Vorsicht bei der Stellenausschreibung

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Seit 2006 gilt das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Dieses verbietet u. a. Diskriminierungen bei der Stellenausschreibung. Regelmäßig ergehen Entscheidungen der Gerichte zur Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von bestimmten Formulierungen. Dieser Rechtstipp hat nicht den Anspruch, die mittlerweile sehr umfangreiche Rechtsprechung zum AGG aufzuarbeiten. Es soll vielmehr ein „Gefühl“ für problematische Formulierungen vermittelt werden.

Unzulässig sind Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Es gilt bereits, den Anschein einer Ungleichbehandlung zu vermeiden. Denn wenn dieser Anschein entstanden ist, dann ist es Sache des ausschreibenden Unternehmens zu beweisen, dass die Ungleichbehandlung nicht auf dem verbotenen Kriterium beruht. Dieser Beweis dürfte nur sehr schwierig zu führen sein. 

Benachteiligung wegen des Geschlechts 

Die Benachteiligung wegen des Geschlechts war bereits vor Inkrafttreten des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes unzulässig. Trotzdem erfolgen immer wieder Stellenausschreibungen unter Verstoß gegen das Verbot. 

Grundsätzlich muss eine Stelle geschlechtsneutral ausgeschrieben werden, zum Beispiel durch die Nennung der weiblichen und männlichen Form („Verkäuferin/Verkäufer“), durch Hinzufügen der weiblichen Endung („Verkäufer/-in“) oder durch den Zusatz „(m/w)“.

Auch beim Anforderungsprofil ist höchste Aufmerksamkeit geboten. Die Suche nach einer „Vollzeitkraft“ oder die Anforderung der „schweren körperlichen Belastbarkeit“ kann ebenfalls den Anschein der Benachteiligung von Frauen erwecken.

Soll nicht geschlechtsneutral ausgeschrieben werden, weil die Stelle vermeintlich nur mit Frauen oder nur mit Männern besetzt werden kann, dann empfehlen wir vorher rechtskundigen Rat einzuholen. Beispiele für die Zulässigkeit einer nicht geschlechtsneutralen Stellenausschreibung können sein: Leiterin eines Mädcheninternats, die Besetzung weiblicher oder männlicher Theater- oder Filmrollen oder die Besetzung von entsprechend hohen oder niedrigen Singstimmen in einem Chor. 

Diskriminierung wegen des Alters 

Die Anknüpfung an das Lebensalter ist ebenfalls unzulässig, insbesondere die Festlegung eines Mindest- oder Höchstalters. 

Als unzulässige Diskriminierung wegen des Alters wurde auch die Suche nach Beschäftigten „frisch gebacken aus der Ausbildung“ für ein „junges dynamisches Team“ oder nach einem/einer „Berufsanfänger-/in“ beurteilt. 

Weiterhin darf aber nach Beschäftigten mit Berufserfahrung gesucht werden. 

Diskriminierung wegen der Rasse oder der ethnischen Herkunft

Neben offensichtlich diskriminierenden Ausschreibungen (z. B. keine Ausländer) lohnt sich auch bei vermeintlich unproblematischen Formulierungen ein fachkundiger Blick. Die Suche nach „muttersprachlich deutschen“ Beschäftigten wurde bereits als unzulässig bewertet. Hier sollte neutral nach guten oder sehr guten Deutschkenntnissen gefragt werden, da die Sprachkenntnisse nicht nur von der Muttersprache abhängen. Zudem muss ein konkreter Bezug zur Stelle vorliegen. 

Benachteiligung wegen der Religion oder Weltanschauung

Heikel ist auch die Statuierung von Anforderungen im religiösen Bereich. Ein „Kopftuchverbot“ ist z. B. nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. 

Erlaubt ist eine unterschiedliche Behandlung aufgrund der Religion oder Weltanschauung, wenn sie durch die entsprechenden Religionsgemeinschaften im Hinblick auf ihr Selbstverständnis erfolgt. So kann die Einstellung eines evangelischen Pfarrers natürlich von der Zugehörigkeit zur Evangelischen Kirche abhängig gemacht werden. Auch kirchliche Träger eines Krankenhauses können das entsprechende Bekenntnis fordern. 

Weiteres Bewerbungsverfahren

Die vorgenannten Grundsätze gelten v. a. für die Stellenausschreibung, da diese üblicherweise einer Vielzahl von Personen zur Kenntnis gelangt und schriftliche Äußerungen kaum zu revidieren sind. Die Grundsätze sind auch im weiteren Bewerbungsverfahren und v. a. für das Ablehnungsschreiben gültig. Es empfiehlt sich die Formulierung: „Wir haben uns für einen anderen Bewerber/Bewerberin entschieden“.

Rechtsfolge 

Bei Verstößen drohen Schadensersatzansprüche und insbesondere eine angemessene Entschädigung in Geld (umgangssprachlich „Schmerzensgeld“) in Höhe von bis zu drei Bruttomonatsgehältern. Kann der Bewerber oder die Bewerberin nachweisen, dass er oder sie ohne die Benachteiligung eingestellt worden wäre, dann gilt keine Obergrenze. 

Abwendung der Entschädigungspflicht 

Für die außergerichtliche Geltendmachung der Ansprüche aus dem AGG gilt eine Frist von zwei Monaten ab Kenntnis von der Benachteiligung oder von der Ablehnung. Nach der schriftlichen Geltendmachung muss innerhalb von drei weiteren Monaten Klage zum Arbeitsgericht erhoben werden. Geschieht dies nicht, dann kann der Anspruch nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden.

Außerdem setzen die Ansprüche eine gewisse Ernsthaftigkeit der Bewerbung voraus. Eine Bewerbung alleine mit dem Ziel der Geltendmachung von Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen (sogenanntes „AGG-Hopping“) führt nicht zum Erfolg.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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