Anspruch auf Dolmetscherteilnahme in Wohnungseigentümerversammlung

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Gemäß § 24 des Wohnungseigentumsgesetzes ( WEG ) wird die Versammlung der Wohnungseigentümer vom Verwalter mindestens einmal im Jahr einberufen. Immer wieder kommt es bei Gelegenheit von Eigentümerversammlungen zu Streitigkeiten darüber, wer teilnahmeberechtigt ist.

In diesem Zusammenhang ist ein Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 27.07.2012 (92 C 217/11) sehr interessant, der sich mit der Frage der Teilnahme eines Dolmetschers beschäftigt ( vgl. IMR 2013, 297 ).

Der Fall: Die Miteigentümerin einer Wohnungseigentumsanlage ist Spanierin und verfügt über nur eingeschränkte Kenntnisse der deutschen Sprache. Am 15.12.2010 fand nun eine Versammlung der betroffenen Eigentümergemeinschaft statt, in der es um wesentliche Fragen ging, nämlich um einen Vergleich mit einem Kreditinstitut und um die Zustimmung zur Zusammenlegung von zwei Teileigentumseinheiten. Die spanische Miteigentümerin brachte ihren Lebensgefährten zu der Versammlung mit und beantragte, diesen als Dolmetscher zuzulassen. Die Eigentümerversammlung lehnte dies ab, worauf die Miteigentümerin unter Protest die Versammlung verlies. Nachfolgend focht die brüskierte Miteigentümerin alle Beschlüsse, die auf der Versammlung gefasst worden waren, an und begründete dies damit, dass sie wegen ihrer eingeschränkten Sprachkenntnisse einen Dolmetscher benötige.

Die Entscheidung: Das Amtsgericht Wiesbaden gab der Anfechtung statt! Zwar seien Eigentümerversammlungen grundsätzlich nicht öffentlich, da aber auf solchen Versammlungen nicht alltägliche Dinge besprochen würden, habe die Miteigentümerin wegen ihrer nicht ausreichenden Sprachkenntnisse ein Recht auf Hinzuziehung eines Dolmetschers. Da der Lebensgefährte der Miteigentümerin auch nicht aufgrund früheren Verhaltens für die anderen Miteigentümer unzumutbar gewesen sei, sei seine Ablehnung unberechtigt gewesen. Dies führe dazu, dass sämtliche angefochtenen Beschlüsse für ungültig zu erklären seien. Zwar wären die Beschlüsse auch bei Anwesenheit der Miteigentümerin und Dolmetscher gegebenenfalls gegen ihre Stimme gefasst worden, es komme aber bei der Frage der Erheblichkeit nicht nur auf das rechnerische Abstimmungsergebnis an. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der nicht mehr Anwesende Einfluss auf die Willensbildung hätte nehmen können, so dass ein anderes Abstimmungsergebnis nicht ausgeschlossen werden könne.

Fazit: Zwar sind Wohnungseigentümerversammlungen wegen der zu behandelnden Interna grundsätzlich nicht öffentlich, jedoch sollten Eigentümergemeinschaften bei Erscheinen von Beratern/Unterstützern eines Miteigentümers auch nicht vorschnell blockieren, um nicht Gefahr zu laufen, dass die auf der Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse der Anfechtung unterliegen. Es sollte schon hinterfragt werden, ob der betreffende Miteigentümer zur sachgerechten Ausübung seiner Rechte der begehrten Unterstützung bedarf. Bei einer solchen Prüfung hätte die unterliegende Eigentümergemeinschaft bei Berücksichtigung der anstehenden nicht alltäglichen Fragen und der beschränkten Sprachkenntnisse der Miteigentümerin den nun verlorenen Konflikt sicherlich vermeiden können.


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