Wovor schützt das AGG?

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Ich halte es für angebracht, wieder einmal zu erörtern, wen und vor allem wovor das AGG schützt. Man kann sich nicht mit jeder „irgendwie diskriminierend wirkenden“ Sache hinter diesem Gesetz verstecken und Schadensersatz einklagen wollen.

Beispiel: Wenn ein Bewerber wegen tausend Piercings im Gesicht abgelehnt wird, kann er sich diskriminiert fühlen, ich bin mir jedoch sicher, dass das nichts mit dem AGG zu tun hat.

Das AGG schützt vor Benachteiligung wegen:

  • der „Rasse“ (Anm. d. Autorin: Wissenschaftlich gesehen gibt es keine menschlichen Rassen. Wer aber annimmt, es gäbe unterschiedliche menschliche Rassen und behandelt Menschen, die er zu einer vermeintlich „Rasse A“ zählt anders als die, die seiner Ansicht nach zu einer „Rasse B“ zählen, der diskriminiert.),
  • der ethnischen Herkunft,
  • des Geschlechts,
  • der Religion oder Weltanschauung,
  • einer Behinderung,
  • des Alters,
  • der sexuellen Identität.

Das sollte jeder vor Augen haben, der vorhat, wegen Diskriminierung zu klagen. Andererseits ist Arbeitgebern zu raten, solche Äußerungen wie „zu klein“, „nicht die passende Figur“ etc. lieber nicht laut zu sagen, denn wenn sich der Bewerber deshalb verletzt fühlt, ist mit einer Klage zu rechnen und auch wenn der Erfolg fraglich ist, kostet das Zeit und Geld.

Anlass für die Erörterung der Reichweite des AGG war ein Urteil des LAG Köln vom 27.6.2014 (5 Sa 75/14). Eine Frau hatte sich für eine Ausbildung zur Pilotin beworben. Sie ist 161,5 cm groß. Im Tarifvertrag war eine Größe von 165 cm vorgeschrieben. Die Frau sah sich diskriminiert, weil durch die Regelung Frauen mittelbar benachteiligt würden, denn sie seien durchschnittlich kleiner als Männer. Das Bewerbungsverfahren wurde von der Lufthansa AG durchgeführt. Der potenzielle Arbeitgeber wäre aber eine Tochtergesellschaft der Lufthansa AG gewesen.

Offensichtlich gibt es keine sachlichen Gründe für die Ablehnung aufgrund der Körpergröße, denn andere Airlines lassen auch kleine Menschen als Piloten zu.

Die Klägerin unterlag trotzdem. Sie verlor gegen die Lufthansa, da der Arbeitgeber eine Tochtergesellschaft gewesen wäre und wegen nicht ausreichender Begründung in der Berufung unterlag sie auch gegen den potentiellen Arbeitgeber.

Der Fall sollte „Aufhänger“ für die Frage sein, wann das AGG anzuwenden ist: Immer dann, wenn es sich um eines der oben genannten „Diskriminierungsmerkmale“ handelt. „Zu klein“ kann dann ein Diskriminierungsmerkmal erfüllen, wenn es mittelbar Frauen ausschließt oder ihnen den Zugang zu Beschäftigung (etc.) erschwert und wenn es keine sachlichen Gründe gibt für eine Ungleichbehandlung. Wenn also im Fall des LAG Köln aus sicherheitsrelevanten Gründen eine Mindestgröße des Flugpersonals zwingend erforderlich wäre, dann ist eine Ungleichbehandlung auch gerechtfertigt.


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