Verkehrsunfall: Vollkaskoversicherung oder Unfallgegner in Anspruch nehmen?

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Nehmen Sie nach einem Verkehrsunfall Ihre Vollkaskoversicherung in Anspruch, müssen Sie die Selbstbeteiligung tragen. Außerdem erhöht sich in der Regel Ihre Versicherungsprämie. Es liegt deshalb auf den ersten Blick nahe, sich an den Unfallgegner zu halten. Das Problem: Trifft Sie eine Mithaftung am Unfall, bleiben Sie auf einem Teil Ihrer Schadenspositionen sitzen. In diesem Beitrag erläutert Rechtsanwalt Maik Bunzel, welche Vorgehensweise sich anbietet.

Um beurteilen zu können, ob die Inanspruchnahme Ihrer Vollkaskoversicherung letztlich nicht doch günstiger ist, müssen Sie Folgendes wissen: Normalerweise gehen Ihre Ansprüche gegen einen Dritten auf Ihre Versicherung über, wenn Sie Versicherungsleistungen erhalten haben, um Schädigungen dieses Dritten auszugleichen. Das hieße: Die Ansprüche gegen den Unfallgegner und seine Haftpflichtversicherung gingen auf Ihre Vollkaskoversicherung über, wenn Sie Ihr Fahrzeug auf Kosten Ihrer Vollkaskoversicherung reparieren ließen. Hiervon besteht nun eine wichtige Ausnahme: Sie haben ein sogenanntes Quotenvorrecht für alle Schadenspositionen, die mit der Reparatur Ihres Fahrzeugs unmittelbar im Zusammenhang stehen:

  • Selbstbeteiligung
  • Wertminderung
  • Abschleppkosten
  • Sachverständigenkosten

Nicht unter das Quotenvorrecht fallen hingegen:

  • Mietwagenkosten
  • Nutzungsausfallentschädigung
  • Rückstufungsschaden
  • Verdienstausfall
  • Haushaltsführungsschaden
  • Arztkosten
  • Schmerzensgeld
  • Auslagenpauschale

Ansprüche hinsichtlich quotenbevorrechtigter Positionen gehen nicht auf Ihre Vollkaskoversicherung über, solange Ihnen noch ein Schaden verbleibt. Das heißt: Innerhalb der Haftungsquote können Sie diese Ansprüche ungekürzt gegenüber dem Unfallgegner und seiner Haftpflichtversicherung geltend machen, obwohl Sie Ihre Vollkaskoversicherung in Anspruch genommen haben. Im Ergebnis bekommen Sie dadurch mehr, als Ihnen nach der Haftungsquote zusteht. Den verbleibenden Schaden trägt Ihre Vollkaskoversicherung – was sachgerecht ist, denn die hätte auch zahlen müssen, wenn Sie zum Beispiel gegen einen Baum gefahren wären und deshalb überhaupt keine Ersatzansprüche gegen Dritte hätten.

Um zu ermitteln, welchen Betrag Sie vom Unfallgegner und seiner Haftpflichtversicherung ersetzt verlangen können, addieren Sie zunächst alle Schadenspositionen und bilden Sie die Haftungsquote. Danach addieren Sie alle ungekürzten quotenbevorrechtigten Positionen und alle entsprechend der Haftungsquote gekürzten nicht quotenbevorrechtigten Positionen. Soweit der zweite Betrag den ersten nicht übersteigt, steht Ihnen Ersatz zu.

Beachten Sie aber: Besteht Streit über die Mithaftung der Unfallbeteiligten und/oder über die Höhe des Schadens, könnten Sie später in Beweisnot geraten, wenn Sie Ihr Fahrzeug vorschnell auf Kosten Ihrer Vollkaskoversicherung reparieren lassen! In jedem Fall sollte ein Sachverständiger den Schaden dokumentieren. Kann der Unfallhergang ohne nähere Untersuchung der beteiligten Fahrzeuge nicht rekonstruiert werden – etwa, weil es weder Zeugen noch Spuren auf der Fahrbahn gab –, sollte vor der Reparatur ein selbstständiges Beweisverfahren bei Gericht durchgeführt werden.

Rechtsanwalt Maik Bunzel, Cottbus



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