Abmahnung erhalten - was tun?

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Sie haben eine Abmahnung erhalten?

Das Wichtigste vorab: Handeln Sie schnell und überlegt! Die Fristen bei einer Abmahnung sind häufig sehr kurz. Unterschreiben Sie aber niemals eine Unterlassungserklärung, ohne diese vorab zu prüfen, oder zahlen Sie den geforderten Betrag an die Gegenseite. Ob eine Abmahnung begründet ist, kann ein fachkundiger Rechtsanwalt am besten einschätzen. Die Media Kanzlei hilft Ihnen hierbei gerne!

Was ist eine Abmahnung?

Warum gibt es überhaupt Abmahnungen?

Die Unterlassungserklärung – was ist das eigentlich?

Abmahnung – das ist doch Rechtsmissbrauch!

Was sind die Kosten einer Abmahnung?

Filesharing Abmahnung – oder auch: Hilfe, mein Kind hat illegal einen Film gedownloadet!

Haftung der Eltern bei Filesharing

Haftung des Kindes

Kein Impressum = keine Abmahnung?

Aktuell: Abmahnung wegen Vertrieb von Corona Tests

Abmahnung gegen Betreiber der Clubhouse App

Brauche ich einen Anwalt, um gegen eine Abmahnung vorzugehen?

Wie soll ich mich verhalten, wenn ich eine Abmahnung erhalten habe?

Was ist eine Abmahnung?

Eine Abmahnung stellt eine schriftliche Aufforderung, ein bestimmtes Handeln vorzunehmen oder zu unterlassen. Häufig werden Abmahnungen beispielsweise im Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Patentrecht oder im Presserecht genutzt. So kann der Empfänger einer Partei aufgefordert werden, 

  • die Nutzung einer geschützten Marke
  • den Verkauf eines urheberrechtlich geschützten Werkes (Buch, Musik, Film etc.)
  • die identifizierende Berichterstattung über den Betroffenen im Rahmen eines Presseberichts

und weitere vergleichbare Handlungen zu unterlassen.

Das Abmahnschreiben ist fast immer gleich aufgebaut. Es enthält einen Hinweis auf die Verletzungshandlung, die Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie der Zahlung der entstandenen Kosten und eine Frist. 

Die Fristen in einer Abmahnung sind fast immer sehr kurz. Daher ist schnelles Handeln gefragt. Sollten Sie die Frist verstreichen lassen, ohne zu handeln, droht Ihnen eine einstweilige Verfügung.

Warum gibt es überhaupt Abmahnungen?

Bevor der Gläubiger gerichtliche Schritte einleitet, sollte er zunächst einmal abmahnen. Denn: wer gerichtliche Schritte einleitet, ohne vorher außergerichtlich abgemahnt zu haben, riskiert, dass der Gegner den Anspruch anerkennt. Tut er dies, trägt der Kläger nach § 93 ZPO die Kosten des Verfahrens, auch wenn er in der Sache gewinnt. § 93 ZPO besagt nämlich, dass der Kläger bei einem Anerkenntnis des Gegners immer dann die Kosten trägt, wenn der Beklagte keinen Anlass zur Klage gegeben hat. Das heißt, der Beklagte muss vorher zumindest einmal kundgetan haben, dass er den Anspruch gerade nicht anerkennt, also nicht bereit ist, das vom Kläger geforderte zu tun oder zu unterlassen. Und der beste Weg des Klägers genau dies herauszufinden, ist, den Beklagten abzumahnen. Ignoriert er die Abmahnung oder weigert er sich, eine Unterlassungserklärung abzugeben, so steht fest, dass er den Anspruch gerade nicht anerkennt. Der Kläger hat also Anlass zur Klage.

Die Unterlassungserklärung – was ist das eigentlich?

