Abwicklungs- oder Dauertestamentsvollstreckung? Was gilt für den Testamentsvollstrecker in der Abwicklungsvollstreckung?

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OLG München Beschl. 25.05.2023, 33 WX 36/23


I. Sachverhalt

Das OLG München hatte sich im Mai mit der Frage zu befassen, ob die vom Erblasser als Testamentsvollstreckerin eingesetzte Ehefrau im Rahmen der Abwicklungsvollstreckung frei war, den Verkauf einer Immobilie hinauszuzögern und diese gar zunächst zu vermieten. Denn der Erblasser hatte in einer Verwaltungsanordnung verfügt, dass sie, ohne Einfluss der Erben, über den Zeitpunkt des Verkaufs befinden könne. Das OLG München hat dies verneint. Vielmehr bestätigte das OLG München sogar die Entlassung der Testamentsvollstreckerin, weil sie die Mieteinnahmen und die Kaution – zwischenzeitlich – nicht auf einem separaten Konto verbucht hatte.


II. Schlussfolgerungen aus der Entscheidung:


1.

Die Position des Testamentsvollstreckers in der Nachlassabwicklung ist nach der gesetzgeberischen Intention stark ausgeprägt. Seine Macht wird zudem vom Willen des Erblassers durch Verwaltungsanordnungen beeinflusst, welche sie einschränken und ausweiten können. Was gilt ist oft schwer im Wege der Auslegung zu ermitteln. Nicht immer entspricht der Wille des Erblassers dabei den im Rechtsverkehr üblichen Vorstellungen. Letzteres kann auch gelten, wenn es um die Frage geht, ob das tatsächliche Handeln des Testamentsvollstreckers gegen seine Pflichten verstößt.

2.

a)

Das OLG München hatte zunächst mit zutreffenden Erwägungen den Erblasserwillen dahingehend ausgelegt, dass im vorliegenden Fall eine Abwicklungsvollstreckung und keine Verwaltungs- oder Dauertestamentsvollstreckung vorgesehen war. Der Erblasser hat eindeutig die Abwicklung gefordert und keine Anordnungen mit Blick auf eine reine Verwaltungsvollstreckung (§ 2209 S. 1 Alt. 1 BGB) oder die nach der Abwicklung verbleibende Verwaltungsvollstreckung (Dauertestamentsvollstreckung im eigentlichen Sinne nach § 2209 S. 1, 2. Alt. BGB) getroffen.

b)

Von diesem Standpunkt ausgehend, hat das OLG hervorgehoben, dass dem Testamentsvollstrecker nicht die Möglichkeit gegeben ist, die Auseinandersetzung aufzuschieben, sondern diese mit tunlichster Beschleunigung durchzuführen. Allerdings gilt dies nur insoweit, als sich nicht aus den Verwaltungsanordnungen des Erblassers etwas Anderes ergibt.

Denn auch für die Art und Weise, wie die betroffene Testamentsvollstreckung umgesetzt werden soll, ist letztlich wieder der Erblasserwille maßgeblich (§ 2203 BGB), der in testamentarisch verfügten Verwaltungsanordnungen zum Ausdruck kommen kann. Nicht selten führen diese Verwaltungsanordnungen dazu, dass sich auch Abwicklungsvollstreckungen über Jahre hinziehen können, ohne damit den Charakter einer Verwaltungsvollstreckung zu erlangen.

In diesen Fällen ist der Nachlass durch den Testamentsvollstrecker zwar nicht unverzüglich, aber im Rahmen eines „gewissen zeitlichen Spielraums“ abzuwickeln.


c)

Zur Kontoführung durch den Testamentsvollstrecker:

Aus Sicht des OLG ist ein Testamentsvollstrecker grundsätzlich verpflichtet, Mieteinnahmen aus der Vermietung einer zum Nachlass gehörenden Immobilie auf einem Treuhand- oder Nachlasskonto zu führen. Alleine die Verletzung dieser Pflicht kann die Entlassung des Testamentsvollstreckers rechtfertigen. Allerdings kann dem Gesetz keine ausdrückliche Verpflichtung zur Trennung der Vermögensmassen durch den Testamentsvollstrecker entnommen werden. Soweit ersichtlich, wird eine solche Pflicht bislang auch weder in der Rechtsprechung, noch in der Literatur explizit postuliert. Das Gesetz beschränkt sich vielmehr darauf, die Kontrolle des Testamentsvollstreckers über § 2218 BGB und den Verweis auf einige Vorschriften des Auftragsrechts, darunter die Pflicht zur Rechnungslegung am Ende der Testamentsvollstreckung (§ 666 BGB), zu regeln. Dies ändert freilich nichts daran, dass der Testamentsvollstrecker im Rahmen der ordnungsgemäßen Testamentsvollstreckung nach § 2216 BGB das verwaltete Vermögen letztlich auch vor dem Zugriff von Eigengläubigern zu schützen hat und sich dieses Vermögens nicht selbst bemächtigen darf.

Bedenklich ist allerdings der Hinweis des Senates darauf, dass die Testamentsvollstreckerin ein Konto hätte einrichten können, dessen Inhaber ausschließlich die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind und hinsichtlich dessen die Testamentsvollstreckerin Bevollmächtigte gewesen wäre. Ein solches „Nachlasskonto“ soll nach Auffassung des Senates die zulässige Alternative zu der aus seiner Sicht zu beanstandenden Vorgehensweise der Testamentsvollstreckerin gewesen sein.


d)

Zur Mietkaution:


Dass die Testamentsvollstreckerin ihrer Verpflichtung, Mietkaution getrennt von ihrem eigenen Vermögen aufzubewahren, nicht nachgekommen ist, stellt sicherlich einen Gesetzesverstoß dar, der auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann, worauf der Senat zutreffend hinweist.

Aber hier lässt sich sicherlich kritisch hinterfragen, ob allein dieser Verstoß die Entlassung des Testamentsvollstreckers nach § 2227 BGB rechtfertigt.

Der Senat hat in diesem Vorgang einen groben Pflichtverstoß im Sinne des § 2227 Abs. 1 BGB gesehen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Pflicht zur getrennten Verwaltung von Mietkautionen gemäß § 551 Abs. 3 S. 2 BGB in erster Linie den Schutzinteressen der Mieter und nicht solchen der Erben mit Blick auf den Nachlass gilt. Sofern durch diese Handhabung den Erben ein Schaden entsteht, dürfte die Testamentsvollstreckerin gemäß § 2229 BGB für diesen ohne Zweifel haften. Wie hoch der wirtschaftliche Schaden im Verhältnis zum Gesamtnachlass zu bewerten ist, kann der Entscheidung nicht entnommen werden. Auch ist in dieser Frage nicht ersichtlich, ob die Vermögensverhältnisse der Testamentsvollstreckerin tatsächlich die Rückzahlung der Kaution gefährdeten. Diese Fragen waren für den Senat, ganz offensichtlich auch im Rahmen der Ausübung des Abwägungsermessens, nicht erheblich.

3.

Obwohl die Entscheidungserwägungen des OLG zur Entlassung des Testamentsvollstreckers an der ein oder anderen Stelle kritisch hinterfragt werden können, gibt die Entscheidung gute Hinweise zur Abgrenzung von Abwicklungs- zur Dauertestamentsvollstreckung.

Bei Fragen rund um das Erbrecht und zu der vorstehend thematisierten Testamentsvollstreckung stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung!


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