Vorsicht vor unbedachtem Erbverzicht im Erbauseinandersetzungsvertrag

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Auch in notariellen Urkunden ist Vorsicht geboten bei der Wahl der Formulierungen. Die Erklärung, man sei aufgrund einer Zahlung „ein für alle Mal abgefunden“, kann als weitreichender Erbverzicht angesehen werden, auch wenn davon in einer entsprechenden notariellen Urkunde sonst nicht ausdrücklich die Rede ist.

Die Tochter des verstorbenen Vaters hatte in einem notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag für dessen Nachlass erklärt, dass sie gegen Zahlung eines Betrags von 100.000 DM ihren Erbanteil an den Bruder abtrete und sie „unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden sei.“ Nach dem Tod der ebenfalls am Erbauseinandersetzungsvertrag beteiligten Mutter kam es zum Streit darüber, ob mit dieser Abfindungserklärung auch ein zukünftiger Erbverzicht gegenüber der damals noch lebenden Mutter im Sinne von § 2346 BGB vereinbart worden sei.

Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass es nicht auf die Wortwahl in der notariellen Vereinbarung und die fehlende Erwähnung eines Erbverzichts ankomme, sondern auf den Willen der Vertragsschließenden, der aus dem Inhalt des Vertrags ermittelt werden müsse. Deshalb sei gerade die laienhafte Formulierungsweise ein Hinweis darauf, dass die Tochter auch hinsichtlich des Nachlasses der seinerzeit noch lebenden Mutter einen Verzicht erklären wollte.

Wer einen Notarvertrag unterschreibt, kann sich nicht darauf berufen, dass nur das geregelt wird, was bei erster Betrachtung Gegenstand der Vereinbarungen („Erbauseinandersetzung“) ist. Vielmehr kann es Details in Nebenabreden („Erbverzicht“) geben, die eine eigene weitreichende Bedeutung haben. Im Notartermin selbst hat man mitunter auch nicht die Zeit, Details zu besprechen, die zwar nebensächlich, aber von großer Bedeutung in der Zukunft sind.

Immer wieder kann deshalb eine anwaltliche Beratung vor dem Aufsuchen eines Notars oder auch die Überprüfung eines vorhandenen Notarentwurfs durch einen Anwalt vor unerwünschten Risiken und Nebenwirkungen einer erbrechtlichen Vereinbarung bewahren.

(OLG Hamm, Beschluss v. 22.7.2014, I – 15 W 92/14)


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