Was tun, wenn wegen einer Sexualstraftat ermittelt wird?

  • 5 Minuten Lesezeit

Was tun, wenn wegen einer Sexualstraftat ermittelt wird?

Das Sexualstrafrecht als Teil des allgemeinen Strafrechts ist ein heikles Rechtsgebiet!

Sexualität ist jedem Menschen eigen. Bestimmte sexuelle Handlungen hat der Gesetzgeber jedoch unter Strafe gestellt. Das Sexualstrafrecht möchte ich anschaulich an Fällen erläutern. Es ist in § 174 bis 184j des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt.

Stellen Sie sich bitte folgende Situationen vor:

Fall 1:

Ein Mann hatte eine schöne betriebliche Weihnachtsfeier, auf der auch viel Alkohol getrunken wurde.

Er schläft in seinem Bett seinen Rausch aus. Es klingelt an der Tür. Es ist die Polizei. Die Beamten eröffnen ihm, dass eine Arbeitskollegin ihn wegen Vergewaltigung angezeigt hat und fordert ihn auf, aufs Revier zur Vernehmung zu kommen.

In dieser Situation kann nur dazu geraten werden, sofort einen Strafverteidiger zu kontaktieren. Der Rechtsanwalt wird ins Polizeigebäude kommen und bei der Vernehmung anwesend sein. Zuvor wird er mit seinem Mandanten besprechen, was der Polizei gesagt wird. Hier ist zu bedenken, dass Polizeikommissare erfahrene Befrager sind. Es muss in dieser Situation verhindert werden, dass der Mann etwas sagt, was ihn weiter belastet. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn er auf der Betriebsfeier Drogen genommen hat und dies den Beamten erzählt. Jetzt würde hier auch noch wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ermittelt werden!

Der Mann sollte sich bei der Kollegin entschuldigen und sagen, dass er von der Leidenschaft mitgerissen worden ist. Wenn er dies glaubhaft sagt, wird die Kollegin vielleicht ihre Strafanzeige zurückziehen.

§ 177 des Strafgesetzbuches (StGB) stellt sexuelle Übergriffe, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung unter Strafe, und zwar Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren.

Die Vergewaltigung nach Abs. 6 Nr.1 dieser Norm ist mit Freiheitsstrafe nicht unter 2 Jahren sanktioniert. Auch erzwungener Anal- oder Oralverkehr ist als Vergewaltigung strafbar!

In minder schweren Fällen beträgt die Freiheitsstrafe 3 Monate bis 3 Jahre, Abs.9. 

Fall 2:

Ein Regisseur wird von einer Schauspielerin angezeigt. Sie wirft ihm vor, im Jahre 2012 sie zum Sex gezwungen zu haben, weil er damals gesagt haben soll, dass sie die Rolle nur erhält, wenn sie mit ihm schläft.

Der Regisseur hat sich der sexuellen Nötigung nach § 177 StGB schuldig gemacht. Die Tat ist aber bereits verjährt, § 78 StGB, es sei denn, die Schauspielerin war zur Zeit der Tat noch keine 30 Jahre alt. Dann ruht die Verjährung nach § 78b StGB. Die Verjährungsfrist läuft dann ab Vollendung des 30. Lebensjahres.

Fall 3:

Ein Jugendbetreuer vergeht sich an einem oder einer Jugendlichen.

Sexueller Missbrauch von Jugendlichen wird nach § 182 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe bestraft. Dabei muss der Täter eine Zwangslage ausnutzen.

Sex einer Person über 21 Jahren an einer Person unter 16 Jahren wird mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Die Tat wird nur auf Strafantrag verfolgt, es sei denn, dass die Staatsanwaltschaft ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält (Abs. 5). Bei geringem Unrecht kann das Gericht von Strafe absehen, Absatz 6.

Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen wird nach § 174 StGB mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis 5 Jahren bestraft. Dies ist dann der Fall, wenn ein Lehrer mit einer Schülerin unter 16 Jahren oder eine Lehrerin mit einem Schüler unter 16 Jahren schläft. Auch wenn die Schülerin oder der Schüler den Sex wollen, schützt das vor Strafe nicht, denn strafantragsberechtigt sind hier die erziehungsberechtigten Eltern!

Fall 4:

Ein Paar von Anfang 20 hat Sex in der Sauna des örtlichen Hallenbades und wird dabei erwischt.

§ 183a StGB bestraft öffentliche sexuelle Handlungen als Erregung öffentlichen Ärgernisses mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe.

Fall 5:

Ein Mann fasst einer Frau in den Schritt.

Die sexuelle Belästigung wird nach § 184i StGB mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Dazu muss der Täter eine andere Person in sexuell bestimmter Weise sexuell berühren und dadurch belästigen. Strafantrag ist erforderlich, es sei denn, dass die Staatsanwaltschaft ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

Fall 6:

Ein Pädophiler schaut sich Videos von Sex mit Kindern im Internet an.

Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften oder Videos wird mit Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren bestraft, § 184b StGB. Bei jugendpornographischen Schriften – das Opfer ist älter als 14, aber noch nicht 18 Jahre alt – ist die Strafe nach § 184c StGB Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe.

Bei pädophiler Veranlagung kann nur dringend geraten werden, sich in Behandlung zu begeben! Dabei ist an das unermessliche Leid der Kinder zu denken, die schwerste seelische Verletzungen erleiden und kein normales Leben mehr führen werden können! Die Videos würden nicht hergestellt werden, wenn sie sich niemand ansehen würde und wenn sie nicht verkauft werden könnten!

Der internationale Fahndungsdruck auf Pädophile ist sehr hoch, da schützt auch das sogenannte „Darknet” nicht vor dem Erwischtwerden!

Der sexuelle Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren wird nach § 176 StGB mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren bestraft. In besonders schweren Fällen beträgt die Freiheitsstrafe mindestens 1 Jahr, Abs. 3.

Wer als Erwachsener Geschlechtsverkehr, Anal- oder Oralverkehr mit einem Kind vollzieht, wird nach § 176a Absatz 2 StGB mit Freiheitsstrafe nicht unter 2 Jahren bestraft. Wer sexuellen Missbrauch eines Kindes filmt oder fotografiert, um es ins Darknet zu stellen, wird nach Absatz 3 ebenfalls mit mindestens zweijähriger Freiheitsstrafe bestraft. 

Fall 7:

Ein Ehepaar ist knapp bei Kasse. Der Ehemann drängt seine Ehefrau dazu, durch Prostitution die Haushaltskasse aufzubessern.

Der Ehemann macht sich hier der Zuhälterei nach § 181a StGB schuldig. Sie wird mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren bestraft.

Dies sind die am häufigsten vorkommenden Konstellationen im Sexualstrafecht. 

Es kann nur dazu geraten werden, so früh wie möglich einen erfahrenen Rechtanwalt hinzuzuziehen. Dessen Ziel ist die Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO).

Falls es dennoch zu einem Verfahren vor dem Strafgericht kommt, wird der Strafverteidiger versuchen, eine Geldstrafe oder zumindest eine Bewährungsstrafe zu erzielen. Eine Bestrafung durch eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung muss der Anwalt im Interesse seines Mandanten zu verhindern suchen; denn im Gefängnis sind wegen einer Sexualstraftat Verurteilte oft Repressalien durch Mitgefangene ausgesetzt.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Thomas Wagner

Beiträge zum Thema