Arbeitsrecht: Nebentätigkeit als Intensivpfleger in der Corona-Pandemie (16 Sa 2073/19)

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LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.09.2020 - 16 Sa 2073/19

Der Fall:

Der Arbeitnehmer war zunächst langjährig als Intensivkrankenpfleger bei der Arbeitgeberin tätig. Aktuell arbeitet er jedoch im Bereich des Patientenmanagements. Diese Tätigkeit erfolgt nicht mehr im Schichtsystem sondern bei regelmäßigen Arbeitszeiten an den üblichen Werktagen. 

Als der Arbeitnehmer nun seiner Arbeitgeberin mitteilte, dass er einer Nebentätigkeit als Intensivpfleger (geringfügige Beschäftigung) auf der Intensivstation einer anderen Einrichtung nachgehen wolle, wurde ihm dies von der Arbeitgeberin untersagt. Es bestehe eine Wettbewerbssituation zwischen beiden Einrichtungen und besonders in Zeiten der Corona-Pandemie komme auch die Ansteckungsgefahr der geplanten Tätigkeit hinzu. Zudem hatte die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer eine Tätigkeit in Nebenabrede auf der eigenen Intensivstation angeboten.

Die Entscheidung:

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht befanden, dass es keine triftigen Gründe für die Versagung der Nebentätigkeit gebe. Es liege keine unmittelbare Konkurrenzsituation vor und die Arbeitgeberin habe auch ansonsten keine drohenden negativen Auswirkungen der angestrebten Tätigkeit dargelegt. Eine theoretische Ansteckungsgefahr mit dem Corona-Virus bestehe zudem gleichermaßen bei der Arbeitgeberin wie bei der anderen Einrichtung. Anhaltspunkte für eine besondere Gefährdung - etwa durch fehlende Schutzmaßnahmen bei der angestrebten Tätigkeit - bestünden nicht.

Bewertung:

Die Gerichte hatten sich vorliegend mit spannenden arbeitsrechtlichen Fragen zu beschäftigen. Das grundsätzliche Recht auf Nebentätigkeit folgt letztlich Art. 12 Grundgesetz (Berufsfreiheit). Nebentätigkeiten können aber nach der Rechtsprechung dann versagt werden, wenn die schützenswerten Interessen des (Haupt-)Arbeitgebers verletzt werden. Oftmals finden sich hierzu gerade im Krankenhausbereich auch noch konkretere Regelungen in den jeweils einschlägigen Tarifverträgen. 

Vorliegend ist es natürlich grundsätzlich nachvollziehbar, wenn die Gerichte bei beiden Tätigkeiten im Gesundheitsbereich ein theoretisches Infektionsrisiko sehen. Man kann sich aber schon fragen, ob das Risiko im Intensivbereich (je nach konkreter Ausrichtung der Station) nicht wesentlich erhöht sein kann. Und angesichts des immer weiter zunehmenden massiven Wettbewerbs um Fachkräfte im Gesundheitswesen und hier gerade Kräfte in der Intensivpflege kann man sicher auch die Frage stellen, ob man die Sichtweise des Gerichts zur vermeintlich nicht bestehenden Konkurrenzsituation so teilen muss. 

Wie man wieder einmal sieht: Von den Gerichten ist am Ende immer jeder Einzelfall gesondert zu betrachten und zu bewerten und es hängt dann auch immer alles davon ab, was konkret von den Parteien im Verfahren vorgetragen wird. 


Dr. Jan-Hendrik Simon

Rechtsanwalt, Hannover



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