Werkvertragsrecht gilt für Erwerber neu errichteter Immobilien, unabhängig von Vertragsbezeichnung

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OLG Frankfurt, Urteil vom 18.10.2023 - 15 U 228/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen)


Mängelansprüche von Erwerbern neu errichteter Häuser oder Eigentumswohnungen fallen grundsätzlich unter das Werkvertragsrecht, sofern die Errichtung nicht zu lange zurückliegt. Dies gilt unabhängig davon, ob das Bauwerk bei Vertragsschluss bereits fertiggestellt war und unabhängig davon, ob die Parteien den Vertrag als Kaufvertrag deklarieren und sich selbst als Käufer und Verkäufer bezeichnen.
Wenn die Erwerbsverträge eine Baubeschreibung enthalten, die eine anspruchsvoll gestaltete Stadtvilla mit drei exklusiven Eigentumswohnungen beschreibt, ist der Bauträger verpflichtet, einen Schallschutz zu gewährleisten, der über die Anforderungen der DIN 4109 hinausgeht.
Bei der Berechnung der Höhe einer Minderung muss der vereinbarte Kaufpreis im Verhältnis zu dem Wert herabgesetzt werden, um den das mangelhafte Werk gegenüber einem mangelfreien Werk im Wert gemindert ist.
Ein Bauträger errichtet eine Stadtvilla mit drei Eigentumswohnungen, die als exklusiv und anspruchsvoll beworben werden. Die ersten Erwerber ziehen im Februar 2010 ein. Ein weiterer Erwerber schließt im März 2010 einen notariellen Kaufvertrag und bezieht das Objekt im September 2010. Die Verträge werden jeweils als Kaufverträge bezeichnet, die Beteiligten als Käufer bzw. Verkäufer. Die Erwerber fordern aufgrund verschiedener Baumängel, insbesondere unzureichendem Schallschutz, Schadensersatz und Minderung.
Das OLG Frankfurt entscheidet, dass unabhängig von der Bezeichnung des Vertrags oder der Vertragsparteien für sämtliche Erwerber Werkvertragsrecht zur Anwendung kommt. Die rechtliche Bewertung, nach welcher sich der Bauträger verpflichtet hat, ein mangelfreies Bauwerk zu errichten, bleibt auch für Erwerber gültig, die erst nach der Errichtung eingezogen sind. Kaufrecht kommt nach Ansicht des Gerichts und unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH nur dann zur Anwendung, wenn zwischen Errichtung und Vertragsschluss mindestens zwei Jahre verstrichen sind.
Die Baubeschreibung wird vom Gericht als maßgeblich für die Festlegung der geschuldeten Bauleistung angesehen. Wenn die Baubeschreibung eine "anspruchsvoll gestaltete Stadtvilla" und die "Exklusivität" der Wohnungen betont, haben die Erwerber einen Anspruch auf eine entsprechende Bauausführung, die höhere Schallschutzanforderungen als die DIN 4109 erfüllt. Diese Anforderungen wurden von der erbrachten Leistung des Bauträgers nicht erfüllt, wodurch das Werk als mangelhaft eingestuft wird.
Zur Festlegung der Minderungshöhe ermittelt das Gericht die Gesamtfläche der Wohnungen und setzt sie in Relation zu den mängelbehafteten Flächen. Die mangelhafte Fläche beträgt hier 16% der Gesamtfläche. Auf Basis des Gesamtkaufpreises von 405.000 Euro wird ein Gesamtminderungsbetrag von etwa 65.000 Euro festgesetzt, der entsprechend der mängelbehafteten Fläche unter den Erwerbern aufgeteilt wird.
In seinem Praxishinweis betont das OLG Frankfurt die Wichtigkeit von Baubeschreibungen bei Erwerbsvorgängen vom Bauträger. Es bleibt jedoch offen, welche genauen Schallschutzwerte eingehalten werden müssen, um den Ansprüchen einer exklusiven und anspruchsvoll gestalteten Stadtvilla gerecht zu werden. Für Bauträger ergibt sich daraus die Empfehlung, keine Leistungen zu versprechen, die nicht gehalten werden können.

Foto(s): Udo Kuhlmann


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