Wann ist von einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt auszugehen (BGH NJW 2015, 1834)?

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Die sog. einfache Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) ist wie auch die qualifizierte (§ 315c StGB) sowohl in vorsätzlicher als auch in fahrlässiger Weise begangen strafbar (§§ 316 Abs. 2, 315c Abs. 3 StGB).

Der Strafrichter muss also in der Hauptverhandlung klären und feststellen und dann in seinem Urteil darlegen, welche Schuldform vorliegt, da vorsätzliches Handeln schwerer bestraft wird (§§ 46, 315c Abs. 3 StGB). Zudem entfällt im Fall der rechtskräftigen Feststellung eines vorsätzlichen Vergehens jedwede Kostendeckung durch die Rechtsschutzversicherung.

Zur Frage, in welchen Fällen von einem vorsätzlichen Verhalten eines Täters bei Teilnahme im öffentlichen Straßenverkehr auszugehen ist, hat sich der BGH in seinem Urteil vom 09.04.2015 (4 StR 401/14) erneut geäußert:

Die Höhe der festgestellten Blutalkoholkonzentration ist und bleibt ein gewichtiges Beweisanzeichen für die Frage, ob vorsätzliches Handeln vorliegt. So ist nach Ansicht des BGH grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn Strafrichter umso eher von einem vorsätzlichen Handeln ausgehen, je höher der festgestellte Blutalkoholwert ist. Allerdings sei dieses gewichtige Indiz widerlegbar, da es keinen wissenschaftlichen Erfahrungssatz gäbe, dass ein Täter mit einer hohen Blutalkoholkonzentration im Allgemeinen weiß, dass er große Mengen Alkohol getrunken habe. Schließlich könne ja das Trinkende bereits längere Zeit zurückliegen oder bei der Einnahme von Mixgetränken der Alkoholanteil unbekannt sein.

Mit Blick auf die Höhe der Blutalkoholkonzentration verbiete sich aber auch eine schematische Betrachtung. So sei es zwar möglich, im Bereich zwischen 1,1 und 2,0 Promille von Vorsatz auszugehen, doch bedarf es zu einer solchen Feststellung weiterer Beweisanzeichen.

Andererseits sei der Vorsatz nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil ein sehr hoher Blutalkoholwert vorliegt. Die von Teilen der Rechtsprechung angenommene verringerte Erkenntnis- und Kritikfähigkeit, die zu einem Vorsatz ausschließenden Glauben an die Fahrtüchtigkeit führe, entbehre jedwedem Erfahrungssatz. Damit könne auch bei Werten über 2 Promille ein Vorsatz gegeben sein.

Wer also seine Fahruntüchtigkeit kennt oder mit ihr rechnet und sich mit ihr abfindet, handelt vorsätzlich. Dazu muss der Strafrichter im Rahmen einer Gesamtschau alle festgestellten objektiven und subjektiven Tatumstände bei seiner Entscheidung berücksichtigen. Wichtige Umstände sind dabei z. B. der Trinkverlauf und das Trinkende sowie das Verhalten des Täters.

Dies hatte der Strafrichter im vorliegenden nur lückenhaft im Urteil dargelegt, sodass der BGH dieses aufhob und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwies.

Juni 2015

RA Bernd Michalski


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