Vorsorge ist wichtig! Generalvollmacht und/oder Patientenverfügung ?

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In einer Welt voller Unsicherheiten ist es von immenser Wichtigkeit, Vorkehrungen für Situationen zu treffen, in denen wir selbst nicht mehr in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen. Hier kommen die Generalvollmacht und die Patientenverfügung ins Spiel – zwei rechtliche Instrumente, die jedem Einzelnen die Möglichkeit geben, seine Angelegenheiten gemäß den eigenen Wünschen und Vorstellungen zu regeln.


Was ist eine Generalvollmacht?
Eine Generalvollmacht ist ein rechtliches Dokument, durch das eine Person - der Vollmachtgeber - einer anderen Person - dem Bevollmächtigten - die Befugnis erteilt, in ihrem Namen Entscheidungen zu treffen und Rechtsgeschäfte auszuführen. Diese Vollmacht umfasst typischerweise eine breite Palette von Aufgaben und kann die Verwaltung von Finanzen, Immobilien, rechtlichen Angelegenheiten und sogar persönlichen Entscheidungen einschließen. Die Generalvollmacht bleibt in Kraft, bis der Vollmachtgeber sie widerruft oder bis zum Tod des Vollmachtgebers, es sei denn, sie ist ausdrücklich als "postmortal" gekennzeichnet, was bedeutet, dass sie auch über den Tod hinaus Gültigkeit besitzt.

Häufig in einer Generalvollmacht abgedeckt werden folgende Bereiche: 

  • Finanzielle Angelegenheiten: Dazu gehören das Verwalten von Bankkonten, das Tätigen von Investitionen, das Verwalten oder Verkaufen von Immobilien, das Einreichen von Steuererklärungen und das Verwalten anderer finanzieller Verpflichtungen und Rechte.
  • Persönliche Angelegenheiten: Dies kann die Vertretung in rechtlichen und behördlichen Angelegenheiten einschließen, sowie Entscheidungen bezüglich Wohnort und Lebensumständen.
  • Geschäftsführung: Wenn der Vollmachtgeber ein Unternehmen besitzt, kann der Bevollmächtigte die Befugnis erhalten, das Unternehmen zu leiten oder vertragliche Verpflichtungen einzugehen.
  • Gesundheitsfürsorge: Obwohl eine Patientenverfügung normalerweise für spezifische gesundheitliche Anweisungen verwendet wird, kann eine Generalvollmacht auch Befugnisse in Bezug auf allgemeinere gesundheitliche Entscheidungen enthalten.
  • Vertretung in Prozessen: Die Vollmacht kann auch die Vertretung vor Gericht und bei anderen offiziellen Verfahren einschließen.

Die Erstellung einer wirksamen Generalvollmacht erfordert die Beachtung bestimmter Formalitäten:

  • Schriftform: Eine Generalvollmacht muss in der Regel schriftlich ausgestellt werden. Dies hilft nicht nur bei der Klarheit der erteilten Befugnisse, sondern ist auch oft eine gesetzliche Anforderung, insbesondere wenn die Vollmacht die Übertragung oder den Verkauf von Immobilien umfasst.
  • Notarielle Beurkundung: In bestimmten Fällen, wie zum Beispiel beim Immobilienverkauf, muss die Vollmacht notariell beurkundet werden. Die notarielle Beurkundung bietet eine zusätzliche Sicherheitsebene, da der Notar die Identität des Vollmachtgebers bestätigt und sicherstellt, dass dieser die Tragweite seiner Entscheidung versteht.
  • Datum und Unterschrift: Die Vollmacht muss das Datum der Ausstellung und die Unterschrift des Vollmachtgebers enthalten. Wenn der Vollmachtgeber aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht selbst unterschreiben kann, sind spezielle Regelungen zu beachten, die ebenfalls einen Notar erfordern können.
  • Bestimmtheit und Umfang: Die Vollmacht sollte genau angeben, welche Befugnisse erteilt werden. Eine zu allgemeine oder ungenaue Formulierung kann zu Unklarheiten oder zur Unwirksamkeit der Vollmacht führen.
  • Widerruf: Die Vollmacht bleibt in Kraft, bis sie ausdrücklich widerrufen wird, der Vollmachtgeber verstirbt oder, im Falle einer Vorsorgevollmacht, der Vollmachtgeber geschäftsunfähig wird. Der Widerruf muss ebenfalls schriftlich erfolgen.


Was ist eine Patientenverfügung?
Eine Patientenverfügung ist ein Dokument, in dem eine Person im Voraus festlegt, welche medizinischen Maßnahmen ergriffen oder unterlassen werden sollen, falls sie selbst aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr in der Lage ist, ihren Willen zu äußern. Dies kann Entscheidungen über lebenserhaltende Maßnahmen, Schmerzmanagement und andere medizinische Behandlungen umfassen. Die Patientenverfügung dient dazu, die medizinische Behandlung nach den persönlichen Werten und Wünschen des Verfassers auszurichten und gleichzeitig die Angehörigen von dieser schweren Entscheidungslast zu befreien.

