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Verwertung von Filmaufnahmen einer "Dashcam" im Strafprozess erlaubt?

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Immer häufiger werden von Privatleuten in ihren Autos Videokameras eingesetzt, die automatisch ab Beginn der Fahrt das Verkehrsgeschehen vor einem selbst aufzeichnen (sog. Dashcams). In der Regel läuft die Aufzeichnung permanent und kann nicht erst bei einer Gefahrensituation manuell eingeschaltet werden.

Unter Juristen ist es heftig umstritten, ob solche Filmaufnahmen, die von Polizei und Staatsanwaltschaft gerne als Beweismittel vom Anzeigeerstatter entgegengenommen werden, im Strafprozess, z. B. wegen Nötigung, verwendet werden dürfen oder nicht.

Interessanterweise gibt es bislang nur eine bekannte Gerichtentscheidung des Amtsgerichts Nienburg vom 20.01.2015, welches sich für die Verwertung der dortigen Aufnahmen ausgesprochen hat.

Der Verfasser dieses Artikels vertritt aus gutem Grund die gegenteilige Auffassung, dass solche Filmaufnahmen unter bestimmten Voraussetzungen, wie es auch kürzlich bei einem Mandat der Fall war, einem sog. Beweiserhebungsverbot und auch einem sog. Beweisverwertungsverbot unterliegen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2007 entschieden, dass die geplante Videoüberwachung eines Kunstwerkes im öffentlichen Raum verfassungswidrig ist, da dies in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des dortigen Beschwerdeführers in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Art. 2 Grundgesetz (GG), eingreifen würde.

Auch der Bundesgerichtshof hatte bereits zuvor im Jahr 1995 entschieden, dass eine permanente verdachtslose Überwachung des Zugangs zu einem Wohnhaus das Persönlichkeitsrecht der darin wohnenden Personen verletzt.

Kürzlich hat in einem aufsehenerregenden Verfahren das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach (ca. 30 km entfernt von der Kanzlei des Verfassers) durch Urteil vom 12.08.2014 die Rechtsauffassung des Bayer. Landesamts für Datenschutzaufsicht dahingehend bestätigt, dass während der Autofahrt permanente Aufnahmen des vor dem Fahrer befahrenen öffentlichen Bereichs mittels einer eingebauten „On-Board-Kamera“ rechtswidrig sind, da die Verwendung einer solchen Kamera einen schwerwiegenden Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften gem. § 6b) Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) darstellt.

Für den Bereich anderer Rechtsgebiete, z. B. dem Zivilrecht, haben verschiedene deutsche Gerichte bereits ebenfalls die Verwertung solcher Aufnahmen abgelehnt, z. B. bei Schadensersatzprozessen zur Regulierung von Unfallschäden. Das Landgericht Heilbronn hat durch ein Urteil im Februar 2015 die Berufung der dortigen Klägerin gegen ein zivilrechtliches Urteil der I. Instanz zurückgewiesen, da das Amtsgericht zu Recht eine Verwertung des Kameramaterials als Beweismittel nicht zugelassen habe, indem Videoaufzeichnungen, die ohne Kenntnis des Betroffenen angefertigt wurden, diesen in seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verletzen. Darüber hinaus hat das Gericht ebenfalls zutreffend festgestellt, dass die permanente, anlasslose Überwachung des Straßenverkehrs durch eine im Pkw installierte „Dashcam“ zudem gegen § 6b) Abs. 1 Nr. 3 BDSG und § 22 Satz 1 KunstUrhG verstößt.

Diese Rechtsauffassung wurde durch einen Beschluss des Amtsgerichts München von August 2014 geteilt, mit welchem die dortigen Parteien durch das Gericht darauf hingewiesen wurden, dass die Fotoaufnahmen, die durch Verwendung im klägerischen Fahrzeug installierten Autokamera („Car-Cam“ bzw. „Dash-Cam“) gewonnen wurden, nicht als Beweismittel verwertbar sind.

Sollten Sie sich einem Strafverfahren wegen einer angeblichen Verfehlung im Straßenverkehr gegenüber sehen, in welchem solche Filmaufnahmen vorhanden sind, empfehle ich Ihnen deshalb dringend, anwaltlichen Rat aufzusuchen!


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