Wer betrügt, der fliegt

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Wer seinem Arbeitgeber einen hohen finanziellen Schaden zufügt, kann seinen vermeintlich unkündbaren Arbeitsplatz verlieren.

In so einem Fall hilft das Argument „Überforderung“ wenig. Auch wenn Stress zu einer unkorrekten Arbeitsweise führen kann, sollte man seine Fehler eingestehen und sie keinesfalls durch Manipulationen versuchen, zu vertuschen.

In einem Fall, der vor dem BAG am 23.01.2014/Az.: 638/13) verhandelt wurde, ging es um die „Verzweiflungstat“ einer Mitarbeiterin bei einem öffentlichen Arbeitgeber in Mecklenburg-Vorpommern. Vorauszuschicken ist, dass die Klägerin in 2 vorhergehenden Instanzen schon unterlag.

Der konkrete Fall, der letztlich zur Kündigung führte, stellte sich wie folgt dar: Die spätere Klägerin war seit 1977 bei ihrem Arbeitgeber als Sachbearbeiterin tätig. Im Jahr 2009 stellte der Arbeitgeber fest, dass der Frau zunehmend Fehler unterliefen. Er suchte das Gespräch mit ihr und unterbreitete ihr Hilfsangebote in Form von Fortbildungsseminaren. Diese lehnte sie jedoch ab.

Sie hinterließ zunehmend einen überforderten Eindruck und hatte ihr Aufgabengebiet immer weniger im Griff. Im Jahr 2009 bekam sie den Arbeitsauftrag, Mülltonnen für 2 Gebäude abzumelden. Ob sie das wirklich getan hat, darüber stritten die beiden Seiten bis zum Schluss. Anfang 2010 bekam die Arbeitnehmerin in einem Mitarbeitergespräch gesagt, dass man mit ihrem Zeitmanagement und ihrer Arbeitsorganisation nicht zufrieden sei.

Wenn man von den 16 Abfallgebührenbescheiden und Mahnungen, die den Arbeitgeber erreichten, ausgeht, hatte sie die Abmeldung der Tonnen offensichtlich vergessen, reagierte aber auch nicht auf die Schreiben des Entsorgungsbetriebs.

Schließlich bekam der Arbeitgeber Anfang 2011 einen Gebührenbescheid über knapp 5.000 Euro. Jetzt wurde der Arbeitgeber stutzig und forschte nach. Die Vorgesetzten der Arbeitnehmerin luden sie zum Gespräch ein. Sie sagte, dass sie die Mülltonnen auftragsgemäß abgemeldet hatte und gegen die Bescheide Widerspruch eingelegt hätte. Entsprechende Schreiben legte sie vor. Der Arbeitgeber fand aber heraus, dass der Ausgang dieser Schreiben gar nicht in dem beim Arbeitgeber geführten Postausgangsbuch vermerkt war und eine Nachfrage beim „Empfänger“ der Widersprüche ergab, dass dort nichts eingegangen war. Daraufhin gab die Arbeitnehmerin zu, dass sie die Widersprüche nachträglich erstellt und in die Akte gelegt habe. Sie hatte die Akten also manipuliert, um ihr Fehlverhalten zu vertuschen. Der Arbeitgeber leitete daher das Verfahren zur Kündigung der Arbeitnehmerin ein. Da der Personalrat (PR) die Zustimmung zur Kündigung verweigerte, bemühte man die Einigungsstelle, deren Zustimmung die des PR ersetzte. Der Frau wurde gekündigt.

In 3. Instanz machte das Bundesarbeitsgericht ganz besonders deutlich, wo genau hier der Pflichtverstoß lag, der die Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung möglich machte: Nicht die Tatsache, dass die Frau 1 Jahr lang ein Problem (Mülltonnenabmeldung) vor sich her schob, das sich alle ca. 5 Wochen wieder in ihr Bewusstsein drängte (16 Gebührenbescheide und Mahnungen). Das wäre in den Bereich „Leistungsmängel“ und damit in den Bereich der Minderleistung/Schlechtleistung gefallen. Hier wäre eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen.

Der Knackpunkt war die Vertuschung von Fehlverhalten durch ein möglichst heimliches Vorgehen und die damit einhergehende Manipulation von Akten.

Auch das Argument, dass sie völlig überlastet war, ließ das BAG nicht gelten. Die Frau hatte durch ihre Manipulation das Vertrauensverhältnis überdurchschnittlich strapaziert. Sie hätte ihre Fehler spätestens dann beichten müssen, als der Mahnbescheid über 5000,00€ ins Haus flatterte.

Somit sah das BAG die Kündigung als rechtens an – auch ohne vorherige Abmahnung.


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