Verluste im CFD Handel - Anerkennung und Vollstreckbarkeit in EU-Mitgliedsstaaten

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Die sog. WiseBanc agiert ohne im Besitz der erforderlichen Erlaubnisse zu sein als sog. Online-Broker, welcher unter diesem Namen unter Einsatz von telefonisch tätigen Vermittlern im Internet den Handel mit Derivaten wie CFD (Contracts for Difference) an als Wertpapiergeschäfte anpreisen lies.

Unser Mandant, der auf der Suche nach einer seriösen Bank war, bei der er Aktienkäufe mit Blick auf seine Altersvorsorge tätigen kann, unterlag den insoweit falschen Versprechungen des Telefonverkäufers und investierte hohe Geldbeträge in die vermeintlich gewinnträchtigen Handelsgeschäfte und genoss einen sehr persönlichen Service, bis weitere Gelder nicht mehr für weitere Handelsgeschäfte zur Verfügung gestellt wurden.

Was unser Mandant und voraussichtlich eine hohe Anzahl weitere Verbraucher in Deutschland nicht wissen, ist dass es sich bei den getätigten Handelsgeschäften, um sog. CFD-Geschäfte handelt, die tatsächlich „außerhalb einer Börse“ (sog. OTC-Geschäfte) ohne stattlich kontrollierten Handel und Preisbildung ausschließlich Wettgeschäfte auf Kursverläufe sind, die von der Bonität des sog. Market Makers abhängen. Also hochriskante Handelsgeschäfte, die einem Totalverlustrisiko zu Lasten des Trades, also des Kunden der Handelsplattform besitzen.

Zwar hat die BaFin aufgrund einer europäischen Richtlinie die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von CFD an Kleinanleger in der Europäischen Union durch die Allgemeinverfügung vom 23.07.2019 eingeschränkt, doch ist nach wie vor festzustellen, dass sich gerade ausländische Online-Handelsplattformen an diese Vorgaben nicht halten und dadurch eine Vielzahl von deutschen Anlegern in den wirtschaftlichen Ruin treiben.

Die Rechtsverfolgung ist zielgerichtet auch über die Grenzen ermöglicht:  

Wie in anderen Fällen meiner Kanzlei konnten wir bereits vielfach Urteile oder gerichtliche Vergleiche gegen Betreibergesellschaften von Online-Brokern auch mit Sitz im Ausland erstritten werden.  

Auch in diesem Fall war eine gerichtliche Geltendmachung notwendig, da auf außergerichtliche Anspruchschreiben leider nicht reagiert und nicht wie in anderen Fällen ein außergerichtlicher Vergleich für den Mandaten im Fall anderer Handelsplattformen abgeschlossen werden konnte.

In Anspruch zu nehmen war vorliegend die Betreibergesellschaft der WiseBanc namens Orion Service EOOD mit Sitz in Sofia (Bulgarien). Anspruchsgrundlage war der substantiierte Vorwurf einer  sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung nach § 826 BGB.

Am 18.07.2022 erließ das Landgericht München I im vorliegenden Fall schließlich ein Versäumnisurteil gegen die Betreibergesellschaft der WiseBanc und folgte dabei der Auffassung, dass das tatsächliche Vorbringen den deliktsrechtliche begründeten Klageantrag stützt und sich jedenfalls ein Anspruch aus § 826 BGB ergibt. Dies, da die Betreibergesellschaft der WiseBanc den Kläger bewusst und planmäßig geschädigt hat, um sich selbst als „Wettpartner“ der außerbörslichen Handelsgeschäfte in Höhe der eingezahlten Beträge zu bereichern.

Anerkennung und Vollstreckbarkeit am Beispiel Bulgarien

Vielfach stellt sich die Frage, inwiefern in Deutschland erstrittene Gerichtsurteile im außereuropäischen und europäischen Ausland anerkannt und vollstreckt werden können. So ist die Besorgnis der Geschädigten groß, einen zeitraubenden, aufwendigen und kostenintensiven Prozess zu führen, ggf. ein deutsches Urteil zu erstreiten, welches dann allerdings gegen Unternehmen im Ausland nicht vollstreckt werden kann.

So können deutsche Urteile wie vorliegend das Versäumnisurteil in EU-Mitgliedsstaaten nach der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung Nr. 1215/2012 (EuGVVO) vollstreckt werden, ohne dass es hierfür ein besonderes Verfahren bedarf. Dem Vollstreckungsschuldner wie hier in Bulgarien bleibt dann nur die Möglichkeit, beim zuständigen bulgarischen Gericht gem. Art. 46 EuGVVO die Versagung der Vollstreckung aus verschiedenen Gründen, wie etwa bei fehlender Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks zu beantragen.

Alternativ kann man das Versäumnisurteil sowie der Kostenfestsetzungsbeschluss von einem deutschen Gericht jeweils als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen entsprechend der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung Nr. 805/2004 (EuTVO) bestätigen lassen, der in den anderen Mitgliedsstaatenunmittelbar vollstreckt werden kann. In diesem Fall bedarf es nach dem bulgarischen Zwangsvollstreckungsrecht allerdings noch der Ausstellung eines Vollstreckungsblatts. Der Gerichtstitel kann folglich nicht direkt dem bulgarischen Gerichtsvollzieher vorgelegt und vollstreckt werden.

Gegen die Verantwortlichen der Wise Banc ist ein Ermittlungsverfahren anhängig, was darauf schließen lässt, das planmäßig betrogen wurde. Ob ein Vollstreckungserfolg im vorliegenden Fall erzielt werden kann, bleibt spannend. 

Meine Kanzlei und ich arbeiten seit Jahren spezialisiert auf dem Bereich des Bank- und Kapitalmarktrechts mit Kanzleien und Rechtsanwälten mit Sitz im Ausland sowie einem Börsenspezialisten zur Erstellung privater Gutachten zusammen.


Sollten auch Sie sich in einer ähnlichen Lage befinden und wirtschaftliche Verluste beim Handel von Derivatgeschäften erlitten haben, so übermitteln Sie uns gerne via Mail an die info@kanzlei-haas.de oder über anwalt.de Ihre Unterlagen und schildern, wie der Handel verlaufen ist. 


Wir erstellen Ihnen gerne im Rahmen einer kostenfreien Ersteinschätzung ein Angebot für Ihre rechtliche Interessenvertretung und stehen Ihnen auch, falls dies gewünscht ist, im Rahmen einer Erstberatung (249,90 €) telefonisch oder bei einem persönlichen Besprechungstermin mit Rat und Tat zur Seite.

Rechtsverfolgung durch gerichtliche Geltendmachung bleibt manchmal das einzige Mittel. Auch wenn ggf. nur zur Titelsicherung bietet sich betrogenen Verbrauchern rechtlich kein anderer Weg. 

Foto(s): Martin Haas

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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