Abmahngefahr: Werbung mit Bewertungen aus Gewinnspielen wettbewerbswidrig

  • 4 Minuten Lesezeit

Die Auslobung von Gewinnspielen auf Facebook und Instagram erfreut sich immer größerer Beliebtheit bei Unternehmen. Auf diesem Wege können schnell, ohne großen Aufwand und kostengünstig eine große Anzahl von positiven Bewertungen und Likes für das eigene Unternehmen generiert werden. 

Doch Achtung: Das OLG Frankfurt a.M. entschied mit Urteil vom 20.08.2020, dass ein Unternehmen nicht mit Bewertungen werben darf, die es als Gegenleistung von Nutzern für die Teilnahme an Gewinnspielen erhält. Die Werbung mit solchen Bewertungen sei unlauter, da es sich bei solchen Bewertungen um "gekaufte" Bewertungen handelt. Werbung mit gekauften Bewertungen sei wettbewerbswidrig.

Anlass der Klage: Gewinnspielteilnahme auf Facebook gegen Bewertung

Sowohl Kläger als auch die Beklagte vertreiben Whirlpools und sind daher Wettbewerber. Streitpunkt war die Werbung der Beklagten mit ihren zahlreichen positiven Bewertungen auf Facebook. 

Zuvor hatte die Beklagte über Facebook ein Gewinnspiel über einen Luxus-Whirlpool ausgelobt. Die Teilnahmemöglichkeiten wurden im Post wie folgt benannt:

"Wie Du gewinnen kannst? Ganz einfach: Diesen Post liken, kommentieren, teilen; unsere Seite liken oder bewerten. Jede Aktion erhält ein Los und erhöht eine Gewinnchance".

Die Gewinnspielauslobung der Beklagten führte zu zahlreichen Bewertungen von Nutzern bei Facebook, auf „Google My Business“ und bei „11880.com“. 

Die Klägerin hilt die Werbung der Beklagten mit den auch aus diesem Gewinnspiel generierten Bewertungen für unlauter, denn dabei handele es sich um „gekaufte Bewertungen“. Nutzer würden Bewertungen (nur) abgeben, um am Gewinnspiel teilnehmen zu können. Daher handelt es sich bei solchen Bewertungen um Gegenleistungen für die Gewinnspielteilnahme. Daher sei die Werbung mit allen Bewertungen irreführend und daher wettbewerbswidrig.

Urteil: Werbung mit Bewertungen aus Gewinnspielen unlauter

Sowohl das LG als auch das OLG Frankfurt a.M. als Berufungsgericht gaben der Klage statt, da die Werbung der Beklagten mit ihren positiven Bewertungen irreführend und damit wettbewerbswidrig sei.

konkret wurde die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, mit Bewertungen zu werben, wenn auf diese Bewertungen durch die Ermöglichung der Teilnahme an dem Gewinnspiel als Gegenleistung für die Abgabe einer Bewertung Einfluss genommen wurde.

Nutzer vertrauen Bewertungen von anderen Nutzer (eher als Unternehmenswerbung)

Bewertungen sind heutzutage nicht nur für Unternehmen wichtig, sondern auch für Nutzer, beachten sie bei ihren Kaufentscheidungen die Erfahrungen anderer Nutzer. Dabei gehen Nutzer davon aus, dass Äußerungen von Dritten über Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens frei und ohne Gegenleistung abgegeben wurden. Daher vertrauen sie Bewertungen von Nutzern auch eher als der Werbung des Unternehmens.

Bewertung als Gegenleistung für Gewinnspielteilnahme nicht frei und unabhängig

Geben Nutzer eine positive Bewertung jedoch nur ab, um an einem Gewinnspiel teilzunehmen, handelt es sich nicht mehr um eine freie und unabhängige Empfehlung. 

