Asylstatus Syrer: VGH Hessen zur Flüchtlingsanerkennung wehrdienstpflichtiger Syrer

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Nach mehreren und nach meiner Rechtsauffassung auch zutreffenden Urteilen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes (Az.: 3 A 3040/16.A; 3 A 255/17.A und 3 A 747/17.A), droht syrischen Flüchtlingen nach aktuellen Auskünften u. a. des Auswärtigen Amtes, des UNHCR und der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zur Lage in der Arabischen Republik Syrien wegen ihrer Herkunft aus den von Rebellen beherrschten bzw. ehemals beherrschten Gebieten des Landes sowie in Anknüpfung an ihre von den syrischen Behörden wegen ihres Wehrdienstentzuges vermuteten oppositionellen Gesinnung bei einer Rückkehr über den Flughafen von Damaskus oder bei einer anderen offiziellen Einreise in ihr Heimatland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Inhaftierung und Folter und damit eine politische Verfolgung (Vgl.: Pressemitteilung des VGH Kassel Nr. 8/2017 v. 06.06.2017).

Dies hat das oberste Verwaltungsgericht in Hessen nochmals bestätigt (Vlg.: Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 26.07.2018, Az.: 3 A 809/18.A). Der Leitsatz der Entscheidung lautet, wie folgt:  

"Einem nach Syrien zurückkehrenden Wehrpflichtigen, der sich dem Wehrdienst entzogen hat, desertiert ist oder den Wehrdienst nicht angetreten hat, droht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (real risk) Verfolgung im Sinne des Flüchtlingsrechts wegen ihm unterstellter oppositioneller Gesinnung. "

Damit stellt sich das oberste hessische Verwaltungsgericht erneut gegen die Rechtsprechung zum Beispiel des Verwaltungsgerichts Wiesbaden, das in solchen Konstellationen die Flüchtlingseigenschaft unter anderem mit der Begründung ablehnte, dass kein Interesse des Baath-Regimes erkennbar sei, junge, wehrfähige Männer durch Folter und lange Inhaftierung unter unwürdigen Bedingungen ihre Wehrtauglichkeit zu nehmen und die Schlagkraft der Armee weiter zu schwächen (Vgl.: Urteil des VG Wiesbaden vom 07.03.2017 – 6 K 1426/16.WI.A). 

Wenn Ihre Klage auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Aufenthaltserlaubnis für 3 Jahre nach §§ 25, 26 AufenthG) mit einer solchen Argumentation  von dem Verwaltungsgericht abgwiesen wurde , sollten Sie nach meiner Auffassung dagegen mit anwaltlicher Hilfe vorgehen und einen Antrag auf Zulassung der Berufung vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof stellen.

Mit ähnlicher Argumentation lehnte auch das VG Gießen in solchen Fällen die Flüchtlingseigenschaft ab (Vgl.: Urteil des VG Gießen, 23.11.2016 – 2 K 969/16.GI.A).

Nach meiner Auffassung ist diese Einschätzung einiger erstinstanzlicher Verwaltungsgerichte in Hessen, so auch des VG Wiesbaden (zuständig u. a. für den Landkreis Limburg-Weilburg), bereits wegen der Unberechenbarkeit dieses diktatorischen und menschenverachtenden sowie rücksichtslos ausschließlich auf den eigenen Machterhalt ausgerichteten Regimes nicht nachvollziehbar.

Dieser Sichtweise hat das höchste hessische Verwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtshof in Kassel) mittlerweile folgerichtig eine klare Absage erteilt. 

Im Zusammenhang mit der Behandlung wehrfähiger syrischer Rückkehrer durch das Assad-Regime ist nach meiner Einschätzung vielmehr davon auszugehen, dass ein derart autokratisches Regime in Anbracht eines Krieges mit oppositionellen Kräften ein verstärktes Interesse daran haben dürfte, diese Oppositionellen unschädlich zu machen, um auf lange Sicht sein Überleben zu sichern.

Sofern in solchen Fällen lediglich subsidiärer Schutzstatus (Aufenthaltserlaubnis für 1 Jahr) zuerkannt und die Flüchtlingseigenschaft abgelehnt wurde, kann das Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aus meiner Sicht in Hessen mit anwaltlicher Hilfe mit guten Erfolgschancen (abhängig vom jeweiligen Einzelfall) auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Aufenthaltserlaubnis für 3 Jahre nach §§ 25, 26 AufenthG) vor dem zuständigen Verwaltungsgericht verklagt werden.


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