Wüstenrot Bausparkasse zahlt Bonus nach Klageerhebung an Minderjährige Sparerin aus.

  • 4 Minuten Lesezeit


Die Eltern der minderjährigen Kundin der Bausparkasse hatten als gesetzliche Vertreter Ihres Kindes im Kalenderjahr 2004 einen Jugendbausparvertrag, der Bestandteil des speziellen Jugendspar - und - Bausparkonto – Pakets „IDEAL&CLEVER“ der Bausparkasse ist, abgeschlossen.

1.) Die Kündigung

Die Bausparkasse kündigte Schreiben vom 15.04.2020 den Bausparvertrag zum Oktober 2020. Die Kündigung begründete die Bausparkasse wie folgt: Der Vertrag sei seit über 10 Jahren zuteilungsreif. Da die Niedrigzinsphase bereits seit vielen Jahren anhält, werden die in der Vergangenheit geschlossenen Bausparverträge mit höheren Zinssätzen oft als reine Geldanlage verwendet, ohne dass ein Interesse an einem Bauspardarlehen bestünde. 

Mit diesem Schreiben wurden die Eltern der Klägerin aufgefordert, für den Zweck der Überweisung des Bausparguthabens eine entsprechende Kontoverbindung anzugeben sowie bekannt zu geben, ob das Bauspardarlehen genutzt werden soll oder darauf verzichtet wird.

2.) Das Antwortschreiben auf die Kündigung

Mit Ihrem Antwortschreiben wurde der Bausparkasse von den Eltern der Minderjährigen als Reaktion auf die Kündigung eine Kontoverbindung mit und kündigten im Übrigen auch das zum Pakte dazuge-hörende Jugendsparkonto Ihres minderjährigen Kindes. Im Rahmen dieses Schreibens wurde die Bausparkasse von den Eltern zu Recht darauf hingewiesen, dass ihr minderjähriges Kind zum Zeitpunkt der Kündigung nicht in der Lage ist, eine Immobilie rechtswirksam zu erwerben.

Dies beinhaltete nach meiner Ansicht bereits, dass die Eltern mit dieser Aussage (wohlgemerkt der Bausparvertrag wurde gekündigt) jedenfalls konkludent mit dieser Mitteilung zum Ausdruck gebracht hatten, dass durch Sie als gesetzliche Vertreter ihres minderjährigen Kindes auf den Anspruch auf Erteilung eines Bauspardarlehens verzichtet wird.

3.) Das Regulierungsverhalten nach Kündigung:

Die Bausparkasse hatte in Folge der Kündigung das angesparte Bausparguthaben ausbezahlt. Was aber nicht erfolgte, war die vertraglich seitens der Bausparkasse mit dem Minderjährigen vereinbarte Zahlung eines Schlussbonus zum Vertragsende. Eine solche ist im Rahmen der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB A) unter §3 Abs 2 geregelt. Dort heißt es wie folgt:

„ (2) Verzichtet der Bausparer in der Tarifvariante A/S nach einer Normalzuteilung (§4) auf das gesamte Bauspardarlehen, erhöht sich die Gesamtverzinsung des Bausparguthabens rückwirkend ab Vertragsbeginn auf 2% jährlich, wenn mindestens 7 Jahre seit Vertragsbeginn vergangen sind. Bei Vertragsänderung ist dabei der neu ermittelte Vertragsbeginn (§13) Grundlage für die Laufzeitberechnung.

Verzichtet der Bausparer in der Tarifvariante A/R nach Zuteilung (§4) auf das gesamte Bauspardarlehen, erhöht sich die Gesamtverzinsung des Bausparguthabens rückwirkend ab Vertragsbeginn auf 3,25% jährlich, wenn mindestes 7 Jahre seit Vertragsbeginn vergangen sind und keine Vertragsänderung (§13), keine Vor- oder Zwischenfinanzierung und keine Abtretung oder Verpfändung (§14) erfolgt ist. Die Höherverzinsung endet spätestens mit Ablauf des 8. Kalenderjahres nach Vertragsbeginn, wobei das Jahr des Vertragsbeginns als erstes Kalenderjahr gewertet wird.“

