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Wie entfernt man negative bzw. falsche Bewertungen im Internet?

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1. Ausgangslage

Kundenbewertungen haben heutzutage eine nicht zu unterschätzende Relevanz, da sich sehr viele Kunden vorab über ihren potenziellen Vertragspartner im Internet informieren. Ungerechtfertigte schlechte Bewertungen im Internet können zu erheblichen finanziellen Einbußen für den bewerteten Unternehmer führen. Es besteht die Gefahr, dass sich Bestandskunden abwenden oder potentielle Neukunden lieber einem Wettbewerber zuwenden. 

Die Abgabe von Bewertungen ist auf vielen verschiedenen Portalen möglich, z. B. den folgenden:

  • Amazon
  • eBay
  • Ekomi
  • golocal
  • Google
  • Holidaycheck, HRS & Tripadvisor
  • Jameda, Sanego & Docinsider
  • Kununu & XING
  • Qype 
  • Yelp 

Bewertungen können aber auch in sozialen Netzwerken wie Facebook (LG Köln, Urteil vom 30.09.2015, Az. 28 O 423/12), Bloggingdiensten wie Twitter (OLG Dresden, Urteil vom 01.04.2015, Az. 4 U 1296/14), Foren (vgl. BGH, Urteil vom 27.03.2007, Az. VI ZR 101/06), Blogs (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 25.10.2011, Az. VI ZR 93/10 – Blog-Eintrag) oder RSS-Feeds (vgl. BGH, Urteil vom 27.03.2012, Az. VI ZR 144/11 – RSS-Feeds) erfolgen. 

2. Rechtlicher Rahmen

Die Beurteilung einer Bewertung oder sonstigen Äußerung hängt von vielen Faktoren ab und ist anhand einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind u. a. der Wortlaut der Äußerung, der sprachliche Kontext, sonstige Begleitumstände und das Verständnis des objektiven Empfängers der Erklärung.

Zu unterscheiden sind zunächst Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen. 

Eine Meinungsäußerung ist gekennzeichnet durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens und des Meinens im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.09.2015, Az. 1 BvR 3217/14). Meinungsäußerungen sind wegen des subjektiven Bezug des Äußernden zum Inhalt seiner Äußerung nicht dem Beweis zugänglich, also nicht überprüfbar im Sinne von „wahr“ oder „unwahr“. Meinungsäußerungen sind vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung erfasst. Meinungsäußerungen sind regelmäßig zulässig, es sei denn, es handelt sich um eine Schmähkritik/Formalbeleidigung oder einen Angriff auf die Würde des Menschen. 

Bei Tatsachenbehauptungen handelt es sich um Äußerungen, die einer objektiven Klärung und damit dem Beweis zugänglich sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.04.1994, Az. 1 BvR 23/94 – Auschwitzlüge, BVerfG, Beschluss vom 16.03.2017, Az. 1 BvR 3085/15). Als Tatsachen können auch innere Tatsachen zählen, z. B. die Kenntnis einer Person von einem bestimmten Umstand (vgl. BGH, Urteil vom 22.04.2008, Az. VI ZR 83/07, BKA – Fokus).

Wahre Tatsachenbehauptungen, die dazu geeignet sind, zur Meinungsbildung beizutragen und einem Werturteil als zu Grundlage dienen, sind ebenfalls grundrechtlich geschützt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.10.1991, 1 BvR 1555/88; BVerfG, Beschluss vom 13.04.1994, 1 BvR 23/94; st. Rspr). 

Falsche Tatsachenbehauptungen sind dagegen nicht durch Art. 5 GG geschützt (vgl. AG München zu Verkäuferbewertung bei eBay; BVerfG, Beschluss vom 03.06.1980, Az. 1 BvR 797/78).

Bei Bewertungen im Internet stehen sich regelmäßig die Rechtspositionen des von der Äußerung Betroffenen und das Recht des Bewertenden sowie des Portalbetreibers gegenüber. 

Stets unzulässig und angreifbar sind Äußerungen, die sich inhaltlich nicht mit der Sache auseinandersetzen und eine Formalbeleidigung bzw. eine unsachliche Schmähkritik oder einen Angriff auf die Menschenwürde enthalten. Aufgrund des fehlenden Sachbezugs steht die bloße Ehrbeeinträchtigung des Betroffenen im Vordergrund und gerade nicht die Bewertung einer Leistung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.06.2016, Az. 1 BvR 2646/15).

Sonstige Äußerungen sind dem Grunde nach zulässig. Sie können allerdings dann unzulässig sein, wenn sie sich schwerwiegend auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen auswirken und der so zu befürchtende Schaden „außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht“ (BVerfG, Urteil vom 29.06.2016, Az. 1 BvR 3487/14). 

Eine Meinungsäußerung, die auf einer unrichtigen Tatsachenbehauptung basiert, kann unzulässig sein und erfolgreich angegriffen werden. Wenn sich eine Meinungsäußerung und eine unwahre Tatsachenbehauptung untrennbar aufeinander beziehen, können Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung gemeinsam angegriffen werden (vgl. OLG München, Urteil vom 28.10.2014, Az. 18 U 1022/14).

3. Folgende Ansprüche hat der Betroffene gegenüber negativen Bewertungen

Der Betroffene hat u. a. einen Anspruch „auf Beseitigung eines durch die unwahren Tatsachenbehauptungen geschaffenen Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung“ (vgl. BGH, Urteil vom 28.07.2015, Az. VI ZR 340/14). Umfasst sind neben einem Berichtigungsanspruch (vgl. BGH, Urteil vom 18.11.2014, Az. VI ZR 76/14 – Chefjustiziar) auch ein Anspruch auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung der entsprechenden Tatsachenbehauptungen (vgl. BGH, Urteil vom 28.07.2015, Az. VI ZR 340/14; BGH, Urteil vom 18.09.2014, Az. I ZR 76/13 – CT-Paradies).

Der Betroffene hat weiterhin einen Anspruch auf Unterlassung weiterer Störungen. Soweit der Verfasser der Bewertung unbekannt ist – auf vielen Bewertungsportalen ist eine anonyme Anmeldung möglich und der Bewertende kann mehr oder weniger anonym tätig werden – muss zunächst der Betreiber des Portals in Kenntnis gesetzt werden. Der Betreiber des Portals muss nämlich erst dann tätig werden, wenn er über eine konkrete Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt worden ist. 

Wird der Betreiber des Portals tätig und löscht die rechtsverletzende Bewertung, bestehen gegenüber dem Betreiber keine weiteren Ansprüche. Der Betreiber des Portals ist insbesondere nicht zur Herausgabe der Daten des Verfassers verpflichtet. Vielmehr darf der Betreiber des Portals die Daten aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht herausgeben. 

Soweit dem Betroffenen der Bewertende bekannt ist, etwa weil es sich um die Bewertung eines Kaufs bei einem Online-Händler handelt, ist selbstverständlich ein direktes Vorgehen gegen diesen möglich. 

Hierzu wird der Bewertende zunächst außergerichtlich abgemahnt und zur Unterlassung und Beseitigung aufgefordert. Zur Bereinigung der Angelegenheit hat der Bewertende eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben. Beugt sich der Bewertende nicht, so kann ein gerichtlicher Eilantrag gestellt werden.


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