Arglist bei der Regulierung des Schadens führt zur Leistungsfreiheit des Versicherers

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Frühzeitige Rechnungserstellung und Einreichung lässt Versicherungsanspruch entfallen.

Ein jüngeres Urteil es LG Düsseldorf vom 17.07.2011 zeigt, dass die frühzeitige von Versicherungsnehmern teilweise vorgenommene „Beschleunigung" des Regulierungsverhaltens für sie durchaus negative Folgen haben kann.

Sachverhalt:

Was war geschehen? Der Kläger - Inhaber eines Dachdeckerbetriebs - unterhielt bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung. Am 28.02.2010 kam es zu einem Sturmschaden am versicherten Gebäude, den der Kläger am 02.03.2010 der Beklagten meldete, die daraufhin den Schaden begutachtete. Unter dem 29.11.2010 legte der Kläger einen Kostenvoranschlag des eigenen Betriebs zur Reparatur vor, aufgrund dessen die Beklagte eine Regulierungszusage erteilte, obwohl im Haus der Beklagten Zweifel an der Ursächlichkeit des Sturms für den Schaden bestanden.

Am 13.04.2011 begannen die Mitarbeiter des Klägers mit der Reparatur des Daches. Am gleichen Tag erstellte der Kläger eine Rechnung, die er am 14.04.2011 bei seiner Sparkasse zu Weiterleitung einreichte. Die Rechnung beinhaltet die Bestätigung, dass die Arbeiten abgeschlossen sind. Ob dabei mit der Sparkasse die Abrede bestand, dass die Rechnung zeitlich so weitergeleitet werden sollte, dass sie erst am 18.04.2011 bei der Beklagten eingeht, wenn die Arbeiten bereits fertiggestellt sein sollten, war zwischen den Parteien streitig, musste aber im Hinblick auf die nachfolgende Rechtsansicht des Gerichts nicht aufgeklärt werden.

Die Rechnung wurde sofort an die Beklagte weitergeleitet. Deren Regulierungsbeauftragter besichtigte die Schadenstelle am 19.04.2011 und stellte fest, dass die Arbeiten noch nicht abgeschlossen waren. Daraufhin verweigerte die Beklagte die Versicherungsleistung wegen arglistiger Täuschung.

Entscheidung:

Nach Ansicht des Landgerichts zu Recht!

Das Gericht sah in der Ausstellung einer Rechnung - und keines Kostenvoranschlags - mit der Bestätigung, dass die Arbeiten abgeschlossen waren, obwohl dies zum Zeitpunkt der Ausstellung nicht den Tatsachen entsprach, eine arglistige Täuschung der Beklagten. Denn durch die frühzeitige Einreichung der Rechnung sollte die Regulierung der Beklagte beschleunigt werden.

Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er einen Anspruch auf Vorfinanzierung gehabt habe, weil er nicht diesen Weg der Regulierung gewählt hat.

Anmerkung:

Die Entscheidung ist in juristischer Hinsicht vertretbar, jedoch nicht verallgemeinerungsfähig.

Richtig ist, dass das bewusste Einwirken auf die Entscheidung des Versicherers durch unrichtige oder unvollständige Angaben im Rahmen der Regulierung in der Absicht, die Regulierung des berechtigten Anspruchs zu beschleunigen, nach der Rechtsprechung eine arglistige Täuschung darstellt, die zur vollständigen Leistungsfreiheit des Versicherers führt. Eine Absicht, sich unrechtmäßig zu bereichern, weil der Versicherungsanspruch etwa nicht besteht, ist nicht erforderlich. Sogar bei unstreitig bestehendem Anspruch führt die Arglist zur Leistungsfreiheit des Versicherers. Es bedarf hierfür auch keiner gesonderten Belehrung im Rahmen der Regulierung.

Letztendlich betrifft die Entscheidung jedoch einen Sonderfall, da der Kläger die zu regulierende Rechnung selbst mit Beginn der Arbeiten erstellt hat, die Bestätigung des Abschlusses der Arbeiten also von ihm stammt. Hätte der Versicherungsnehmer einen Dritten beauftragt und dieser Dritter die Rechnung z. B. am Tag vor dem Abschluss der Arbeiten erstellt, um diese bei der Abnahme zu übergeben - auch dann wäre die Bestätigung bei Ausstellung der Rechnung falsch gewesen - müsste - wenn man allein auf das Rechnungsdatum abstellt - der Versicherungsnehmer die Rechnung zurückweisen und dürfte diese nicht bei seinem Versicherer einreichen, unabhängig davon, ob die Rechnung erst nach Abschluss übergeben und eingereicht wird. Dass dies im Ergebnis nicht richtig sein kann, weil der Versicherungsnehmer auf das Datum der Rechnungserstellung keinen Einfluss hat und dies auch oft nicht als rechtserheblich aufnehmen wird, liegt auf der Hand.

Berücksichtigt man dies, wäre es wohl eher darauf angekommen, ob die Rechnung vor Abschluss der Arbeiten beim Versicherer auch eingereicht wird. Auch dies war hier gegeben, weshalb die Entscheidung im Ergebnis trägt. Denn der Kläger hatte die Rechnung bereits am 14.04.2011 „auf den Weg gebracht" und seiner Darstellung nach die Sparkasse beauftragt, die Rechnung so abzuschicken, dass sie mit Fertigstellung der Arbeiten beim Versicherer eingeht. In dieser Konstellation kommt es dann nicht mehr darauf an, ob die Sparkasse die Rechnung absprachewidrig einen Tag zu früh versandt hat. Denn richtigerweise hätte sie erst nach Bestätigung des Abschlusses der Arbeiten versandt werden dürfen.

Fazit:

Der Versicherungsnehmer sollte davon Abstand nehmen, im Rahmen der Schadenregulierung unrichtige und unvollständige Angaben zu machen, um damit auf die Regulierung Einfluss zu nehmen. Sollte ein Versicherer sich auf die arglistige Täuschung berufen, sollte auf jeden Fall ein in dem Bereich erfahrener Rechtsanwalt hinzugezogen werden, da die von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen, auch an die Beweislast, höher liegen, als die vorstehende Entscheidung Glauben macht.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht



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