Widerruf von Lebensversicherungen - BGH entscheidet erneut zu Gunsten des Verbrauchers

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Der BGH hatte bereits im Urteil vom 19.11.2014 (Az. IV ZR 329/14) bestätigt, dass sobald die Widerspruchsbelehrung fehlerhaft ist, dem Versicherungsnehmer ein zeitlich unbeschränktes Widerspruchsrecht zusteht. Gestritten wurde in der Folgezeit vor den Instanzgerichten, in welcher Höhe eine Rückzahlung geschuldet ist.

Brandaktuell hat der BGH mit Urteil vom 29.07.2015 entschieden, dass die Versicherer die Abschluss- oder Verwaltungskosten ebenfalls zurückerstatten müssen (Az. IV ZR 384/14 und IV ZR 448/14).

Ausgangspunkt der aktuellen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu §5 a VVG. Dieser besagte, dass wenn eine Widerrufsbelehrung fehlerhaft erteilt wurde, eine Höchstfrist von einem Jahr zur Geltendmachung dieser Ansprüche besteht. Im Jahre 2013 hat der EuGH entschieden, dass §5a VVG europarechtswidrig ist – somit wurde der Weg zu einer Art „ewigen Widerrufsrechts“ geschaffen.

Rechtsfolge ist – und dies wurde mittlerweile mehrfach durch den Bundesgerichtshof bestätigt – dass wenn ein Verbraucher über sein Widerrufsrecht nicht oder nicht ordnungsgemäß belehrt wurde, dieses auch noch nach Jahren ausüben kann. Sogar nach Kündigung oder Beendigung des Vertrages ist dies in Einzelfällen möglich.

Prüfung durch Kanzlei ratsam

Sollte unsere Prüfung ergeben, dass Sie nicht oder nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt wurden, so kann dieses noch ausgeübt werden. Rechtsfolge ist grundsätzlich die vollständige Rückabwicklung des Versicherungsvertrages. Für Sie bedeutet dies, dass Sie sich von einem Vertrag lösen können und höhere Auszahlungen erhalten als bei einer regulären Kündigung.

Grundsätzlich muss der Versicherer nämlich bei einer Rückabwicklung alle gezahlten Beträge verzinst zurückgewähren. Für den tatsächlich bestehenden Versicherungsschutz gegen Todesfall o.ä. ist nur ein geringer Nutzungsvorteil der Prämie in Abzug zu bringen.

Verträge im Zeitraum von 1995 und 2007 sind betroffen

Unsere Erfahrung zeigt, dass Versicherer gerade in diesem Zeitraum ihren Belehrungspflichten nicht nachgekommen sind. Trotzdem zeigen sich die Versicherungsunternehmen zum Teil sehr hartnäckig. 

Entsprechend können wir nur dazu raten, anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Ohne einen Rechtsanwalt mit entsprechender Spezialisierung und Erfahrung, insbesondere auch der aktuellen Rechtsprechung der Landes- und Oberlandesgerichte, ist mit einem Einlenken der Versicherer bereits im außergerichtlichen Bereich nur selten zu rechnen.

Ergibt unsere Überprüfung eine Fehlerhaftigkeit ihrer Widerrufsbelehrung, sollten Sie nicht „auf eigene Faust“ handeln, da im Rahmen der Geltendmachung es oft auf detaillierten rechtlich Vortrag ankommt, bei dem ein juristischer Laie wichtige Punkte übersehen kann.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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