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Widerrufsjoker reloaded?

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[Update: 29.04.2020]

Die obergerichtliche Klärung in Deutschland hat nicht lange auf sich warten lassen:

Der Bundesgerichtshof hat unmittelbar durch zwei Beschlüsse vom 31.03.2020 klargestellt, dass

a) die Regelungen der Verbraucherkreditrichtlinie nach dem Willen des (deutschen) Gesetzgebers nicht für grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen gelten (Beschluss vom 31.03.2020 – Az.: XI ZR 581/18) und

b) eine Widerrufsbelehrung, die dem (deutschen) Gesetzestext entspricht und daher einer Gesetzlichkeitsfiktion unterfällt, nicht nach deutschem Recht unwirksam sein kann (Beschluss vom 31.03.2020 – Az.: XI ZR 198/19).

Damit ist klar, dass eine zu einem Immobiliardarlehen erteilte und dem nationalen Recht genügende Widerrufsinformation nicht wegen eines Verstoßes gegen die Verbraucherkreditrichtlinie zu einem Widerruf des Darlehensvertrags berechtigt.

Ebenso klar ist, dass auch andere Verbraucherdarlehen nicht wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung widerrufen werden können, wenn die Widerrufsinformation dem gesetzlichen Wortlaut entspricht.

Weiterhin möglich sind Widerrufe aufgrund anderer Fehler in einem Verbraucherdarlehensvertrag, beispielsweise dem Fehlen einer Pflichtangabe. Sprechen Sie mich an!

[Originalveröffentlichung vom 15.04.2020:]

Der Europäische Gerichtshof hat mit einem aufsehenerregenden Urteil vom 26.03.2020 für die Schlagzeile gesorgt, dass hunderttausende Verbraucher ihre Darlehensverträge widerrufen können.

Ob es wirklich so kommt, bleibt allerdings abzuwarten, denn es gibt durchaus einige Probleme.

1. Betroffene Verträge

Kurz gesagt sind alle Verbraucherdarlehen betroffen, auch Immobiliardarlehen. 

2. Widerruf

Der Widerruf sorgt dafür, dass der Vertrag wegfällt und die Parteien alle empfangenen Leistungen erstatten müssen. Die Bank müsste Ihnen Ihre Raten (Zins und Tilgung) erstatten, Sie müssen die Nettokreditsumme erstatten. Interessant wird ein solcher Widerruf zum Beispiel bei einer Kfz-Finanzierung, da Sie dann auch das Fahrzeug zurückgeben können, unter Umständen sogar ohne dafür Wertersatz zahlen zu müssen. Aber auch die mögliche Ersparnis einer Vorfälligkeitsentschädigung ist reizvoll, oder die Möglichkeit der Umschuldung eines teuren Darlehens in ein (zins-)günstigeres.

3. Risiken

Darüber schreiben die Anwälte eher wenig. Der Bundesgerichtshof hat zuletzt sehr bankenfreundlich entschieden, und ob das EuGH-Urteil dafür sorgt, dass sich das ändert, darf bezweifelt werden. Denn im entschiedenen Fall hatte die Bank eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung benutzt, die zu Recht angegriffen wurde. Die meisten Banken nutzen jedoch den gesetzlich seit 2010 vorgegebenen Text in der Widerrufsbelehrung und können sich deshalb auf eine sog. "Gesetzlichkeitsfiktion" berufen. Argument: was soll man mehr tun, als das Gesetz wörtlich abzuschreiben?

Ein weiteres nicht unerhebliches Risiko liegt darin, dass die Banken untereinander um die Risiken wissen. Daher besteht bei den Banken ein erhebliches Interesse daran, getreu dem Motto "eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus" Finanzierungsanfragen abzulehnen, wenn der Anfrager aus einer Widerrufsmöglichkeit Kapital schlagen will. Wir haben sogar von Banken gehört, die allein wegen der Anfrage nach der Widerrufsmöglichkeit die gesamte Geschäftsbeziehung zum Kunden abbrechen wollen. 

Ob es dazu kommt, sei mal dahingestellt. Wichtig ist, dass ein Widerruf kein Selbstläufer wird.

4. Einzelfallprüfung

Daher möchte ich die Erwartungshaltung dämpfen. Man muss sich ohnehin immer den konkreten Vertrag ansehen. Das tue ich für Sie kostenlos. Nach Durchsicht der Unterlagen kann ich Ihnen dann eine Empfehlung geben – aber die kann lauten: Lassen Sie es sein, verschwenden Sie nicht noch mehr Geld. 

Wenn aber etwas zu holen ist, dann kämpfe ich an Ihrer Seite dafür. Als ehemaliger Bankjurist habe ich ein gutes Gespür dafür, wann es sich lohnt.

Sprechen Sie mich an!


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