Vermietung in der ungeteilten Erbengemeinschaft

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Automatische Fortsetzung des Mietverhältnisses

Eine vom Erblasser zu Lebzeiten vermietete Wohnung wird mit dem Erbfall Sondervermögen der Erbengemeinschaft. Die Miterben sind Eigentümer der Immobilie in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit (gemeinschaftliches Vermögen) und treten gemeinschaftlich in das Mietverhältnis ein. Der Mietvertrag wird mit ihnen automatisch und unverändert fortgesetzt. Es ist ohne Belang, ob es sich bei den Miterben um die gesetzlichen Erben (§ 1922 BGB) oder um die testamentarisch oder den durch Erbvertrag eingesetzten Erben handelt. Eine Umschreibung des Grundbuchs auf die Erben als neuen Eigentümer des Hauses ist nicht notwendig.

Darf die Erbengemeinschaft Mietverträge abschließen?

Die Miterben können vor Auflösung der Erbengemeinschaft neue Mietverhältnisse eingehen. Bei der ungeteilten Erbengemeinschaft unterliegt die Mietwohnung der Nachlassverwaltung. Obwohl das Gesetz selbst nicht sagt, was unter „Verwaltung des Nachlasses“ (§ 2038 Abs. 1 BGB) zu verstehen ist, werden darunter alle Handlungen verstanden, die von den Miterben mit Wirkung für den Nachlass zu dessen Erhaltung, Nutzung oder Mehrung vorgenommen werden. Hierunter fällt auch die Eingehung von Mietverhältnissen.

Müssen alle Miterben zustimmen?

Der Abschluss eines Mietvertrages kann als Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung von den Miterben mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden. Die Stimmen der Miterben berechnen sich nach der Größe der Erbteile – also nicht nach der Anzahl der Köpfe. Jeder Miterbe ist den anderen Miterben gegenüber verpflichtet, zu den erforderlichen Maßregeln der ordnungsgemäßen Verwaltung mitzuwirken. Daraus kann sich die Verpflichtung ergeben, einer Vermietung zuzustimmen.

Die fehlende Zustimmung von Erben, die sich grundlos weigern, kann mit einer Klage gerichtlich erzwungen werden. Nur ein Gericht kann seine Zustimmung durch Urteil ersetzen (§ 894 ZPO). Dies ist dann von Bedeutung, wenn die erforderliche Stimmenmehrheit durch eine Blockade einzelner Miterben nicht erricht wird. Diese Situation ist in der Praxis sehr unbefriedigend, weil kaum ein Mieter den Ausgang eines langen Rechtsstreits zwischen dem Miterben abwarten wird. Im Einzelfall ist daher zu prüfen, ob es nicht sinnvoll ist, das Mietverhältnis mit den willigen Miterben einzugehen und den oder die sich grundlos weigernden Miterben auf nachträgliche Genehmigung in Anspruch zu nehmen. Dies ist aber nicht ohne Risiko und sollte im Einzelfall gut überlegt werden.

Was gilt bei der Kündigung eines Mietverhältnisses durch die Erbengemeinschaft?

Bei der Kündigung eines Mietverhältnisses handelt es sich juristisch um eine Verfügung über einen Nachlassgegenstand (§ 2040 Abs. 1 BGB). Diese bedarf eigentlich das Zusammenwirken aller Miterben. Es müssten also alle Miterben die Kündigung des Mietvertrages unterschreiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann jedoch die Kündigung eines Mietverhältnisses als eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung von dem Miterben nicht nur mehrheitlich beschlossen, sondern auch ausgesprochen werden (BGH NJW 2013, 166 mwN). Diese Rechtslage ist in der Fachwelt umstritten.

Kann von dem Miterben, der seine Zustimmung verweigert, Schadensersatz verlangt werden?

Ein Miterbe, der seiner gesetzlichen Mitwirkungspflicht zur gemeinschaftlichen Verwaltung des Nachlasses nicht nachkommt, z. B. weil er willkürlich und ohne triftigen Grund den Abschluss oder die erforderliche Kündigung eines Mietverhältnisses blockiert, macht sich gegenüber den Miterben schadensersatzpflichtig und beeinträchtigt dadurch wirtschaftlich seine eigene Rechtsposition bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft.

Mein Tipp

Alle Miterben sollten – jenseits aller persönlichen oder rechtlichen Differenzen – bei der Eingehung und Kündigung von Mietverhältnissen einheitlich, d. h. gemeinschaftlich handeln. Der wirtschaftliche Schaden bei einer fehlenden Mitwirkung ist für alle Beteiligten, insbesondere aber für den sich weigernden Miterben, unabsehbar. Gelingt dies zunächst nicht, müssten außergerichtliche Wege im Rahmen der Schadenminderungspflicht gefunden werden. Heilsam könnte es sein, dem schädigenden Miterben den möglichen Mietausfall (monatlich oder sogar jährlich steigend) vorzurechnen. Der Prozess gegen einen Miterben sollte immer das letzte Mittel sein.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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