Der Empfänger wird mit der Abmahnung dazu aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Aus rechtlicher Sicht führt schon eine einmalige Verletzung zu einer Wiederholungsgefahr, die nur durch Abgabe einer solchen Erklärung oder einen Verbotsurteil oder -beschluss beseitigt werden kann. Wurde die Unterlassungserklärung einmal unterzeichnet, so entsteht einVertrag zwischen dem Abmahnenden – Unterlassungsgläubiger – und dem Abgemahnten –Unterlassungsschuldner. Dieser Vertrag ist auf Dauerbindend! Eine Lösung von ihm ist nicht mehr ohne weiteres möglich. Unterzeichnet der Abgemahnte die Unterlassungserklärung und begeht die zu unterlassende Handlung dann doch noch einmal, fallenerheblicheVertragsstrafenan! Diese sind unbedingt zu vermeiden. Wichtig hierbei ist dementsprechend auch, zuerst alle Verletzungsverhandlungen zu löschen bzw. löschen zu lassen und erst dann die Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.

Abmahnung – das ist doch Rechtsmissbrauch!

Immer öfter liest man von „rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen“ oder dass Abmahnungen generell einen Rechtsmissbrauch darstellen würden. Das stimmt so nicht ganz. Allerdings kommt es gerade im Wettbewerbsrecht immer häufiger zu rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen.

Rechtsmissbrauch steht immer dann im Raum, wenn es so aussieht, als sei das Ziel der Abmahnung gar nicht der unlautere Wettbewerb, sondern vielmehr der finanzielle Vorteil.

Juristisch gesprochen liegt ein Rechtsmissbrauch einer Abmahnung beispielsweise dann vor, wenn der Abmahner mit sachfremden und für sich genommen nicht schutzwürdigen Zielen tätig wird.

Dies ist dann zu bejahen, wenn durch die Abmahnung vorrangig Gewinne erzielt werden sollen.

Ob eine Abmahnung tatsächlich rechtsmissbräuchlich ist, ist für einen Laien kaum und auch für Anwälte schwer erkennbar. Hierbei sollte unbedingt Rat von einem spezialisierten Anwalt eingeholt werden. Die Fachanwälte der Media Kanzlei beraten Sie gerne!

Was sind die Kosten einer Abmahnung?

Die Kosten einer Abmahnung richten sich nach dem zugrundliegenden Streitwert. Der Streitwert richtet sich nach der Verletzungshandlung oder ist auch von Rechtsgebiet zu Rechtsgebiet unterschiedlich. So ist zum Beispiel im Äußerungsrecht pro abgemahnter Äußerung ein Streitwert von 15.000€ gang und gäbe. Im Markenrecht liegen die Streitwerte mitunter bei 500.000€. Die Abmahnkosten setzen sich aus einer gesetzlich festgelegten Geschäftsgebühr, einer Pauschale für Telekommunikation und Post sowie Mehrwertsteuern zusammen. Hier sollen exemplarisch einmal die Abmahnkosten bei einem Streitwert von 30.000€ (mittlerer Bereich) und einmal von 500.000€ (oberer Bereich) dargestellt werden. Beim einem Streitwert von 30.000€ belaufen sich die außergerichtlichen Abmahnkosten des Anwalts seit der RVG-Novellierung auf 1.501,19€. Bei einem Streitwert von 500.000€ auf 5.498,63€. Einen Gebührenrechner finden Sie beispielsweise beim Anwaltsverein "Gebührenrechner".

Diese Kosten hat im Falle einer berechtigten Abmahnung der Abmahnungsempfänger bzw. in einem gerichtlichen Verfahren der Verlierer zu tragen. Sind Sie von einer Abmahnung betroffen, lohnt sich eine anwaltliche Prüfung also auf jeden Fall! Denn wichtig ist: Ist die Abmahnung nicht berechtigt, müssen Sie gar nichts zahlen. Handelt es sich um eine Abmahnung, die sich gegen mehrere richtet, müssen die Kosten gegebenenfalls zwischen den Abgemahnten aufgeteilt werden.

Filesharing Abmahnung – oder auch: Hilfe, mein Kind hat illegal einen Film gedownloadet!

Die wohl bekannteren Fälle der Abmahnungen gegen Kinder bzw. deren Eltern finden sich im Bereich des Filesharing. Hier insbesondere durch das illegale Herunter- und Hochladen von urheberrechtlich geschützten Werken, wie z.B. Songs, Filmen und Serien. 

