Arbeitsentgelte in der Krise vorenthalten – Selbst Lohnzahlungen könnten strafbar werden!

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Die Strafbarkeit des Vorenthaltens oder der Veruntreuung von Arbeitsentgelten widerspricht teilweise der kaufmännischen Vernunft! Strafverfahren aufgrund von Verstößen gegen §266a StGB stellen den Großteil der Verfahren im Wirtschaftsrecht dar. Dieses Strafgesetz stellt ein Sonderstrafrecht dar und richtet sich ausschließlich gegen Geschäftsführer, Arbeitgeber und nach §14 StGB für den Arbeitgeber Handelnde, von welchen es manchmal eine sonderbare Handlungslogik erwartet. Es erfreut sich darüber hinaus einer besonderen Beliebtheit bei den Strafverfolgungsbehörden, da ein Tatnachweis verhältnismäßig schnell und einfach zu führen ist. Was es mit diesem Gesetz auf sich hat und wie Sie sich vor einer möglichen Strafe schützen können, erfahren Sie in diesem Beitrag.

 

Das werden Sie erfahren:

  • Strafbares Handeln nach §266a StGB
  • Abgabepflichtige Arbeitsentgelte
  • Unzumutbarkeit von Zahlungen
  • Unmöglichkeit von Entgeltzahlungen
  • Schutz vor einer Verurteilung wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelten
  • Mögliche Strafen bei Verurteilung nach §266a StGB
  • Übliche Strafen bei einer Verurteilung
  • Weitere Konsequenzen einer Verurteilung
  • Verjährung des Straftatbestands
  • Wann anwaltliche Hilfe anzuraten ist

Falls Sie darüber hinaus noch Fragen haben, beantworten wir Ihnen diese gerne direkt via WhatsApp.

 

Wann macht man sich des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelten strafbar?

Das Vorenthalten oder Veruntreuen von Arbeitsentgelten stellt ein Unterlassungsdelikt dar, welches durch ein Nicht-Handeln erfüllt wird, obwohl eine tatsächliche Möglichkeit oder Zumutbarkeit besteht. Es wird insbesondere das (teilweise) Nichtabführen der Arbeitgeberbeiträge in einem Sozialversicherungsverhältnis, welches durch die Aufnahme einer nichtselbstständigen Tätigkeit zustande kommt, unter Strafe gestellt. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn:

  • bei einem Minijob die Arbeitgeberanteile nicht abgeführt werden
  • eine falsche Klassifikation des Arbeitnehmers bei der Anmeldung erfolgt
  • Arbeitnehmer schwarz beschäftigt werden
  • als freie Mitarbeiter Angemeldete praktisch wie reguläre Arbeitnehmer arbeiten

Da es sich um ein Vorsatzdelikt handelt, hängt die Strafbarkeit auch davon ab, ob bei:

  • vorhandener Liquidität bewusst keine Zahlung erfolgte
  • nicht-vorhandener Liquidität bewusst oder billigend die Zahlungsunfähigkeit in Kauf genommen wurde


Welche Beiträge werden nach §266a StGB als abgabepflichtig verstanden?

Gemeinhin sind die Sozialabgaben für die Erfüllung des Straftatbestandes relevant. Das wären die Abgaben zur:

  • Krankenversicherung
  • Pflegeversicherung
  • Rentenversicherung
  • Arbeitslosenversicherung

Die Verpflichtungen bestehen nicht nur bei der Existenz eines offiziellen Arbeitsvertrags, sondern können auch durch mündliches oder schlüssiges Handeln beider Seiten zustande kommen.

 

Wann ist dem Arbeitgeber einer Entgeltzahlung nicht zumutbar?

Die Lohn- und Abgabenzahlung sind immer zumutbar und stehen über allen anderen Zahlungsverpflichtungen, solange eine ansatzweise Liquidität besteht. Jedoch stehen, entgegen der landläufigen Vernunft und Annahme, die Zahlung der Sozialabgaben nochmal über der Lohnzahlung.

Da eine Unzumutbarkeit der Entgeltzahlung nicht existiert, wird nur eine Zahlungsunmöglichkeit vom Gesetzgeber akzeptiert.

 

Wann wird die Entgeltzahlung als unmöglich angenommen?

