Angst vor Corona begründet keine Berufsunfähigkeit?

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Einen interessanten Fall entschied das Landgericht Münster in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Ein Versicherungsnehmer hatte geklagt, weil er aufgrund einer Lungenerkrankung Angst hatte, seinen Beruf weiter auszuüben.

kurz zum Sachverhalt

Beim Kläger wurden bei einer CT-Untersuchung im März 2020 Lungenrundherde entdeckt. Die behandelnden Ärzte belehrten ihn, dass er im Falle einer SARS-CoV-2-Infektion einem erhöhten Risiko ausgesetzt sei, einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung zu erleiden.

Der Kläger war als Immobilienbesichtiger tätig und führte an einem 8-Stunden-Arbeitstag an etwa 5,5 Stunden Besichtigungen mit Interessenten durch.

Als er von der Diagnose erfuhr, stellte der Kläger seine berufliche Tätigkeit aus Angst vor einer Corona-Infektion ein und stellte einen Antrag bei seiner Berufsunfähigkeitsversicherung.

Der Versicherer lehnte den Antrag ab.

zur Entscheidung des Gerichts

Das LG Münster (Urteil vom 08.04.2021, Az. 115 O 150/20) wies die Klage des Versicherungsnehmers ab.

Nach den Versicherungsbedingungen sei „das bloße Risiko, wegen einer künftig möglicherweise eintretenden Krankheit berufsunfähig zu werden, nicht versichert.“ Die Berufsunfähigkeitsversicherung sei keine "Vorbeuge-Versicherung".

Interessanterweise wiesen die Richter darauf hin, dass der Kläger nicht vorgetragen hatte, aus psychischen Gründen seinen Beruf nicht mehr ausüben zu können. Auch sei den ärztlichen Unterlagen hierzu nicht zu entnehmen.

Hätte der Kläger doch gewinnen können?

Die Entscheidung ist im Ergebnis wohl richtig. 

Bei der Lektüre des Urteils drängt sich aber eine andere Frage auf: Wieso wurde den Ängsten des Klägers medizinisch nicht nachgegangen?

Der Kläger litt offenbar unter Ängsten, die das durchschnittliche Maß übersteigen. Angststörungen können einen Krankheitswert besitzen. Im ICD10 sind Angststörungen in den F41.0 ff. klassifiziert.

Hätte sich der Versicherungsnehmer einem Facharzt auf psychiatrisches Gebiet vorgestellt und wäre es zu einer entsprechenden Diagnose gekommen, hätte der Fall durchaus anders ausgehen können. Das Gericht selbst hat auf diese offene Frage hingewiesen.

Ob der Kläger den Gang zum Arzt nicht wollte oder anwaltlich schlecht beraten war, lässt sich aus dem Urteil nicht ersehen. Die Entscheidung zeigt aber, dass Versicherungsnehmer Streitigkeiten in der Berufsunfähigkeitsversicherungen den anwaltlichen Spezialisten überlassen sollten.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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