Die Inhalte einer Patientenverfügung sind sehr individuell und sollten sorgfältig überlegt und klar formuliert werden. Typischerweise umfasst eine Patientenverfügung Anweisungen zu folgenden Themen:

  • Lebenserhaltende Maßnahmen: Anweisungen bezüglich der Durchführung oder Unterlassung von lebenserhaltenden Maßnahmen, wie künstliche Beatmung, Reanimation oder Dialyse, insbesondere in aussichtslosen medizinischen Zuständen.
  • Schmerz- und Symptombehandlung: Wünsche bezüglich der Schmerztherapie und anderer Maßnahmen zur Symptomkontrolle, auch wenn diese das Leben verkürzen könnten.
  • Ernährung und Flüssigkeitszufuhr: Anweisungen zur künstlichen Ernährung und Hydratation, z.B. durch Magensonden oder intravenöse Zufuhr.
  • Spezifische medizinische Behandlungen: Haltung zu bestimmten medizinischen Eingriffen oder Therapien, die der Patient ablehnt oder wünscht.
  • Palliativversorgung: Wünsche hinsichtlich der palliativen Versorgung und Betreuung am Lebensende.
  • Organ- und Gewebespende: Angaben, ob und in welchem Umfang der Patient als Organspender in Frage kommen möchte.

Um eine wirksame Patientenverfügung zu erstellen, sollten einige Formalitäten beachtet werden:

  • Schriftform: Eine Patientenverfügung muss schriftlich verfasst werden. Sie muss persönlich und handschriftlich vom Verfasser unterschrieben sein.
  • Datum und Unterschrift: Die Patientenverfügung sollte das aktuelle Datum tragen und muss von der Person, die die Verfügung trifft, eigenhändig unterschrieben werden. Eine elektronische Signatur reicht nicht aus.
  • Klarheit und Bestimmtheit: Die Anweisungen in der Patientenverfügung müssen eindeutig und so präzise wie möglich formuliert sein, damit Ärzte und Pflegepersonal sie ohne Interpretationsspielraum umsetzen können.
  • Aktualität: Die Patientenverfügung sollte regelmäßig überprüft und bei Bedarf aktualisiert werden, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen Wünschen des Verfassers entspricht. Es ist ratsam, das Dokument alle paar Jahre zu erneuern oder zu bestätigen.
  • Beratung: Vor der Erstellung einer Patientenverfügung ist es empfehlenswert, sich medizinisch und rechtlich beraten zu lassen. Ärzte können medizinische Aspekte erläutern, während ein Anwalt oder Notar rechtliche Hinweise geben kann.
  • Zugänglichkeit: Die Patientenverfügung sollte so aufbewahrt werden, dass sie im Notfall leicht zugänglich ist. Es ist ratsam, Angehörige oder den Hausarzt über die Existenz und den Aufbewahrungsort der Patientenverfügung zu informieren.


Inhalte und Vorteile dieser Verfügungen
Die Generalvollmacht und die Patientenverfügung decken unterschiedliche Bereiche ab, ergänzen sich jedoch in ihrer Funktion, die Autonomie des Einzelnen zu sichern. 

Die Generalvollmacht sorgt dafür, dass die finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten des Vollmachtgebers auch in Zeiten der Handlungsunfähigkeit weitergeführt und entsprechend seinen Interessen verwaltet werden. Dies verhindert rechtliche Vakuen und gewährleistet, dass zum Beispiel Rechnungen bezahlt, Verträge eingehalten und Investitionen verwaltet werden.


Die Patientenverfügung hingegen stellt sicher, dass der medizinische Wille des Verfassers respektiert wird, selbst wenn er selbst nicht mehr kommunizieren kann. Sie schützt somit die persönlichen Gesundheitsvorstellungen und entlastet Ärzte sowie Angehörige gleichermaßen, indem klare Anweisungen für medizinische Situationen vorgegeben sind.


Fazit
Die Anfertigung einer Generalvollmacht und einer Patientenverfügung stellt eine verantwortungsvolle Vorsorge dar, die es jedem Einzelnen ermöglicht, auch in Zeiten, in denen er selbst nicht handeln kann, seine Würde und seinen Willen zu wahren. Beide Dokumente sollten mit sorgfältiger Überlegung und idealerweise unter Beratung durch einen Rechtsbeistand erstellt werden, um sicherzustellen, dass sie den individuellen Wünschen entsprechen und rechtlich wirksam sind.


Dieser Beitrag dient der generellen Information und dem Einstieg in das Thema Vorsorge durch eine Generalvollmacht und Patientenverfügung.

Wenn Sie Fragen oder Beratungsbedarf zu diesem Thema haben, können Sie sich gerne mit mir unter info@kanzlei-kuschel.de in Verbindung setzen.


Jacqueline Kuschel

Rechtsanwältin




Foto(s): https://pixabay.com/de/illustrations/patientenverf%C3%BCgung-hand-schreiben-1594729/

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