Haftung der Eltern bei Filesharing

Meist geht eine diesbezügliche Abmahnung zunächst an die Eltern als Inhaber der Internetanschlusses. Wissen sie, wer die Urheberrechtsverletzung verursacht hat – sprich, wer beispielsweise einen Film gedownloadet hat - müssen sie den Namen preisgeben. Dies gilt auch, wenn es sich dabei um das eigene Kind handelt (BGH, Urteil vom 30. März 2017 - I ZR 19/16). Wollen sie den Namen nicht verraten, haften Sie selbst. Die Eltern können ihrer Haftung allerdings dann entgehen, wenn sie ihr Kind ausreichend über die Gefahren im Internet sowie die rechtlichen Konsequenzen aufgeklärt haben. Eltern müssen ihre Kinder diesbezüglich allerdings auch nicht kontrollieren oder über jedes einzelne Detail möglicher Urheberrechtsverletzungen informieren. Laut BGH (Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 7/14) reicht es aus, dass die Aufklärung beispielsweise bzgl. Filesharing beinhaltet, was Filesharing ist und inwiefern es rechtswidrig ist. Außerdem sollte die Nutzung von Filesharing-Programmen untersagt werden. Eine allgemeine Aufklärung über Gefahren im Internet reicht hingegen nicht aus. Ob eine ausreichende Aufklärung stattgefunden hat und sich die Eltern somit von ihrer Haftung befreien können, ist stark einzelfallabhängig. Betroffene sollten sich dementsprechend unbedingt und unverzüglich an einen Anwalt wenden.

Haftung des Kindes

Können sich die Eltern exkulpieren, kann es sein, dass das Kind selbst haftet. Und zwar immer dann, wenn das Kind selbst ausreichend einsichts- und damit deliktsfähig ist (LG Bielefeld, Urteil vom 04.03.2015, Az. 4 O 211/14). In dem Fall des LG Bielefeld hatte ein 12-Jähriger über den Internetanschluss seiner Eltern die Filesharing-Tauschbörse „bittorrent“ genutzt, um das Computerspiel „Bus-Simulator 2012“ herunterzuladen. Das Kind wurde in diesem Fall zu Schadensersatz verurteilt, da er nach § 828 Abs. 3 BGB schon zum Zeitpunkt des Downloads deliktsfähig gewesen sei. Maßgeblich hierfür war, dass keine Tatsachen vorgetragen wurden, die für die Annahme einer fehlenden Einsichtsfähigkeit aus Sicht des Gerichtes ausgereicht hätten. Demnach muss davon ausgegangen werden, dass auch ein 12 bzw. fast schon 13-jähriger Gymnasiast bereits in der Lage ist, die Gefährlichkeit von Internettauschbörsen zu erkennen, auf denen verschiedene Software zum Up- und Download angeboten wird. Außerdem gab der Junge an, mehrmals wöchentlich den Computer für Schulaufgaben genutzt zu haben und trotz der Warnung seiner Eltern vor den Gefahren im Internet und deren Aufforderung, den PC nur zu Recherchezwecke zu nutzen, auch auf anderen Seiten gesurft zu sein. Das Landgericht führte außerdem aus:

„Dem Beklagten fällt hier bezüglich der Rechtsverletzung auch ein Verschulden jedenfalls in Form von Fahrlässigkeit zur Last. Denn wer Fremde Werke oder Softwareprogramme wie Computerspiele nutzt oder verbreitet, muss sich grundsätzlich vorher auch über sein Recht zur Nutzung vergewissern. Dies gilt auch für minderjährige Internetnutzer (OLG Hamburg NJOZ 2007, 5761, 5763, ebenso LG München MMR 2008, 619 m.w. Nachweisen).“

Somit ist festzuhalten, dass eine Haftung auch von Kindern in Betracht kommt und eine Abmahnung in diesem Bereich erfolgsversprechender sein kann.

Kein Impressum = keine Abmahnung?

In Anbetracht der hohen Kosten, die auf einen zukommen könnten, sollte man selbst eine berechtigte Abmahnung erhalten, stellt sich so manchem Influencer oder auch sonstigem Webseiten-Betreiber vielleicht die Frage: Kann ich der Gefahr einer Abmahnung nicht dadurch entgehen, dass ich einfach kein Impressum online stelle? So weiß mein Gegner ja gar nicht, wo er die Abmahnung hinschicken soll! Ganz klare Antwort: Bloß nicht! Ein fehlendes Impressum stellt einen Verstoß gegen § 5 TMG dar. Und dieser ist wiederum ein Grund für eine Abmahnung. Insbesondere spezialisierte Anwälte haben so manchen Trick auf Lager, um an die notwendigen Informationen zu gelangen. Der Abmahner wird Ihre Kontaktdaten höchstwahrscheinlich auf anderem Wege herausfinden. Die Abmahnung kann also zugestellt werden und es kann so noch teurer werden!

