THC: 3,5 ng/ml-Grenze auch bei der MPU? Regierungsfraktionen planen restriktive Anwendung. Eile geboten!

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Ein Beitrag von Michael Böhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht, Konstanz


§ 13a FeV und die neuen Regeln in den Nummer 9.2. ff. der Anlage 4 zur FeV sorgen derzeit für reichlich Unsicherheit bei den Fahrerlaubnisbehörden. Während mancherorts bereits recht großzügig gehandelt und bei Ersttätern mit einstelligem THC-Aktivwert im Fall von gelegentlichem Konsum auf die MPU verzichtet wird, verhalten sich die meisten Führerscheinstellen noch sehr abwartend.  



Keine MPU mehr nach gelegentlichem Cannabis-Konsum!

Die neue Nr. 9.2.1. der Anlage 4 zur FeV verlangt für eine MPU aktuell:

„Das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Cannabiskonsum können nicht hinreichend sicher getrennt werden.“

In einem Entwurf einer Formulierungshilfe der Bundesregierung für die Fraktionen der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP zum Entwurf eines sechsten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (Stand 17.04.2024) soll Nr. 9.2.1. der Anlage 4 zur FeV wie folgt umformuliert werden:


„Das Führen von Fahrzeugen und ein Cannabiskonsum mit nicht fernliegender verkehrssicherheitsrelevanter Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeugs können nicht hinreichend sicher getrennt werden.“


Diese Legaldefinition soll angepasst werden, weil es nach derzeitigem Kenntnisstand der Wissenschaft nicht möglich sei, einen THC-Grenzwert festzulegen, ab dem das sichere Fahren regelmäßig nicht mehr gewährleistet sei. Damit korrespondiere die angepasste Definition von Cannabismissbrauch mit dem geplanten gesetzlichen Wirkungsgrenzwert von 3,5 ng/ml im Blutserum in § 24a StVG. Bei Erreichen dieses Wertes sei eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung nicht fernliegend, aber deutlich unterhalb der Schwelle, ab der ein allgemeines Unfallrisiko beginne.

Es bleibt abzuwarten, welcher Grenzwert tatsächlich für die MPU Verwendung finden wird.

Der Grenzwert von 3,5 ng/ml THC soll laut der Expertenkommission des Bundesverkehrsministeriums beim Alkohol 0,2 Promille entsprechen. Jedoch wird bei 0,2 Promille Alkohol keine MPU gefordert,  die MPU beim Alkohol wird stattdessen grundsätzlich erst ab 1,6 Promille – wenn man keine Ausfallerscheinungen hat schon ab 1,1 Promille – angeordnet.

Deshalb erscheint es nicht angebracht und unangemessen, schon bei 3,5 ng/ml THC die MPU zu verlangen.


Gleichheitsgrundsatz verletzt: Gerichtliche Auseinandersetzung um endgültigen Grenzwert zu erwarten

Da Art. 3 Abs. 1 GG es verbietet, wesentlich Gleiches ungleich zu behandeln – und die Expertenkommission hat selbst die Parallele zum Alkohol hergestellt – droht eine Feststellung des endgültigen Grenzwertes durch die Justiz.


Unsicherheit ausnutzen: Eile geboten!

Derzeit ist die Lage noch unklar und deshalb Eile geboten, um eine mögliche Verschlechterung zu vermeiden: Wem aktuell eine MPU droht, die Frist zur Vorlage des Gutachtens aber noch läuft, kann ein schnelles Ende des Verfahrens erreichen – ohne MPU!

§ 13a FeV gilt nicht rückwirkend, es wird also nicht jede bestehende MPU-Anordnung automatisch unwirksam. Aber der Fahrerlaubnisbehörde kann in einem laufenden Verfahren vorgehalten werden, dass sie zwar vor dem 01.04.2024 die MPU verlangen durfte, aber in einem Verfahren auf Neuerteilung nicht mehr. Dieser Widerspruch ist zugunsten des Betroffenen aufzulösen, was bereits tatsächlich erfolgt.

Wenn die Fahrerlaubnis schon entzogen worden ist, lohnt es sich für gelegentliche THC-Konsumenten, anwaltlich unterstützt einen neuen Versuch zu unternehmen und die Neuerteilung zu beantragen. Wer mehr als 3,5 ng/ml THC im Blutserum hatte, sollte sich beeilen, da sich die derzeit günstige Rechtslage wieder verschlechtern könnte, sollte der Plan der Regierungsfraktionen Gesetz werden.


Als erfahrener  Fachanwalt für Verkehrsrecht unterstütze ich Sie gerne dabei, Ihre Fahrerlaubnis zu erhalten bzw. wieder zu erlangen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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