Zur Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots

  • 4 Minuten Lesezeit

In einer neueren Entscheidung hatte das LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 03.08.2012, 9 SaGa 6/12) sich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein im Arbeitsvertrag des Handelsgehilfen formularmäßig vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot wirksam ist. Im Ergebnis wurde dabei das Wettbewerbsverbot bestätigt.

Gegenstand des Verfahrens war ein Antrag der ehemaligen Arbeitgeberin des Beklagten, diesem im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, bei seinem neuen Arbeitgeber tätig zu werden.

Die Klägerin produziert und vertreibt ein monatlich erscheinendes kostenloses Anzeigenblatt. Der Beklagte war seit 2004 bei der Klägerin im Anzeigenvertrieb beschäftigt. Der Arbeitsvertrag sah das folgende nachvertragliche Wettbewerbsverbot vor:

„Dem Arbeitnehmer ist es untersagt, auf die Dauer von 2 Jahren nach Beendigung dieses Vertrags in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit dem Unternehmen des Arbeitgebers in direktem oder indirektem Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. In gleicher Weise ist es dem Arbeitsnehmer untersagt, während der Dauer dieses Vertrags ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen. Das Wettbewerbsverbot gilt auch zugunsten der mit dem Arbeitgeber verbundenen Unternehmen."

Während der Dauer des Wettbewerbsverbots sollte der Beklagte für jedes Jahr 50% des zuletzt bezogenen Entgelts erhalten. Hierbei musste er sich allerdings anderweitigen Erwerb nach § 74c HGB anrechnen lassen.

Der Beklagte hatte sein Arbeitsverhältnis zum 29.02.2012 gekündigt und zum 01.03.2012 eine Stelle bei seinem neuen Arbeitgeber angetreten, der ein monatlich erscheinendes kostenloses Magazin mit mehreren Lokalausgaben am Markt einführen will. Die Erscheinungsgebiete der Zeitschriften überschneiden sich zu einem großen Teil.

Nachdem das Arbeitsgericht dem Antrag erstinstanzlich stattgegeben und den Beklagten untersagt hat, bis zur Entscheidung der Hauptsache für seinen neuen Arbeitgeber tätig zu werden, legte der Beklagte Berufung ein. Zum einen stelle das Wettbewerbsverbot eine unbillige Erschwerung seines Fortkommens im Sinne des § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB dar, da es seinem Wortlaut nach räumlich und inhaltlich unbeschränkt sei. Im Endeffekt müsse der Beklagte jeden potentiellen Arbeitgeber daraufhin überprüfen, ob er mit der Klägerin oder einer ihrer Tochterunternehmen im Wettbewerb steht. Diese Prüfung müsste auch auf die mit dem potentiellen Arbeitgeber verbundenen Unternehmen ausgeweitet werden. Schon deshalb sei das Wettbewerbsverbot unwirksam. Zum anderen handele es sich bei dem Arbeitsvertrag um einen Formularvertrag, so dass das Wettbewerbsverbot der AGB-rechtlichen Kontrolle unterfiele. Es sei wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam.

Mit dieser Argumentation drang der Beklagte auch in der Berufungsinstanz nicht durch.

Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts stellt der Arbeitsvertrag zwar Allgemeine Geschäftsbedingungen dar. Ungeachtet dessen wäre - nach Ansicht des LAG - die Rechtsfolge eines zu weit gefassten Wettbewerbsverbots aber nicht dessen vollständige Unwirksamkeit, sondern es würde sich vielmehr nach § 74a HGB lediglich auf das zulässige Maß reduzieren. Einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht unterliege das Wettbewerbsverbot nicht, da es sich um eine Hauptleistungspflicht handele, die der Kontrolle entzogen sei.

Da es im vorliegenden Verfahren um die Tätigkeit bei einem konkreten Arbeitgeber ging, musste das Landesarbeitsgericht so nur noch über die Frage entscheiden, ob im konkreten Fall eine vom Wettbewerbsverbot erfasste Tätigkeit vorlag. Dies hat es bejaht und dem Verfügungsanspruch so stattgegeben.

Die Entscheidung ist meines Erachtens insoweit bedenklich, als dass das Gericht feststellt, dass ein formularmäßig vereinbartes Wettbewerbsverbot grundsätzlich nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterfallen soll. Die Frage ist umstritten, wobei die vom LAG zitierte Rechtsprechung dahin zu tendieren scheint, eine Kontrolle nicht für möglich zu erachten. Dies kann jedoch meines Erachtens nur schwer damit begründet werden, dass das Wettbewerbsverbot eine Hauptleistungspflicht des Arbeitsvertrags darstelle. Dies dürfte in vielen Fällen lebensfremd sein. Aller Erfahrung nach werden nachvertragliche Wettbewerbsverbote im vom Arbeitgeber vorgelegten Entwurf des Arbeitsvertrags aufgenommen und häufig von den Parteien neben Gehalt, Dienstwagen und Urlaubsabreden nicht weiter erörtert. Dies mag auch daran liegen, dass die Arbeitnehmer der Regelung keine große Bedeutung beimessen. Meistens entspricht die geschuldete Karenzentschädigung dabei auch dem gesetzlichen Mindestanspruch. Wenn die Parteien aber - wie häufig - der Regelung keine Bedeutung beimessen, fällt es schwer, sie als Hauptleistungspflicht des Vertrags anzusehen und damit der Inhaltskontrolle zu entziehen. Denn die Hauptleistungspflichten des Arbeitsvertrags sind im Wesentlichen die Übernahme von Diensten gegen Entgelt. Verhandeln die Parteien jedoch über das Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag, so unterfällt es als Individualvereinbarung ohnehin nicht der Kontrolle nach dem AGB-Recht.

Entscheidend ist die Frage nur in einem Punkt: wenn ein inhaltlich über das erlaubte Maß hinaus gehendes Wettbewerbsverbot nur § 74a HGB unterfällt, findet eine geltungserhaltende Reduktion auf das erlaubte Maß statt. Das Verbot ist damit im Rahmen des gesetzlich zulässigen zu beachten. Wenn das Wettbewerbsverbot aber formularmäßig vereinbart ist und über das erlaubte Maß hinausgeht, so ist eine geltungserhaltende Reduktion auf das erlaubte Maß ausgeschlossen und das Wettbewerbsverbot entfällt vollständig.

Mit der vorliegenden Entscheidung bleibt dem Arbeitnehmer in der Praxis nur die Möglichkeit, den Arbeitgeber vor Antritt einer konkreten Stellung ausdrücklich zum Verzicht auf das Wettbewerbsverbot aufzufordern, wenn zweifelhaft ist, ob ein Wettbewerbsverhältnis vorliegt oder ob das Wettbewerbsverbot über das gesetzliche Maß hinausgeht. Stimmt der Arbeitgeber zu, kann er keine Ansprüche aus dem Verbot mehr geltend machen. Stimmt er nicht zu, so schuldet er - wenn die Stellung vom Wettbewerbsverbot nicht erfasst war und wegen der Verweigerung des Verzichts nicht angetreten wurde - Schadenersatz.

Alles in allem birgt das nachvertragliche Wettbewerbsverbot mit der Entscheidung aber weiterhin viel Ungewissheit, so dass mit weiteren Auseinandersetzungen zu rechnen ist.

Rechtsanwalt Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Heiko Effelsberg LL.M.

Beiträge zum Thema