Zwar habe die Beklagte im Post nicht explizit eine positive Bewertung verlangt. Es liege jedoch auf der Hand, dass Nutzer eher eine positive Bewertung abgeben, um ihre Chance auf Teilnahme am Gewinnspiel zu erhöhen. Es läge daher keine "bezahlte" Empfehlung im Wortsinn vor; jedoch seien die Bewertungen nicht als objektiv anzusehen.

Bewertungen aus Gewinnspielen verzerren Eindruck von Größe und Bekanntheit 

Zudem hätte die Beklagte aufgrund der Gewinnspielauslobung auch mehr Bewertungen erhalten. Durch die hohe Anzahl an Bewertungen macht sie sich „größer“ und „bekannter“, als sie es tatsächlich (ohne Auslobung des Gewinnspiels) ist. Auch dies führe zu einer Irreführung der Nutzer.

Bewertungen aus Gewinnspiel verzerren Gesamtbewertung des Unternehmens

Zudem wirken sich die zahlreichen aus einem Gewinnspiel generierten eher positiven Bewertungen auch „positiv“ auf die Gesamtbewertung eines Unternehmens aus. Daher würde auch das Leistungsbild des Unternehmen verzerrt.

Nutzer nicht an Bewertungen aus Gewinnspiel gewöhnt

Den Einwand der Beklagten, Nutzer seien heutzutage daran gewöhnt, dass Bewertungen auch aus Gewinnspielauslobungen resultieren, wiesen die Gerichte zurück. Dagegen spräche schon - so die Gerichte -, dass die Beklagte beim Gewinnspiel einen wertvollen Preis ausgelobt habe. Dies lohne sich nur, wenn sie sich hiervon durch mehr und bessere Bewertungen auch einen Nutzen verspricht.

Andere Teilnahmemöglichkeiten unerheblich

Schließlich wiesen die Gerichte den Hinweis der Beklagten zurück, dass Nutzer noch andere Möglichkeiten gehabt hatten, um am Gewinnspiel teilzunehmen (z.B. durch „liken“, kommentieren oder teilen des Beitrags). Da es ausweislich des Posts der Beklagte für jede Aktion ein zusätzliches Los gab, hätten Nutzer - so die Gerichte - sicher ihre Chancen zur Gewinnspielteilnahme durch Abgabe auch einer Bewertung erhöhen wollen. Hierfür spräche jedenfalls ein Anscheinsbeweis. Diesen konnte die Beklagte nicht widerlegen. 

OLG Frankfurt a.M. v. 20.08.2020 - 6 U 270/19

Quelle: PM des OLG Frankfurt a.M. vom 10.09.2020

Praxishinweis

Das Urteil des OLG Frankfurt a.M. zeigt, dass die Werbung mit Bewertungen dann rechtlich angreifbar ist, wenn in diesen Bewertungen auch solche sind, die über eine Gewinnspielauslobung generiert wurden. Dies jedenfalls, wenn Nutzer auf diesen Umstand nicht hingewiesen werden.

Wie Unternehmen diese Irreführung ausräumen können, dazu schweigt das Urteil leider. Theoretisch kann man einer Irreführung durch einen gut sichtbaren transparenten "aufklärenden" Hinweis entgegenwirken. Wo ein solcher Hinweis auf Social Media konkret platziert und wie er lauten müsste, dazu schweigt das Urteil ledier ebenfalls.

Haben Sie eine Abmahnung wegen Wettbewerbsverstöße erhalten, stehe ich auch Ihnen gerne außergerichtlich und gerichtlich zur Seite. Aufgrund meiner Spezialisierung im Wettbewerbsrecht und meiner jahrelangen Erfahrung in der Beratung von Mandanten im Wettbewerbsrecht können Sie darauf vertrauen, dass ich die einschlägige Rechtsprechung und Angriffspunkte gegen wettbewerbsrechtliche Abmahungen kenne. Mein Beratungsansatz ist dabei nicht, Ihnen nur zu sagen, was nicht geht, sondern auch "was geht".


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Fachanwältin Denise Himburg

Beiträge zum Thema