Die Unmöglichkeit der Zahlung wird durch das Gericht als gerechtfertigt angenommen, wenn der Arbeitgeber genügend Vorsorge getroffen hat. Diese Vorsorgemöglichkeiten wären:

  • Kalkulationen der zukünftigen Ausgaben und entsprechende Planung
  • das Bilden von Rücklagen für Lohn- und Abgabenzahlungen
  • die Verringerung des Beschäftigungsumfangs oder Beschäftigtenbestandes

Wichtig ist die Zahlung der Arbeitnehmeranteile, welche noch über der Lohnzahlung stehen. Auch wenn das Unternehmen Rettungsversuche unternehmen möchte, müssen zum Schutz der Interessen der Solidargemeinschaft weiterhin die Beiträge an die Sozialkassen gezahlt werden. So muss der Arbeitgeber auch in der Krise:

  • die Verwendung der Geldmittel für die Begleichung der Arbeitgeberanteile nachweisen
  • den Arbeitgeberanteilen kompletten Vorrang gewähren, auch wenn dadurch kein Lohn mehr ausgezahlt werden kann

Der Gesetzgeber will die Sozialversicherungen schützen, wohingegen dem Lohn des Arbeitnehmers kein Schutz gewährt wird. Dies erscheint aus Sicht der Arbeitgeber unsinnig, schützt jedoch aus Sicht des Gesetzgebers die Sozialkassen vor waghalsigen und aussichtslosen Rettungsversuchen der Unternehmen.  

 

Wie kann man sich vor einer möglichen Strafe nach §266a StGB schützen?

Sollte man also in die Situation geraten, dass man den Forderungen nach Sozialbeitragszahlungen nicht mehr gerecht wird, kann man sich durch Transparenz schützen. Das bedeutet, dass:

  • bei Fälligkeit die vorenthaltenen Beträge den Kassen mitgeteilt werden
  • die Gründe bei nicht fristgerechter Zahlung trotz nachweislicher Bemühungen den Kassen dargelegt werden

Grundsätzlich kann weiterhin dem Konflikt mit den Kassen und dem Gesetzgeber ausgewichen werden, indem die Beiträge zur vorgegebenen Frist nachgezahlt werden.

 

Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung wegen Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelten?

Kommt es zu einer Verurteilung nach §266a StGB, ist eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe möglich.

Bei besonders schweren Fällen, können auch 6 Monate bis 10 Jahre Freiheitsstrafe drohen.

 

Welche Strafen sind bei einer Verurteilung wegen Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelten üblich?

Die Strafen bei einer Verurteilung nach §266a werden gemeinhin als Geldstrafen verhängt. Natürlich hängt das Strafmaß von der Qualität des Delikts ab, also ob beispielsweise:

  • der Täter sich über sein Handeln bewusst war
  • die Begehung der Straftat vorsätzlich erfolgte
  • die Straftat aus eigennützigen Interessen begangen wurde
  • ein systematischer Betrug geplant war

In einem Präzedenzfall aus Magdeburg wurde 2010 ein 18facher Verstoß gegen §266a StGB mit lediglich 100 Tagessätzen á 10 € geahndet. Der entstandene Schaden für die Sozialkassen lag dagegen bei rund 69.000 €.  

 

Welche weiteren Konsequenzen kann eine Verurteilung nach §266a StGB nach sich ziehen?

Kommt es zu einer Verurteilung aufgrund des Vorenthaltens und Veruntreuen von Arbeitsentgelten, können durch die Behörden folgende weiteren Konsequenzen drohen:

  • Ausschluss von öffentlichen Aufträgen bis zu drei Jahre (§21 SchwarzArbG)
  • Eintragung in das Gewerbezentralregister (§149 GewO)
  • Eintragung in das Korruptionsregister
  • Berufsverbot von bis zu 5 Jahren - bei besonders schweren Fällen auch dauerhaft (§70 StGB)

Somit ist im Zuge einer solchen Straftat eine mögliche wirtschaftliche Diskreditierung bzw. Stilllegung möglich.

 

Wann verjährt der Straftatbestand nach §266a StGB?

Die Verjährung tritt nach fünf Jahren ab Vollendung der Tat ein. Den Beginn dieser Verjährung bildet somit die von den Krankenkassen definierte Fälligkeitsfrist der Beiträge, welche je nach Kasse variieren kann.

Kommt es jedoch zu einer vorsätzlichen Begehung der Straftat, wird die Verjährungsfrist auf bis zu 30 Jahre ausgeweitet.

 

Was bringt anwaltliche Hilfe?

Da gerade bei einer Zahlungsunfähigkeit der Vorwurf der Insolvenzverschleppung droht, sollte man sich vor übereilten Stellungnahmen hüten. Ein Anwalt kann bei einem laufenden Verfahren Akteneinsicht nehmen und den Ermittlungsstand, samt Beweislage feststellen. Auf Grundlage dieser Kenntnisse kann mit dem Mandanten ein geschicktes Vorgehen geplant und die Schleichwege des Rechts genutzt werden.

Ein Anwalt kann im Idealfall so die Einstellung eines Verfahrens und somit die Straffreiheit erwirken. In jedem Falle wird das Strafmaß verringert.

Sollten Sie mit dem Strafrecht in Konflikt geraten sein, können Sie über das anliegende Formular oder die angegebene Telefonnummer, auch über WhatsApp, mit den Strafverteidigern von Dr. Brauer Rechtsanwälte Kontakt aufnehmen. Wir streiten bundesweit für Ihr Recht.

 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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