4.) Außergerichtliche Geltendmachung und Klageerhebung: 

Die Beklagte war außergerichtlich erfolglos mit Schreiben der Eltern aufgefordert den Schlussbonus auszubezahlen. Dies war von der Bausparkasse zurück gewiesen worden. Die Bausparkasse behaupte, dass ein Anspruch des minderjährigen Kindes würde nicht bestehen. Dies, weil der Bonus, d.h. die rückwirkende Höherverzinsung nur für den Fall geschuldet ist, falls ein vollständiger Verzicht auf das zugeteilte Bauspardarlehen gewährt wird.  Damit behauptete die Beklagte dass seitens der Eltern, ein Verzicht auf das zugeteilte Bauspardarlehen nicht erfolgt sei.

Dies, obwohl die Eltern des minderjährigen Kindes zuvor mit Ihrer Stellungnahme nach der mir vertretenen Rechtsansicht, wenn auch nicht ausdrücklich, so doch konkludent  durch die Kündigung des dazugehörigen Jugendsparkontos und den in übrigen abgegebenen Erklärungen meines Erachtens ausreichend zum Ausdruck gebracht hatten.

Es wurde Klage zum Amtsgericht Ludwigsburg erhoben. Das Verfahren unter dem Aktenzeichen 1 C 675/21 geführt.

Auch das Gericht vertrat die von den Eltern und unserer Kanzlei vertretene Rechtsansicht und erteilte einen entsprechenden richterlichen Hinweis. Ein Verzicht könne ggf. eben auch nicht ausdrücklich sondern konkludent erklärt worden sein. 

Nachdem der entsprechende Hinweise erteilt worden war erfolgte die Zahlung durch die Bausparkasse.

Fazit:

Sollten im Zusammenhang mit der Abwicklung von Bausparverträgen nach Kündigung durch die Bausparkasse Erklärungen gefordert werden ist, falls man sich nicht ohnehin ggf. insgesamt gegen die Kündigung zur Wehr setzen kann, es ggf.  empfehlenswert geforderte Erklärungen möglichst eindeutig vom Wortlaut her abzugeben. Falls aber sinngemäß ein Verzicht erklärt wurde, lohnt es sich ggf. auch durch Klageerhebung gegen die Bausparkasse vorzugehen.  Jeder Einzelfall ist genau zu prüfen. Rechtlich empfehlenswert ist kritisch zu hinterfragen, ob Kündigungsrechte bei der Kündigung von Prämiensparverträgen oder Bausparverträgen überhaupt bestehen. Ferner ist kritisch zu prüfen ob  Bonus- bzw. Zinsnachzahlungsansprüchen durch die Bausparkassen oder Banke und Sparkassen entsprochen wird. Viele Banken sind um Deeskalation bemüht, nachdem Grundsatzurteile des Bundesgerichtshofes vorliegen. Die Berechnungsweise von Zinsen bleibt heftig umstritten, nachdem Referenzzinsätze von Sparkassen teilweise erfolgreich angegriffen wurden. An einem gerichtlichen Gutachen kommt, man, wenn man nicht vergleichsbereit ist nicht vorbei. Dies verursacht hohe Kosten.

Der vorliegende Fall lag von der rechtlichen Problematik etwas abseits, ist aber meine ich auch berichtenswert.

Die Kosten einer rechtlichen Erstberatung in diesem Fällen betragen bei uns 249,90 €. 

Ohne Rechtschutzversicherungen sind Fälle der vorliegenden Art rechtlich schwierig handhabbar, da es häufig um relativ niedrige Zahlungsforderungen geht. Selbst bei Rechtsschutzversicherungen die eine hohe Selbstbeteiligung haben ist insbesondere bei Verträgen die keine lange Laufzeit aufweisen eine rechtliche Interessenvertretung aus wirtschaftlichen Gründen manchmal kritisch zu hinterfragen.

Foto(s): Martin Haas

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Martin J. Haas

Beiträge zum Thema