scheidungsverfahrens und insbesondere Ihres möglichen Anspruchs auf einen Verfahrenskostenvorschuss nicht sicher, so wenden Sie sich en einen Rechtsanwalt, bestenfalls an einen Fachanwalt für Familienrecht.

 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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