Widerruf der Prolongation vs. Widerruf nach Prolongation eines Verbraucherdarlehens

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Im Zusammenhang mit der Frage, ob ein bereits verlängertes Darlehen widerrufen werden kann, werden verwirrende Begriffe gebraucht, wie „Unechte Abschnittsfinanzierung“, „Widerruf der Prolongation“, „Widerruf bei bloßer Verlängerung der Festzinsbindung“ etc.

Die Frage lässt sich präzisieren: Es geht darum, zu klären, auf welche Vertragserklärung des Verbrauchers für die Prüfung, ob ein Widerrufsrecht bestand, über das Widerrufsrecht belehrt werden musste und eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet wurde, abzustellen ist:

Auf den Ausgangsvertrag oder den Vertrag über die Verlängerung des Darlehens.

Die Frage lässt sich sehr klar danach entscheiden, ob jeweils ein erstmaliges Kapitalnutzungsrecht vereinbart wurde. Dann ist die Bank zur Belehrung über die Widerrufsmöglichkeit verpflichtet. Dabei liegt „erstmalig“ auch vor, wenn nach Auslaufen oder für den Zeitpunkt des Auslaufens ein Darlehens verlängert wird, ohne, dass es zur Rückzahlung kommt.

Beispiel 1:

Ein Verbraucher vereinbart im Jahre 1998 einen Verbraucherdarlehensvertrag mit einer Festzinsbindung bis 2008. In dem Vertrag ist geregelt, dass er bei Auslaufen der Festzinsbindung zu veränderlichen Konditionen weiterläuft. Zu dem Vertrag wird 2008 eine neue Festzinsbindung bis 2018 vereinbart und eine unwirksame Widerrufsbelehrung verwendet.

Abzustellen ist auf den Ausgangsvertrag, da das Kapitalnutzungsrecht im Ausgangsvertrag vereinbart wurde und das Kapitalnutzungsrecht im Jahre 2008 noch bestand.

Ein Widerruf scheidet in der Konstellation von vornherein aus, da der Ausgangsvertrag vor Inkrafttreten der neuen europarechtlich beeinflussten Verbraucherregeln im Jahre 2002 geschlossen wurde. Ein Widerruf wäre nur nach dem Verbraucherkreditgesetz möglich gewesen. Das hieraus resultierende Recht ist jedoch verfristet.

Abwandlung: Der Ausgangsvertrag wurde 2003 geschlossen, lief bis 2008 und die Festzinsbindung wurde 2008 bis 2018 verlängert. Die Widerrufsbelehrung des Ausgangsvertrages ist unwirksam.

Der Widerruf ist möglich, denn abzustellen ist auf das im Ausgangsvertrag vereinbarte Kapitalnutzungsrecht. Alleine der Umstand der Prolongation liefert der Bank keinen ausreichenden Vertrauensschutz, der Widerruf zu dem Ausgangsvertrag werde nicht mehr ausgeübt. Das Recht zum Widerruf ist nicht verwirkt.

Beispiel 2:

Ein Verbraucher vereinbart im Jahre 1998 ein Verbraucherdarlehen mit einer Festzinsbindung bis 2008. Der Vertrag sieht vor, dass das Darlehen zurückzuzahlen ist, wenn die Parteien sich nicht auf neue Darlehenskonditionen einigen. Im Jahre 2006 einigen sich die Parteien auf eine neue Festzinsbindung bis 2018.

Abzustellen ist hier auf den im Jahre 2006 abgeschlossenen Vertrag. Trotz der Klausel, dass das Darlehen weiter läuft, wenn man sich über die Anschlusskonditionen einigt, ist es grundsätzlich im Jahre 2008 zurück zu zahlen. Sofern die Widerrufsbelehrung zu dem Verlängerungsvertrag unwirksam ist, kann man das Darlehen widerrufen.

Beispiel 3:

Wie Beispiel 1, jedoch erweitern die Parteien das Darlehen, weil der Kreditnehmer weiteres Geld brauchte.

Jetzt wird im Jahre 2008 ein neues Kapitalnutzungsrecht gewährt. Ist die Widerrufsbelehrung unwirksam, kann man den Vertrag widerrufen.

Die Einschätzung im konkreten Fall ist von der Vielzahl denkbarer Vertragsinhalte abhängig.

Lengnick

Rechtsanwalt


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