Was bedeuten die Abfindungsklauseln im Gesellschaftsvertrag?

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von RA Dr. Stephan Arens

Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, steht ihm nach der gesetzlichen Grundkonzeption ein Abfindungsguthaben zu. Dieses richtet sich nach dem wirklichen Wert der Gesellschaftsanteile (Verkehrswert). Darunter versteht man den Wert des Unternehmens einschließlich aller stillen Reserven und einschließlich des „good will" des Unternehmens (vgl. § 738 Abs. 1 S. 2 BGB). Dies führt zu einer „hohen" Bewertung des Unternehmens, was regelmäßig nicht gewollt ist. Im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters hat dies nämlich dann einen erheblichen Liquiditätsabfluss bei der Gesellschaft zur Folge, welcher existenzbedrohend werden kann. 

Die meisten Gesellschaftsverträge enthalten daher abweichende Regelungen. Aber was bedeuteten die getroffenen Regelungen überhaupt?

Buchwertklausel

Eine solche Klausel findet sich insbesondere in älteren Gesellschaftsverträgen. Danach erhält der Gesellschafter den auf der Grundlage der Handels- oder Steuerbilanz ermittelten buchmäßigen Kapitalanteil. Der Geschäftswert und stille Reserven oder der „good will" werden nicht berücksichtigt.

Regelmäßig entspricht der Buchwert nicht dem tatsächlichen Anteilswert. Der tatsächliche Wert wird im Regelfall höher sein als der Buchwert; so beispielsweise, wenn sich erhebliche stille Reserven im Anlagevermögen befinden. Daher kann eine solche Buchwertklausel - wenn sie den ausscheidenden Gesellschafter erheblich benachteiligt - unwirksam sein oder muss jedenfalls ergänzend ausgelegt werden, was zu einem höheren Abfindungsanspruch des Gesellschafters führt.

Stuttgarter Verfahren

Ebenfalls in älteren Gesellschaftsverträgen findet man eine Abfindung nach dem Stuttgarter Verfahren. Dieses wurde nach dem alten Erbschaftsteuer- und Bewertungsgesetz nach § 12 Abs. 2 ErbStG i.V. mit § 11 Abs. 2 S. 2 BewG angewendet, wenn Anteile einer Kapitalgesellschaft durch Schenkung oder Erbschaft übergehen. Das Bewertungsverfahren wurde nach einer Neuregelung der Erbschaftsteuer abgeschafft.

Vereinfachtes Ertragswertverfahren


Das vereinfachte Ertragswertverfahren hat nach der Erbschaftssteuerreform das Stuttgarter Verfahren abgelöst und gilt für Kapital- und Personengesellschaften.

Ausgangswerte sind die Gewinne nach § 4 Abs. 1 und 3 EStG. Davon werden nach § 202 Abs. 1 Nr. 1 und § 202 Abs. 1 Nr. 2 BewG verschiedene Zu- und Abrechnungen vorgenommen, sodass einmalige Effekte wie z.B. einmalige Veräußerungsgewinne neutralisiert werden. Ein typisierter pauschaler Ertragsteueraufwand von jeweils 30 % wird abgezogen. Dieses Ergebnis wird kapitalisiert.

Dazu wir der Basiszins genommen. Dies ist ein einmal jährlich, jeweils zum ersten Börsentag des Jahrs durch die Bundesbank festgesetzter Zinssatz der vom Bundesfinanzministerium im Bundessteuerblatt veröffentlicht wird. Darauf wird ein pauschalierter Zuschlag von 4,5 % gerechnet, sodass sich ein Kapitalisierungszins ergibt. Dieser führt zu dem Kapitalisierungsfaktor.

IDW- Verfahren

Die Anteilsbewertung erfolgt auf der Grundlage einer Unternehmensbewertung nach den geltenden Bewertungsgrundsätzen des Instituts der Wirtschaftsprüfer.

Der Unternehmenswert ergibt sich grundsätzlich aus den finanziellen Überschüssen, die bei Fortführung des Unternehmens und Veräußerung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens erwirtschaftet werden. Die Berechnung der Abfindung erfolgt in einem komplexen Verfahren. Oftmals wird ein Steuerberater als „Schiedsrichter" festgelegt.

Diese Übersicht zeigt schon, dass die Bewertung des Unternehmens erheblich von der getroffenen Vereinbarung abhängig ist. Bei der Gestaltung einer solchen Klausel und dann, wenn nach den Rechten des ausscheidenden Gesellschafters gefragt wird, ist daher eine besondere Sorgfalt erforderlich.

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