Aktuell: Abmahnung wegen Vertrieb von Corona Tests

Corona sorgte nicht nur im Gesundheitswesen und in jedermanns Alltag für Trubel, es hielt auch Juristen auf Trab. So erging beispielsweise eine Abmahnung gegen einen Verkäufer von Corona Tests, der diese auf der Plattform ebay.de vertrieb.

Um sich möglichst zügig auf SARS-CoV-2 zu testen gibt es zwei Möglichkeiten: sogenannte Schnelltests und sogenannte Selbsttests. Während die Selbsttests auch an Private abgegeben und von diesen benutzt werden dürfen, dürfen die Schnelltests nur an fachkundiges Personal vertrieben werden. Der Verkäufer hatte einen solchen Schnelltest zur professionellen Anwendung auf eBay zum Verkauf angeboten. In der Angebotsbeschreibung wies er zwar darauf hin, dass eine Abgabe nur an Fachpersonal erfolgen und auch eine Anwendung nur durch dieses stattfinden durfte, gekauft werden konnte der Test aber von jedem. Eine Überprüfung, ob der Käufer ein privater Verbraucher oder ein fachkundiger Berechtigter ist, hat nicht stattgefunden.

Abmahnung gegen Betreiber der Clubhouse App

Die erst kürzlich erschienene und schnell bekannt gewordene App „Clubhouse“ wurde wegen datenschutzrechtlicher Mängel abgemahnt. Clubhouse ist eine audio-basierte Social-Network-App. In digitalen Räumen können Menschen live miteinander diskutieren. Zugang zur App erhält aber nur, wer eine Einladung eines Clubhouse-Nutzers bekommt. Dabei dürfen aber nur die Nutzer Einladungen verschicken, die der App Zugriff auf sämtliche Telefonbuch-Kontakte gestattet. Die App liest also sämtliche Informationen des Telefonbuchs aus – inklusiver derer, die gänzlich unbeteiligt sind und nichts mit Clubhouse zu tun haben wollen. Diese Daten werden sodann von einem Unternehmen in den USA auf den dortigen Servern verarbeitet. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen stuft dies zumindest als kritisch ein.Des Weiteren werden alle Gespräche, die in der App geführt werden, auf amerikanischen Servern gespeichert und ausgewertet. Laut den Betreibern ist der Grund hierfür, dass eventuellen Rechtsverstößen – wie z.B. Hatespeech – nachgegangen werden kann. Die Gespräche werden komplett überprüft, wird kein Rechtsverstoß gefunden, werden sie gelöscht. Außerdem sind AGB und die Datenschutzerklärung der App nur in englischer Sprache verfügbar. Ein Impressum gibt es ebenfalls nicht. Dies stellen schwere Verstöße gegen die DSGVO vor, weswegen letztlich eine Abmahnung durch die Verbraucherzentrale Bundesverband erging.

Brauche ich einen Anwalt, um gegen eine Abmahnung vorzugehen?

Grundsätzlich: nein. Die Abmahnung findet außergerichtlich statt. Sie benötigen für eine Reaktion hierauf zunächst keinen Anwalt und können darauf reagieren, wie Sie es für richtig halten.

Aber Vorsicht! Die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung kann genauso schwerwiegende Folgen haben, wie das bloße Ignorieren einer Abmahnung! Durch die Beratung eines Anwalts können Sie - abhängig von ihrem konkreten Einzelfall - Kosten sparen und das bestmögliche Ergebnis erzielen.

Wie soll ich mich verhalten, wenn ich eine Abmahnung erhalten habe?

Handeln Sie vor allem zügig und überlegt. Bleiben Sie keinesfalls untätig und lassen Sie die Frist nicht verstreichen. Ich empfehle Ihnen, die Einschätzung eines spezialisierten Rechtsanwalts einzuholen.

Foto(s): Canva


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