Achtsamkeit vor und während einer Zwangsversteigerung: Die Suche nach der Lösung

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Eine bevorstehende, d.h. "angedrohte" oder eine bereits laufende Zwangsversteigerung stellen den Eigentümer einer Immobilie vor einige Herausforderungen. Der Autor möchte der/dem interessierten oder betroffenen Leser*in aufzeigen, dass sich aus jeder Lage des Verfahrens eine nähere Befassung mit der Sach- und Rechtslage eine Lösung ergeben kann. Ganz so einfach nach dem Motto "Gefahr erkannt, Gefahr gebannt", ist es dann doch nicht. Aber bereits ein Zeitgewinn kann den Verlust der Immobilie vermeiden.

  1. Die Gefahr einer drohenden Zwangsversteigerung ist nicht immer leicht zu erkennen. Aber es gibt eindeutige Warnzeichen: Die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek für unbezahlte Schulden. Die Zustellung einer Grundschuldbestellungsurkunde durch eine Bank oder Sparkasse. Die Androhung von Zwangsmaßnahmen für unbezahlte öffentliche Lasten oder offene Wohngelder in einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Nicht immer verbleiben ab der Benachrichtigung oder Zustellung noch mehrere Monate (bei neueren Sicherungsgrundschulden ist eine Kündigungsfrist von 6 Monaten vorgeschrieben, d.h. vorher kann die Zwangsversteigerung nicht beantragt werden. Die Praxis zeigt, dass in der Regel diese Warnzeichen zwar zur Kenntnis genommen, aber nicht immer als solche erkannt werden. Bereits eine Erstberatung durch eine rechtskundige Person kann hier für Klarheit sorgen.
  2. Wenn dann doch der Antrag zur Zwangsversteigerung gestellt, diese angeordnet und die sogenannte Beschlagnahme durch den Zwangsversteigerungsvermerk im Grundbuch eingetragen ist, erfährt der Eigentümer davon erst nachzeitig. Eine vorherige Anhörung sieht das Gesetz leider nicht vor und wird auch in der Praxis nicht gewährt. Das Misstrauen gegen den Eigentümer überwiegt angesichts des Rangprinzips im Grundbuch eindeutig (die Beschlagnahme verhindert nur danach erfolgte Verfügungen über das Grundstück; davon unbeachtet gilt aber auch der in der Regel zeitliche Vorrang des sogenannten betreibenden Rechts). Mit dem Anordnungsbeschluss erhält der Eigentümer die Belehrung zu einer Antragstellung nach § 30a ZVG. Hier kann der Eigentümer binnen einer Frist von 2 Wochen ab der Zustellung dem Gericht glaubhaft machen wie die Zwangsversteigerung vermieden werden soll. Da häufig nicht binnen 2 Wochen ausreichende Gelegenheit besteht, eine Ablösung darzulegen, kann auf einen gut begründeten Antrag hin die Frist verlängert werden. Zudem ist der Beschluss des Amtsgerichts nach § 30a ZVG mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Die Einstellung nach § 30a ZVG kann im positiven Falle bis zu 6 Monate andauern. Eine anwaltliche Vertretung ist dabei nicht vorgeschrieben.
  3. Sollte der Antrag abgelehnt oder die Einstellung ausgelaufen sein, ist der Weg des weiteren Verfahrens vorgegeben. Nach der Ermittlung des Verkehrswertes durch ein Sachverständigengutachten oder auf anderem Wege wird der Wert festgesetzt. Dies dient förmlich der Berechnung der Gebühren und der Zuschlagsversagungsgrenzen in einem späteren Zwangsversteigerungstermin. Gleichzeitig dient das Gutachten häufig auch als einzige Quelle der Unterrichtung der Bietinteressenten. Der Eigentümer kann und sollte hierbei alle Verfahrensrechte wahrnehmen, um die Ermittlung und Darstellung des Verkehrswertes in seine Strategie einbinden zu können.
  4. MIt der Terminbekanntmachung sind weitere Fristen zu beachten. So muss der erste Termin mind. 6 Wochen vorher veröffentlicht werden. Spätestens 4 Wochen vor dem Termin müssen Beitritte weiterer Gläubiger zugestellt sein, um in dem Termin als Verfahrensanträge berücksichtigt werden zu können. Die Kenntnis aller betreibenden Gläubiger ist vor allem dafür hilfreich, wenn kurzfristig die Einstellung des bzw. der Verfahren (jeder Antrag eines Gläubigers ist ein eigenes Verfahren!) erreicht werden soll.
  5. Viele Eigentümer scheuen die Anwesenheit in dem Termin; erstaunlicher Weise scheuen sich zuweilen auch anwaltliche Vertreter der Eigentümer, diese in dem Termin interessengerecht zu vertreten. Auch wenn ein Termin gerade bei selbstgenutzten Immobilien der Eigentümer psychisch belastend sein kann (von den Fällen eines gem § 765a ZPO gebotenen Antrages in Ausnahmefällen soll hier nicht die Rede sein), sind auch noch in dem Termin Anträge für die Eigentümer möglich oder zuweilen geboten. Allein die Bestimmung eines gesonderten Verkündungstermins im Falle eines zuschlagsfähigen Meistgebotes kann dem Eigentümer die Zeit verschaffen, um mit dem/den Gläubiger/n eine Lösung umzusetzen, um den Zuschlag dann durch eine Einstellung zu vermeiden. Formelle Fehler können später zur Anfechtbarkeit des Zuschlages führen. Ein unangebrachtes Verhalten der/des Rechtspfleger*in ist möglicher Weise für einen Ablehnungsantrag wegen der Besorgnis der Befangenheit relevant. Wenn der Eigentümer nicht in dem Termin anwesend oder vertreten ist, gehen einige Chancen für einen Lösungsweg unwiderruflich verloren. Dabei sollte auch klargestellt sein: Eine seriöse Rechtsberatung konzentriert sich auf die Verfahrensregeln und lässt die zuweilen aufgeheizte Stimmung kalt.

Lässt sich ein Zuschlag nicht vermeiden, kann mit der sofortigen Beschwerde die Aufhebung beantragt und bei relevanten Fehlern auch erreicht werden. Die Frist von 2 Wochen für den im Termin anwesenden oder vertretenen Eigentümer beginnt sofort mit der Verkündung und nicht erst mit der Zustellung. Dies gilt auch, wenn nach dem Biettermin ein gesonderter Verkündungstermin bestimmt wird, aber der Eigentümer dort nicht anwesend oder vertreten ist. Bei der Begründung der Zuschlagsbeschwerde zeigt sich, wie aufmerksam das Verfahren beobachtet und mit entsprechenden Anträgen begleitet wurde.

Die eigentliche Lösung ist in der Regel wirtschaftlicher Natur. Materielle Rechtsfragen spielen dann eine Rolle, wenn die Zwangsversteigerung z.B mit einer Vollstreckungsabwehrklage angefochten wird oder der Gläubiger nach Verhandlungen zu einem Einlenken bereit ist. Je aufmerksamer der Eigentümer ist, desto besser sind die Lösungsmöglichkeiten.

Eine Rechtsberatung kann in jeder Lage des Verfahrens helfen, auch wenn diese noch so aussichtslos erscheint. Wegen der strengen Fristenregelungen gilt insbesondere in der Zwangsversteigerung: Je eher, desto besser.

Der Autor Rechtsanwalt Ulrich Ernst Büttner, Hamburg, berät und vertritt seit fast 20 Jahren Eigentümer vor und während einer Zwangsversteigerung in allen Bundesländern.



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