WALDORF FROMMER: Urteil des LG München nach Sachverständigengutachten in Tauschbörsenverfahren

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Landgericht München I vom 29.04.2020, Az. 21 S 12750/19

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen

Nachdem die beklagte Anschlussinhaberin den Sachverhalt umfangreich bestritten hatte, holte das Amtsgericht München – nach ausdrücklichem Hinweis auf die entstehenden Kosten – ein Sachverständigengutachten zur Richtigkeit der Ermittlungen ein.

Der Sachverständige bestätigte in seinem Gutachten vollumfänglich, dass die Rechtsverletzung tatsächlich über die der Beklagten zugeordnete IP-Adresse begangen wurde.

Da die Beklagte zugleich lediglich pauschal auf weitere Mitnutzer oder eine „Störung des Computers“ als Ursache der Rechtsverletzung verwiesen hatte, verurteilte das Amtsgericht die Beklagte aufgrund der tatsächlichen Vermutung als Täterin der streitgegenständlichen Rechtsverletzung.

Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung zum Landgericht München I ein. In der Begründung rügte die Beklagte u.A., dass die Ermittlungsmethodik der beauftragen Ermittlungsfirma „illegal“ sowie die Zuordnung der Rechtsverletzung zu ihrem Internetanschluss nicht erwiesen seien und überdies niemand aus ihrer Familie als Täter der Rechtsverletzung in Betracht käme, so dass ihre Verurteilung als Täterin zu Unrecht erfolgt wäre.

Das Landgericht München I hingegen kam in seinem Urteil zu einem anderen Schluss:

die Beanstandungen der Beklagten im Hinblick auf die Ermittlung und Zuordnung der Rechtsverletzung seien rein spekulativ und somit unbeachtlich. Auch die Würdigung des Amtsgerichts, dass die Beklagte mit ihren pauschalen Äußerungen ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt hat, sei nicht zu beanstanden:

„Eine Entkräftung der tatsächlichen Vermutung setzt daher hinsichtlich aller fraglichen Tatzeitpunkte Sachvortrag voraus, wonach die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat (BGH GRUR 2013, 511 – Morpheus). Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung der Kammer an den Sachvortrag bezüglich Detailgrad und Plausibilität ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. etwa LG München I, Urteil vom 22.03.2013 – Az. 21 S 28809/11).

Insbesondere genügt etwa nicht, wenn der Beklagte lediglich ein Familienmitglied benennt, dem der Zugriff auf diesen Anschluss möglich war, ohne nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Nutzung des Anschlusses durch dieses Familienmitglied mitzuteilen (vgl. EuGH GRUR 2018, 1234 ff. – Bastei Lübbe/Strotzer).

Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Beklagten, den sie im Laufe des Verfahrens vorgebracht hat, nicht. Insbesondere hat die Beklagte zu keinem Zeitpunkt Aussagen zum Nutzungsverhalten der Familienmitglieder – allgemein und zum Tatzeitpunkt – gemacht. Die Beklagte zieht sich vielmehr im Ergebnis darauf zurück, dass niemand aus der Familie den Film heruntergeladen habe und es eine Störung gegeben habe. Die Ausführungen der Beklagten im Rahmen der sekundären Darlegungslast sind daher zu allgemein und zu pauschal.“

Da auch die weiteren Rügen der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil nicht durchgriffen, bestätigte das Landgericht München die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des geltend gemachten Lizenzschadensersatzes, der entstandenen Rechtsanwaltskosten sowie der Kosten beider Instanzen, welche auch die Kosten für das Sachverständigengutachten in Höhe von mehreren Tausend Euro umfasste.

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