AG Ludwigsburg und AG Bremen: Coronabedingte Schließung von Fitnessstudios führt zu keiner Vertragsverlängerung

  • 3 Minuten Lesezeit

Mit Urteil vom 28.03.2022 hat das Amtsgericht Ludwigsburg Az. 10 C 1877/21 entschieden, dass ein Fitnessstudio keinen Anspruch auf Verlängerung eines Fitnessstudiovertrages um die coronabedingten Schließungsmonate gem. § 313 Abs. 1 BGB hat. 

Zudem hat das Gericht entschieden, dass außergerichtliche Anwaltskosten im Zusammenhang mit der Abwehr solcher (unberechtigter) Ansprüche vom Fitnessstudio zu erstatten sind.

I. Sachverhalt: Typischer Fall einer pauschalen Vertragsverlängerung durch das  Fitnessstudio

Im Urteilsfall handelte es sich um eine vertragsrechtliche Streitigkeit zwischen einem Fitnessstudio und einem Mitglied. Das Mitglied kündigte ordentlich und fristgemäß entsprechend dem Fitnessstudiovertrag. 

Während der coronabedingten Schließung wurden - mangels Nutzbarkeit des Fitnessstudios- vom Mitglied keine Beiträge bezahlt. 

Nach Ablauf der Kündigungsfrist forderte das Fitnessstudio weiterhin Zahlung von Mitgliedsbeiträgen und verlängerte den Fitnessstudiovertrag um die Monate der coronabedingten Schließung. Das Fitnessstudio hat sich hierbei auf eine Störung der Geschäftsgrundlage berufen und forderte Vertragsanpassung in Form einer Vertragsverlängerung gem. § 313 BGB.

Nach mehreren Mahnungen durch das Fitnessstudio sowie dessen Rechtsanwaltskanzlei, erhob der Kläger (Mitglied) bzw. dessen Prozessbevollmächtigter Feststellungsklage und forderte die Feststellung, dass der Fitnessstudiovertrag zum vertraglich festgelegten Zeitpunkt gekündigt/aufgehoben worden ist.

Zudem wurden die außergerichtlichen anwaltlichen Kosten eingefordert, da die Geltendmachung von unberechtigten Ansprüchen aus einem laufenden Vertragsverhältnis, die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erfordert hat.

II. Entscheidung des Gerichts: § 313 BGB ist nicht anwendbar

Das Gericht ging bei der rechtlichen Beurteilung davon aus, dass aufgrund der behördlich angeordneten Schließung - die von der Beklagten geschuldete Leistung-  gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich wurde.

Weiter führt das Gericht aus, dass "der Anwendungsbereich für eine Vertragsanpassung über die Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB gar nicht eröffnet sei."

Die Bejahung des Tatbestandes von § 275 Abs. 1 BGB - so das Gericht - schließt wegen des Vorrangs dieser Vorschrift die Anwendung des § 313 BGB aus (Münchner Kommentar, BGB/Finkenauer, 8. Aufl. 2019, § 313 Rn. 155).

Auf die Frage, ob eine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB  vorlag, kam es letztendlich nicht an.

III. Unberechtigte Forderung des Fitnessstudios begründet Feststellungsinteresse/Klagegrund

Zudem hat das Gericht ausgeführt, dass eine unberechtigte Einforderung von Beiträgen für Monate über der vertraglichen Laufzeit ein Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO (Musielak, 18. Aufl. 2021, ZPO-Komm., § 256 Rn. 8-10) begründet.

IV. Urteil des AG Bremen vom 25.04.2022 (9 C 43/22): Das Fitnessstudio muss sich an das bereits bestätigte Beendigungsdatum halten

Das Amtsgericht Bremen hat entschieden, dass eine Bestätigung eines Beendigungsdatums keine bloße Wissenserklärung darstellt, sondern ein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages (§ 140 BGB), die durch das Mitglied angenommen wird/wurde. Auf eine weitere Vertragsverlängerung und die Frage der Anwendbarkeit des § 313 Abs. 1 BGB kam/kommt es somit nicht mehr an. Dies betrifft vor allem die Fälle in denen eine Bestätigung des Fitnessstudios hins. vertraglich festgelegten Beendigungsdatums vorliegt und das Fitnessstudio nachträglich die Verlängerung des Fitnessstudiovertrages mit Verweis auf den § 313 Abs. 1 BGB beansprucht.

V. Kosten für außergerichtliche Vertretung sind vom Fitnessstudio zu tragen

Wichtig ist hierbei auch die Nebenentscheidung, bei dem das Gericht dem Kläger (Mitglied) auch den Ersatz der außergerichtlichen Kosten für die anwaltliche Vertretung zugesprochen hat. Grundsätzlich sind per Gesetz die außergerichtlichen Kosten von den jeweiligen Parteien selbst zu tragen. Lediglich die Kosten für das gerichtliche Verfahren werden der unterliegenden Partei durch das Gericht aufgetragen. 

Kosten die im Rahmen einer außergerichtlichen Vertretung entstehen müssen eigens beantragt werden. Zudem muss ein materieller Kostenerstattungsanspruch auf Ersatz solcher Kosten bestehen.

Die Entscheidung des Gerichts führt zu einem enormen Haftungsrisiko für die Fitnessstudios, die bereits bei Geltendmachung einer Vertragsverlängerung oder unberechtigter Forderungen für den Ersatz/Einschaltung von Rechtsanwaltskosten verpflichtet wären. Es bleibt abzuwarten inwieweit sich die Rechtsprechung der Amtsgericht verfestigen und es zu dieser Thematik ein höchstrichterliches Urteil des Bundesgerichtshofs ergeht.

Wir vertreten dabei bundesweit Mandanten, bei der Durchsetzung Ihres Rechts oder der Abwehr unberechtigter Forderungen durch Fitnessstudiobetreiber. Einige Fitnessstudioketten lassen bereits bei Einschaltung anwaltlicher Hilfe von einer einseitigen Vertragsverlängerung ab, da eine gerichtliche Klärung auch für das Fitnessstudio ein Kostenrisiko darstellt.

Herr Rechtsanwalt Felix Kushnir ist bundesweit tätig und hat sich auf das Zivil-/Miet- und Wirtschaftsrecht spezialisiert. Weitere Informationen und Kontaktdaten: www.fk-kanzlei.de

Foto(s): Felix Kushnir

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Felix Kushnir

Beiträge zum Thema